
© Anne Schiebener
Einzelhandelsbeschränkungen gelten wieder – jetzt auch in Buchhandlung
Einzelhandel
Das Oberverwaltungsgericht hatte am Vormittag die Beschränkungen für den Einzelhandel in NRW aufgehoben. Die Skepsis bei den von der Redaktion befragten Einzelhändlern war begründet: Das Land reagierte schnell.
Im gesamten Einzelhandel in NRW galt ab Montagvormittag, 22. März, kurzzeitig keine Kundenbegrenzung pro Quadratmeter mehr, auch das Erfordernis einer Terminbuchung war nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster nicht mehr bindend. Denn: Weil bestimmte Geschäfte wie Gartenmärkte oder Buchhandlungen ohne Einhaltung dieser Regeln öffnen dürfen, verstießen die Regelungen gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung.
Das zuständige NRW-Ministerium reagierte aber schnell: Am frühen Nachmittag kündigte es den sofortigen Erlass einer neuen Verordnung an, die ab Dienstag gelten soll. Nach der schnell überarbeiteten Corona-Verordnung bedeutet diese nun auch für Schreibwarengeschäfte, Buchhandlungen und Gartenmärkte die schärferen Auflagen, was die Anzahl der Kunden pro Quadratmeter, Termin-Vereinbarung und Kontaktverfolgung angeht. Das teilte das NRW-Gesundheitsministerium um kurz nach 14 Uhr am Montag mit.
Terminpflicht und Kontaktverfolgung kein Schock für Buchhandlung
In der Buchhandlung „Lesezeit“ in der Ahauser Innenstadt hat Mitarbeiterin Iris Looks von der Reaktion des Landes auf das OVG-Urteil am Montagnachmittag noch nichts mitbekommen. „Aber wir sind vorbereitet“, sagt sie und hält einen Zettel mit einem QR-Code hoch. Der Code führt zur Luca-App. Damit können die Kontaktdaten der Kunden nachverfolgt werden. Bereits in der vergangenen Woche hat der Buchladen den Zugang zur App eingerichtet, denn: „Wir haben uns schon gedacht, dass es sinnvoll ist, die Kontaktdaten der Kunden zu erfassen.“
Deswegen ist auch die Verschärfung der Einzelhandelsbestimmungen, die ab 0 Uhr am Dienstag gelten sollen, kein Schock für die Lesezeit-Mitarbeiterin. „Dann machen wir die Kontaktverfolgung ab morgen verpflichtend und vergeben telefonisch Termine“, sagt Iris Looks. „Hauptsache, wir dürfen weiter öffnen. Das ist gerade jetzt im Ostergeschäft wichtig.“
Stimmung von Einzelhändlern nach dem Urteil des OVG
Wenige Stunden früher, am Montagvormittag, sah die Nachrichtenlage noch anders aus. Das Oberverwaltungsgericht in Münster hat die Terminpflicht und Kundenbeschränkung für alle Einzelhandelsläden aufgehoben. Bis Mitternacht gilt dieses Urteil, dann greift die Verschärfung der NRW-Landesregierung, die eine Beschränkung für alle Einzelhandelsläden vorsieht.
„Ja, besser geht‘s ja nicht“, sagt Matthias Plewa, als er noch am Vormittag im Telefonat mit der Redaktion von dem Urteil erfährt. Von der Entscheidung hatte er vorher noch nicht gehört, nicht einmal das laufende Verfahren war ihm bekannt. Trotzdem hat der Vredener schnell reagiert und am Montag ohne Terminpflicht für alle geöffnet.

Christoph Hollad vom gleichnamigen Modehaus in Südlohn will nach dem OVG-Urteil nicht mehr Leute ins Geschäft lassen als bisher. Er wartet die Entscheidungen der Bund-Länder-Runde am Abend ab und will nicht vorher durch neue Öffnungsmodalitäten für noch mehr Durcheinander sorgen. © (A) Markus Gehring
Christoph Hollad vom gleichnamigen Modehaus in Südlohn hatte am Vormittag schon vom Urteil gehört – will aber alles so belassen, wie es gerade ist. Der Südlohner geht sogar nicht einmal so weit wie es geht: 20 Kunden kommen rein, jeder hat rechnerisch 75 Quadratmeter zur Verfügung statt der erlaubten 40. Christoph Hollad will weiter vorsichtig und vernünftig bleiben.
„Wer weiß denn, was heute Abend entschieden wird. Da blickt doch allmählich kein Mensch mehr durch“, sagt der Südlohner verärgert. Eine hat eine vernünftige Entscheidung getroffen, wie sich wenige Stunden nach dem OVG-Urteil zeigt. Keine 24 Stunden sind die Einzelhandelsläden von den Beschränkungen befreit, bevor die neue Corona-Verordnung greift.
Gemischte Gefühle bei Euronics Dieker
Thomas Dieker, Geschäftsführer von „Euronics XXL Dieker“, weiß am Montagmittag auch noch nicht so recht, was er mit dem OVG-Urteil anfangen soll. „Erst einmal ist es ja eine gute Nachricht für den Einzelhandel. Beim Click & Meet war der bürokratische und administrative Aufwand ziemlich hoch“, sagt er. Doch wie sein Unternehmen nun konkret damit umgeht, da gibt es noch kleine Fragezeichen.

Thomas Dieker freut sich über das Urteil des OVG Münster. Dennoch wird es bei ihm auch weiterhin klare Regeln zur Eindämmung der Pandemie geben. © Privat
„Theoretisch dürften wir jetzt öffnen, so als gäbe es keine Pandemie mehr. Aber damit würden wir weder den Mitarbeitern noch den Kunden einen Gefallen tun“, so Dieker. Daher wird Euronics auch in Zukunft regulieren, wie viele Kunden auf einmal den Laden betreten dürfen. „Außerdem wollen wir auch weiterhin auf digitale Kontaktverfolgung – zum Beispiel durch die Luca-App – setzen.“
Am Montag geht der Blick nach Berlin
Der Geschäftsführer des SMS-Stadtmarketings Stadtlohn, Martin Auras, ist sich noch nicht schlüssig, welche praktische Bedeutung die OVG-Entscheidung haben wird. „Wir müssen wohl erstmal den Tag heute abwarten und schauen, was die Politikerinnen und Politiker heute in Berlin entscheiden.“

SMS-Geschäftsführer Martin Auras zeigt den Stadlohner Sonder-Gutschein, mit dem die Stadt im vergangenen Jahr die Einzelhändler in der Stadt unterstützte. Was die OVG-Entscheidung vom 22. März für den Stadtlohner Einzelhandel bedeutet, bleibe abzuwarten, so Auras. © Stefan Grothues
Das Urteil der Oberverwaltungsrichter zeige aber, dass nicht immer alle Politikentscheidungen so gefasst sind, dass sie dem Gericht standhalten. Martin Auras: „Es ist ja zum Beispiel für den einzelnen Verbraucher in Stadtlohn schwer nachzuvollziehen, dass eine Buchhandlung ohne Terminvergabe öffnen darf, ein Textilgeschäft aber nicht. Das ist etwas unglücklich.“ Martin Auras sagt aber auch: „Ich selbst will mir aber kein Urteil erlauben. Die Politiker stehen vor sehr schwierigen Entscheidungen angesichts der steigenden Infektionszahlen.“
Als gebürtige Vredenerin habe ich mich aus Liebe zur Region ganz bewusst für den Job als Lokaljournalistin in meiner Heimat entschieden. Mein Herz schlägt für die Geschichten der Menschen vor Ort. Ich möchte informieren, unterhalten und überraschen.

Seit klein auf gerne geschrieben. Ob Tagebuch oder Postkarte. Deswegen war auch der Traumberuf in der Grundschule: Im Winter Bücher schreiben und im Sommer Eis im Eiswagen verkaufen.
