Ein Screenshot der schematischen Darstellung: Auf einer weit zoombaren Karte wurden aktuelle Infektionsfälle dargestellt. Die Grafik erweckte den Eindruck, dass tatsächlich aktuelle Infektionsdaten mit realen Adressen verknüpft wurden. Die Daten im Hintergrund seien aber statistisch randomisiert gewesen. Ein Rückschluss sei nie möglich gewesen, betonen die Tobit.Labs.

© Martin Klose

Infizierte identifiziert? Grafik zu Corona-Infektionen sorgt für Aufregung

rnCorona-Grafiken

Die Tobit.Labs haben Corona-Fälle auf einer Landkarte dargestellt. Es schien, als würden Infizierte identifiziert. Die Karte ist inzwischen wieder offline.

Ahaus

, 17.01.2022, 17:30 Uhr / Lesedauer: 2 min

Eine Grafik, die die Tobit.Labs in den vergangenen Tagen rund um die Corona-Infektionsfälle auf der Seite corona.chayns.de veröffentlicht hat, sorgte für einigen Wirbel.

Auf einer Straßenkarte waren mit roten Punkten einzelne Infektionsfälle eingezeichnet. Nutzer konnten dabei so weit in die Karte hineinzoomen, dass die Punkte einzelnen Häusern zugeordnet werden konnten. Der Zusammenhang zwischen Adresse und Coronainfektion schien hergestellt.

Jetzt lesen

Einen Hinweis am unteren Rand der Karte hatten viele offenbar übersehen: Dort wies das Unternehmen darauf hin, dass es sich bei den Daten nicht um die tatsächlichen Wohnorte von Infizierten handele: „Die Punkte zeigen nicht die genauen Positionen“, hieß es dort.

Mit der Grafik sollte die Ausbreitung der Pandemie veranschaulicht werden. Über einen Regler sollte auch die Zeitschiene sichtbar werden: Im Zeitraum zwischen 48 Stunden und 14 Tagen konnten Nutzer die Ausbreitung der Pandemie verfolgen.

Markierungen machten keine Identifizierung möglich

Auf Nachfrage hatte Tobit.Labs-Gründer und CEO Tobias Groten erklärt, dass einzelne Fälle in einem Umkreis von etwa 500 Metern rund um die tatsächliche Adresse dargestellt würden.

Damit sei jede Identifizierung unmöglich. Mehr noch: Die Daten seien statistisch randomisiert. Heißt: Wurde die Karte neu geladen, wurden gleichzeitig auch die Punkte neu verteilt. Deckungen zwischen tatsächlichen Infektionen und den Angaben in der Karte seien also reiner Zufall.

Jetzt lesen

Dabei verglich er die Karte mit der Darstellung des Kreises Borken: Auch der liefere Infektionsdaten auf einzelne Kommunen heruntergerechnet und vergleiche sie so miteinander.

Der Kreis Borken stellt die Daten allerdings lediglich mit einer Übersichtskarte des gesamten Kreises und der einzelnen Kommunen dar. Für Tobias Groten ist das Prinzip jedoch das Gleiche: Es sei ja eine Frage, wie weit aufgelöst man diese Daten veröffentliche.

Karte ist wieder offline

Dennoch ist die Karte am Montag wieder offline. Tobias Groten betont auch da noch einmal, dass es sich um unkonkrete, randomisierte Daten gehandelt habe. „Man musste die Karte über einen bestimmten Zeitraum nur oft genug laden, um irgendwann auch mal einen roten Punkt in seiner Einfahrt zu sehen“, erklärt er.

Stefan Amshoff aus Heek.

Stefan Amshoff aus Heek. © Privat

Einer, der mit diesem Zufall schlecht leben konnte, war der Heeker Stefan Amshoff. Er, zurzeit selbst in Quarantäne, stieß auf die Grafik und fand den Punkt an seiner Adresse.

Da sei eine rote Linie überschritten, erklärte er im Gespräch mit unserer Redaktion. Trotz der Erklärungen der Tobit.Labs. Er machte seinem Ärger auf Facebook Luft. Das Posting löschte er allerdings, nachdem die Karte offline gestellt wurde. Er sieht sein Ziel erreicht.

Jetzt lesen

Ihm sei es darum gegangen, dass die Darstellung verschwinde. Das sei geschehen. Damit sei die Sache für ihn erledigt.

Darstellung führte in die Irre: „Das haben wir nicht gewollt“

Für die Tobit.Labs sei es dabei nicht um den Schutz persönlicher Daten – oder gar Datenschutz-Verletzungen gegangen. „Es war zu jeder Zeit unmöglich, Rückschlüsse ziehen zu können. Wir haben schlicht nicht bedacht, dass diese Darstellung Menschen in die Irre führen könnte. Und das haben wir natürlich auch nicht gewollt“, erklärt Tobias Groten.

Die Tobit.Labs wollen allerdings weiterhin die Daten mit Grafiken veranschaulichen. Dann allerdings als Heatmap: Also als Übersichtskarte, die beispielsweise mit unterschiedlichen Farben die Zahl der Infektionen darstellt.

Der Kreis Borken hält sich zu der ganzen Sache sehr bedeckt: „Wir befinden uns laufend mit den Tobit.Labs in Gesprächen“, erklärt Kreis-Pressesprecher Karlheinz Gördes auf Nachfrage lediglich. Und: Diese seien stets konstruktiv.