Augenarzt schlägt Alarm: „Eichenprozessionsspinner-Widerhaken bohren sich in das Auge“

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Augenarzt schlägt Alarm: „Eichenprozessionsspinner-Widerhaken bohren sich in das Auge“

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Die Haare des Eichenprozessionsspinners sorgen nicht nur für juckende Haut, sondern können auch das menschliche Auge angreifen. Für Augenärzte ist das neue Phänomen eine Herausforderung.

Ahaus

, 05.07.2019, 12:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Dr. Olaf Cartsburg weiß es selbst: „Wir können eigentlich alle das Wort Eichenprozessionsspinner nicht mehr hören.“ Nach dem vergangenen Wochenende hat sich der Geschäftsführer des Augen-Zentrum-Nordwest dennoch dazu entschlossen, an die Öffentlichkeit zu treten. Denn die Lage spitzt sich zu.

„Es ist fast schon dramatisch. Wir hatten allein an diesem Wochenende zehn Patienten, die mit vergleichbaren Symptomen zu uns in die Notaufnahme gekommen sind. Ihre Augen waren massiv gerötet und sie klagten über starkes Brennen.“

Das Uniklinikum Münster (UKM) berichtet von ähnlichen Fällen. Nach dem Blick durch das Mikroskop sind die Fremdkörper im Auge identifiziert: Brennhaare des Eichenprozessionsspinners. Nicht nur die Bindehaut ist betroffen, sondern häufig auch die Hornhaut.

Härchen der Eichenprozessionsspinner setzen sich fest

„Die Haare setzen sich mit ihren Widerhaken an den Schleimhäuten fest und sorgen dort für eine toxische Reaktion. Sie sind glasartig und deshalb sehr schwer zu erkennen. Die Symptome am Auge sind deutlich stärker und schmerzhafter als auf der Haut“, erklärt Olaf Cartsburg.

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Eine giftige Eiweißverbindung in den Brennhaaren sorgt für starkes Jucken, weshalb sich Betroffene häufig die Augen reiben – mit fatalen Folgen. „Wenn man reibt, bohren sich die Haare noch tiefer hinein“, sagt Cartsburg. Ein Arztbesuch sei so oder so unausweichlich: „Es geht nicht einfach weg, auch nicht nach ein paar Wochen.“

Die Haare des Eichenprozessionsspinners stellen selbst erfahrene Augenärzte vor Probleme. Fachliteratur zu dem Thema fehlt (noch) gänzlich, da das „Phänomen“ erst in diesem Jahr in dieser Form aufgetreten ist. Eine Standardtherapie gibt es bisher nicht.

Dr. Olaf Cartsburg hatte am Wochenende gleich zehn Patienten, die betroffen waren.

Dr. Olaf Cartsburg hatte am Wochenende gleich zehn Patienten, die betroffen waren. © Augen-Zentrum-Nordwest

„Es macht uns große Schwierigkeiten. Wenn die Härchen die Hornhaut durchbohren, wird es sehr gefährlich. Man bekommt sie sehr schlecht weg, denn sie brechen schnell ab und bleiben dann dort stecken“, sagt Olaf Cartsburg. Mit sehr feinen Pinzetten und ruhiger Hand müssen die Härchen entfernt werden.

Oberste Schicht der Hornhaut wird abgeschabt

In Extremfällen – vier hat es am Augenzentrum bisher gegeben – muss auch die oberste Schicht der Hornhaut abgeschabt werden, da sie durch das Gift angegriffen wird und sich ablöst. Für die Patienten ist der Eingriff bei Tropfbetäubung fast schmerzlos. Doch danach liegen die Nervenfasern frei und es kann sehr weh tun.

Einen Ahauser hat er in der vergangenen Woche besonders hart getroffen. Ihm fiel ein komplettes Raupennest auf das Gesicht, weshalb ein operativer Eingriff unumgänglich war. Mittlerweile kann Olaf Cartsburg leichte Entwarnung geben: „Es geht ihm mittlerweile wieder ganz gut, wenn man die Umstände betrachtet.“

Um die Schmerzen zu lindern, kann in solchen Fällen nach operativer Entfernung der Härchen eine sogenannte Verbandskontaktlinse eingesetzt werden . Das sind Spezialkontaktlinsen, die zum Beispiel zur Schmerzprophylaxe eingesetzt werden können. Auch nach dem Eingriff ist eine strenge ärztliche Kontrolle nötig.

Es gibt wenige Möglichkeiten, sich zu schützen

Und was rät der Experte, um sich zu schützen? „Eine Sonnenbrille hilft überhaupt nicht. Man sollte die Gegenden meiden, in denen es vermehrt Nester gibt und dort auf keinen Fall Sport betreiben“, so Cartsburg. Auf schwitziger Haut kleben die Haare besonders gut und auch die Bronchien werden angegriffen, wenn die Haare eingeatmet werden.

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Die Prognose des Augenarztes klingt düster: „Es wird zwar weniger werden, wenn die Raupen zum Nachtfalter werden, allerdings halten sich die Haare noch monatelang. Wenn es weiterhin so trocken bleibt wie in diesem Jahr, wird es nächstes Jahr eher noch mehr.“ Doch für seine Patienten gibt es wenigstens eine gute Nachricht: „Folgeschäden sind nicht zu erwarten.“