
Bernd Bredeck und seine Lebensgefährtin Sylvia Biedermann führen aktuell den Gasthof Bredeck-Bakker – im 200. Jahr des Bestehens und in der sechsten Generation. Sie wollen die traditionellen Wurzeln des Hauses erhalten, sehen aber auch einige aktuelle Herausforderungen. Auch in der direkten Nachbarschaft. © Stephan Rape
Bredeck-Bakker feiert 200. Geburtstag und blickt mit Sorge auf den Dorfplatz
Firmenjubiläum
Seit 1822 führt Familie Bredeck ihren Gasthof mitten in Alstätte. Heute in sechster Generation. Die Siebte wächst gerade in den Betrieb hinein. Doch die Zukunft des Traditionshauses scheint ungewiss.
Die Reichsgründung, die Weltwirtschaftskrise, zwei Weltkriege, Wiederaufbau, Wirtschaftswunder, Ölkrise und Mauerfall und schließlich zwei Jahre Corona-Krise und der Ukrainekrieg – könnten die Wände des Gasthofs Bredeck-Bakker sprechen, sie hätten viel zu erzählen. Schließlich betreibt die Familie Bredeck das Traditionshaus schon seit 200 Jahren. An genau derselben Stelle, mitten in Alstätte.

Eine der ersten Fotografien des Kolonialwarenhandels und Schankwirtschaft Bredeck-Bakker – allerdings schon aus dem Jahr 1912, als der Betrieb bereits 90 Jahre alt war. © Archiv Bredeck-Bakker
Mit Bernd Bredeck (47) steht aktuell die sechste Generation hinter dem Tresen, an den Kochtöpfen und an der Rezeption. „Wir sind 200 Jahre durchgekommen“, sagt er. Da konnten ihn auch die Schwierigkeiten in der Pandemie nicht umwerfen. Sein riesiger Vorteil: „Wir konnten unser komplettes Personal halten. Das ist jetzt unser Kapital“, sagt er.
Denn wo andere Restaurants oder Hotels zusätzliche Ruhetage einführen müssen, weil das Personal abgewandert ist, kann Bernd Bredeck fest auf seine gut 40 Angestellten bauen.
Der Betrieb läuft dabei auf einem schmalen Grat zwischen Modernisierung und dem Erhalt der Tradition. Die Gäste-, Hotel- und Konferenzzimmer beispielsweise sind auf dem neusten Stand: egal ob für Fahrradtouristen oder Geschäftsreisende. Dazu Konferenzen, der Saalbetrieb für Feste und Vereine, die Stammgäste.
Das Unternehmen ist breit aufgestellt. Auch die Haustechnik hinter der Fassade ist modern und ökologisch: Seit Jahren läuft in dem Betrieb schon ein Blockheizkraftwerk. Photovoltaikanlagen auf den Dächern sind selbstverständlich. Für die Toilettenspülungen setzt Bernd Bredeck auf Grauwasser: Er sammelt Regenwasser, um die Spülkästen zu füllen.
Auch nach 200 Jahren: Landwirtschaft und Eintopfsamstag
Gegenüber dem Gast gibt es allerdings keine Experimente: „Unsere Gäste wollen bodenständig westfälisch genießen“, sagt Bernd Bredeck. Er setzt dafür auf regionale und lokale Anbieter, kurze Wege und den genauen Überblick: „Ich weiß, was bei uns in den Topf kommt“, macht er deutlich. Um Convenience – also vorgefertigte Lebensmittel – macht er einen großen Bogen.
Stattdessen gibt es – wie seit 200 Jahren – samstags selbst gekochten Eintopf: „Beispielsweise Wirsing mit geschmorter Rippe und Bratwurst“, sagt der gelernte Koch, der das Unternehmen seit fast 25 Jahren führt. Auch die Tagesgerichte für Geschäftsreisende oder Monteure, die gern bei Bredeck-Bakker einkehren, sind von der Karte nicht wegzudenken.

Gemeinsames Mittagessen zwischen der Arbeit im Familienbetrieb: "Das sind wir. Das gehört dazu, egal wie stressig es ist", sagt Bernd Bredeck. © Stephan Rape
Und wie in den vergangenen 200 Jahren führt die Familie auch immer noch Landwirtschaft nebenher. „Veredelung über den Trog“, nennt es Bernd Bredeck. Abfälle aus der Küche beispielsweise werden wie eh und je an die Schweine verfüttert.
Und auch die Pferde für die Kutschfahrten brauchen schließlich ein passendes Dach über dem Kopf. Demnächst sollen auch noch eigene Rinder dazukommen.
Online-Bewertungen machen ihm Sorgen
Was ihm allerdings Sorgen bereitet: ein Teil der Gäste. „Sie haben sich verändert“, sagt er. Beispielsweise seien viele Gäste ungeduldig geworden. „Die Arbeit am Gast wird anstrengender“, sagt Bernd Bredeck.
Schlimmer noch: Bewertungen im Internet. „Statt direkt mit uns zu sprechen, sagen die Gäste gar nichts, sondern schreiben online einen Text. Ob der dann stimmt oder nicht, ist eine ganz andere Frage“, fügt er hinzu.

Sylvia, Leni-Marie, Veronika auf Franz, Bernd, Heinrich und Katharina: Der Gasthof Bredeck-Bakker liegt aktuell in den Händen der sechsten Generation. Ob Generation Sieben einmal übernimmt, steht noch nicht fest. © privat
Die siebte Generation der Familie steht schon in den Startlöchern. Leni (17), Heinrich (11), Veronika (9) und Katharina (4) könnten die Familiengeschichte einmal fortführen. Heinrich habe wohl erstes Interesse an der Küche. Ob Bernd Bredeck ihm oder seinen Geschwistern mal empfiehlt, das Haus zu übernehmen? „Ich würde es mir wünschen“, sagt er – und schiebt schnell hinterher: „Wenn die Rahmenbedingungen stimmen.“
Wird der Dorfplatz bebaut, will er den Gasthof schließen
Ganz oben auf der Liste dieser Bedingungen steht – in direkter Nachbarschaft zum Betrieb – der Dorfplatz von Alstätte. Wie berichtet, gibt es nach einem Architektenwettbewerb einen Siegerentwurf: Zwei neue größere Lebensmittelmärkte und neue Wohnungen sollen dort entstehen.
„Wenn das kommt, was da geplant ist, mache ich Wohnungen aus dem Betrieb und mir ein schönes Leben“, sagt Bernd Bredeck und haut mit der Faust auf den Tisch.
Die Pläne für eine Bebauung des Dorfplatzes sieht er extrem kritisch: wegen des Verkehrs, wegen des Lärms durch Klimaanlagen, wegen des Verlustes der Flächen. Und damit sei er nicht allein. Viele Alstätter seien seiner Meinung. „Wir fürchten, dass Alstätte seinen dörflichen Charakter verliert“, macht er deutlich.
Und der Betrieb lebe eben von, mit und mitten im Ort. „Auch vom Miteinander“, sagt er. Das möge zwar wie ein alter Hut klingen, sei mitten in Alstätte aber noch Realität.
Viele Anekdoten in Jubiläumszeitung zusammengefasst
Einen sehr unterhaltsamen Rückblick auf 200 Jahre Gasthof-Geschichte hat die Familie in einer Jubiläumszeitung zusammengestellt: Von der Gründung, über den Onkel, der schwarz Schnaps brannte und schmuggelte, die Tanzabende in den 1960er- bis 1980er-Jahren, den hünenhaften Bernhardiner Roland, gestohlene Pferde, verschwundene Mäntel, den ersten Telefonanschluss im Dorf, Wiederaufbau, Brände und Sanierung bis hin zu den vielen Konstanten in der Geschichte des Unternehmens.
Dazu viele alte Bilder und Erinnerungen an Gasthof- und Dorfgeschichte sind darin zusammengefasst. Exemplare gibt es gedruckt vor Ort oder auch online zum Download auf https://www.bredeck-bakker.de/neues-aus-alstaette/
Bredeck-Bakker feiert den 200. Geburtstag
- Zur großen Jubiläumsfeier ist am 24. Juli das ganze Dorf eingeladen, heißt es in einer Ankündigung des Unternehmens. Ein Frühschoppenkonzert mit den Jagdhornbläsern des Hegerings, dem Männergesangverein Alstätte und der Nico Mey Big Band „Next Generation“ soll dann für Musik rund um das Gasthaus sorgen.
- Für Fahrten durch den Ort stehen eine historische Landauer-Kutsche und ein Leiterwagen aus der Vorkriegszeit bereit.
- Für die Bewirtung hat Familie Bredeck natürlich auch gesorgt: Bier, Wein und Hochprozentiges, Kaffee und Kuchen, ein Imbiss, Popcorn, Eis und Zuckerwatte warten auf die Besucher. www.bredeck-bakker.de
Ursprünglich Münsteraner aber seit 2014 Wahl-Ahauser und hier zuhause. Ist gerne auch mal ungewöhnlich unterwegs und liebt den Blick hinter Kulissen oder normalerweise verschlossene Türen. Scheut keinen Konflikt, lässt sich aber mit guten Argumenten auch von einer anderen Meinung überzeugen.
