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Schaum, Meisen und Co.: So könnten die Eichenprozessionsspinner 2020 zurückgedrängt werden
Eichenprozessionsspinner
Wie stark der Eichenprozessionsspinner 2020 auftreten wird, dazu gibt es noch keine Prognose – dass er kommt, ist klar. Die Kommunen rüsten sich, zum Beispiel mit dem „EPS Killer“.
Die gute Nachricht vorweg: Die akute Gefahr durch Eichenprozessionsspinner (EPS) ist vorerst gebannt. Aus der gefährlichen Raupe ist ein Schmetterling geworden. Die schlechte Nachricht: 2020 könnte alles noch viel schlimmer kommen.
378 Sichtungen von Eichenprozessionsspinnern gingen in diesem Jahr bei der Stadtverwaltung Ahaus ein. „Darunter auch Mehrfachmeldungen befallener Bäume“, erklärt Erster Beigeordneter Hans-Georg Althoff auf Anfrage.
Teilweise seien der Verwaltung auch ganze Baumgruppen gemeldet worden. Gegenüber 2018 sei eine Steigerung klar zu erkennen, berichtet Althoff: im vergangenen Jahr gab es „nur“ 237 Meldungen.
Zur Bekämpfung der kleinen Plagegeister gab die Stadt in diesem Jahr bislang rund 60.000 Euro aus. „Davon sind insgesamt rund 24.000 Euro für die Prophylaxe angefallen“, sagt Hans-Georg Althoff, der auch Kämmerer der Stadt ist.
Die Wirksamkeit der vorbeugenden Maßnahmen lag 2018 geschätzt bei etwa 60 Prozent. Der Erste Beigeordnete erläutert den Prozentwert: „Ohne Prophylaxe gibt es einen Befall an zehn Bäumen, mit Prophylaxe an vier Bäumen.“
Gefährdung praktisch das ganze Jahr
Das Problem: die Gefährdung durch Eichenprozessionsspinner erstreckt sich praktisch über das ganze Jahr. Die giftigen Brennhaare der Raupen können bei Menschen unter anderem zu heftigem Juckreiz, Quaddeln und Eiterbläschen führen.
Alte Gespinstnester können auch nach Monaten noch ihre schädliche Wirkung über Luftverwehungen verbreiten.

So sieht meistens die Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners aus: im Schutzanzug mit Handschuhen und Industriesauger geht es per Hubbühne nah ans Nest. Doch es gibt auch andere Möglichkeiten. © Markus Gehring
Die einfachste Schutzmöglichkeit ist, die betroffenen Bereiche weiträumig abzusperren. Das verhindert allerdings nicht, dass sich die Brennhaare anhäufen und zu einer Gefahr werden. Effektiver ist es, die Nester zu entfernen.
Die Stadt Ahaus setzt im Kampf gegen den Eichenprozessionsspinner auf die zweigeteilte Lösung. Erstens: die Prophylaxe an Bäumen, die mehrfach gemeldet wurden. Zweitens: die Bekämpfung der dennoch geschlüpften Eichenprozessionsspinner.
Die herkömmliche Bekämpfung sieht dann so aus: Mitarbeiter mit Schutzanzügen, Handschuhen, Atemschutz und Industriesaugern fahren per Hebebühne ganz nah an das Nest im Baum und saugen es ab.
Doch ist dieses Vorgehen nicht überall das Mittel der Wahl. Es gibt die unterschiedlichsten Ansätze zur Bekämpfung, über die sich auch die Stadt Ahaus schon informiert hat.
Eine neue Methode ist der „EPS Killer“ der Firma Hensing aus Emsdetten. Dabei wird 97 Grad heißes Wasser über eine Lanze zusammen mit einem organischen Schaum auf die Nester der Raupen gespritzt.
Intensive Hitze
Der Schaum verlangsamt das Abkühlen, die Hitze wirkt länger und intensiver und zerstört die Eiweißstrukturen der Raupen. Die abgekochten Brennhaare verlieren ihr Gefahrenpotenzial und sind für Mensch und Tier nicht mehr gesundheitsschädlich.
Die besprühten Nester werden mit Druck vom Baum gespült und können von den Bekämpfern in die Hand genommen werden.
Hans-Georg Althoff berichtet zudem über den Einsatz des Mittels „Xentari“ mit dem Wirkstoff Bacillus thuringiensis. Das ist ein natürlich vorkommendes Bakterium, welches Insekten befällt und diese abtötet. Dieses Mittel sei in verschiedenen Kommunen des Kreises Borken zum Einsatz gekommen, berichtet Hans-Georg Althoff.
Für das kommende Jahr befinde sich auch eine Prophylaxe mit Nematoden in der Erprobung, „das heißt, mit lebenden Organismen, die die ungeschlüpften Eichenprozessionsspinner befallen und abtöten.“
Eine Bekämpfung der Eichenprozessionsspinner aus der Luft gab es in diesem Jahr in Bocholt. Dabei wurden per Hubschraubereinsatz biologische Mittel auf Eichenbestände versprüht. Das Mittel hemmt die Entwicklung der Raupen, sodass sich keine Nesselhärchen mehr ausbilden können.
„Die Überfliegung wird aber wegen der Kosten und überschaubaren Wirksamkeit nicht mehr angewendet“, berichtet Hans-Georg Althoff über die Bocholter Erfahrungen.
Nistkästen für Meisen
Aus den Niederlanden stammt eine kostengünstige und umweltfreundliche Idee, die Eichenprozessionsspinner zu bekämpfen: die Zahl der natürlichen Fressfeinde wird vergrößert. Das geschieht durch das Aufhängen von Nistkästen für Meisen, damit die Vögel die Raupen fressen.
Der Kampf gegen den Eichenprozessionsspinner beschäftigt die Kommunen deutschlandweit. Hans-Georg Althoff: „Der Punkt steht auch auf der Tagesordnung der nächsten gemeinsamen Besprechung der Leiter der Ordnungsbehörden im Kreis Borken am 14. November.“ Am Mittwoch war der Eichenprozessionsspinner schon Thema beim Treffen der Bürgermeister und Beigeordneten im Kreis Borken.
Milder oder strenger Winter
Entwarnung für das kommende Jahr gibt die Stadtverwaltung nicht. Beim Stand der sich derzeit bietenden Bekämpfungsmöglichkeiten werde es eine 100-prozentige Lösung des Problems nicht geben, blickt Hans-Georg Althoff auf 2020.
Zwei mögliche Szenarien: „Einen sehr milden Winter unterstellt, wird die Wahrscheinlichkeit, dass es im kommenden Jahr erneut einen starken Befall geben wird, hoch sein. Ein strenger Winter mit wochenlangem Frost, der bis in die Baumwipfel reicht, würde die Wahrscheinlichkeit der Ausbreitung deutlich reduzieren.“
Christian Bödding, Jahrgang 1966, ist bekennender Westfale, aber kein Sturkopf. Er schreibt gerne tiefgründig und am liebsten über lokale Themen, über die sich andere nach der Lektüre seiner Texte aufregen.
