
© Kevin Michaelies
Bauen und Wohnen: Was sind die Gründe für die Preisanstiege in Ahaus?
Wohnen
Der Trend ist eindeutig: Bauen und Wohnen wird immer teurer, auch in Ahaus. Örtliche Branchen-Kenner haben mit der Redaktion über die Entwicklung auf dem Immobilienmarkt gesprochen.
Bauunternehmer, Planer und Immobilienmakler – die Redaktion hat sie um ihre Einschätzungen zur Lage auf dem Wohnungs- und Grundstücksmarkt gebeten. Jeder Einzelne bewertet die Entwicklung auf dem Immobilienmarkt ganz individuell – neue Ideen für die Zukunft inbegriffen.
Mit dem Grundstücksmarktbericht legt der Gutachterausschuss für Grundstückswerte im Kreis Borken wie in den vergangenen Jahren eine Übersicht über das Geschehen auf dem Immobilienmarkt vor.
Demnach lag zum Beispiel das Niveau des Bodenwerts für unbebaute Grundstücke in einer mittleren Wohnlage (Gebiete des inneren Stadtbereichs) im Jahr 2020 in Ahaus bei durchschnittlich 160 Euro je Quadratmeter. Gutachter bewerten dafür die Flächen in einzelnen Gebieten und legen den sogenannten Bodenrichtwert fest. Es handelt sich um erschließungsbeitragsfreie Werte.
Im Vergleich dazu die umliegenden Ortschaften im Westmünsterland: Stadtlohn (171 Euro/Quadratmeter), Heek (121 Euro), Südlohn (134 Euro), Vreden (144 Euro), Legden (106 Euro). Im Kreisgebiet ergab sich ein Preisanstieg im Durchschnitt von insgesamt fünf Prozent.
Bau- vs. Immobilienbranche
David Janning, Geschäftsführer bei Teambau – planen und bauen GmbH in Ahaus, sagt über die derzeitige Situation Folgendes: „Es ist schon wesentlich komplizierter geworden zu bauen. Denn die Lieferzeiten sind aktuell sehr ungenau. Wenn es sonst zwei bis vier Wochen gedauert hat, können es derzeit auch mal einige Monate Wartezeit auf bestimmte Rohstoffe werden.“
Dadurch würden sich wiederum auch die Bauzeiten verlängern und im Umkehrschluss steigen die Preise. „Die Nachfrage an sich ist da, wobei es aber auch mal schwankt. Vor allem für private Bauherren ist es eine schwierige Zeit, da muss jeder Einzelne die Notwendigkeit des Projekts abwägen.“
Die Notwendigkeit spielt auch für Stefan Haveresch – Geschäftsführer von Haveresch und Tieben Immobilien in Ahaus – eine wesentliche Rolle. Nach seiner Meinung schrecke die Höhe des Geldbetrages heutzutage nicht mehr so ab, wie es früher der Fall war. Jedoch vermute er sehr wohl, dass die Kaufpreise auch weiterhin steigen werden.
„Die Motivation, Eigentum zu bekommen und dadurch etwas für die Altersvorsorge zu tun, das ist eins der höchsten Güter hier in der Region. Da muss jeder selbst die Notwendigkeit abschätzen, ob man diese Preise investieren möchte“, sagt der Immobilienmakler. Wichtig sei bei aller Wirtschaftlichkeit aber, dass die Transparenz, Fairness und Gerechtigkeit nicht zu kurz komme, betont er.
Preisüberblick Eigentumswohnung
Wer in Ahaus eine Eigentumswohnung kaufen möchte, der sollte deshalb folgende Daten kennen. Alle Angaben basieren auf dem Durchschnitt aus mindestens zehn Kaufpreisen aus den Jahren zwischen 2019 und 2021.
Bei einer Wohnungsgröße von 54 Quadratmetern (Baujahr 2020) und einem Preis von 2.703 Euro/Quadratmeter, muss mit einer Summe von etwa 146.000 Euro gerechnet werden. Für eine Wohnung mit 89 Quadratmetern und 2.907 Euro/Quadratmeter sind es demnach schon 259.000. Mit 117 Quadratmeter Eigentum für 2.985 Euro/Quadratmeter, ist eine Investition von circa 350.000 Euro notwendig. Auch hier sind die Kosten im Vergleich zum Bericht im Vorjahr um einige Prozente in die Höhe geschossen.
Die Preisentwicklung nimmt auch Wolfgang Leeners, Geschäftsführer von Eiling und Partner in Ahaus, wahr – vor allem im Baugewerbe. „Die Baupreise schwanken stark. Nach meiner Ansicht hat sich das zuletzt allerdings wieder ein wenig beruhigt. Zudem haben wir bei uns das Glück, dass die Kundennachfrage auch trotz Corona nach wie vor hoch ist. Aber natürlich muss auch immer das Personal zur Verfügung stehen, um die Aufträge zu bedienen“, meint der Unternehmer.
Mit Blick auf die Bauflächennutzung in Ahaus sagt Wolfgang Leeners zudem: „Es ist wichtig, dass die Flächen sensibel genutzt werden. Ein Mix aus neuen Flächen und die Sanierung alter Fläche, wo es schon bestehende Gebäude gibt, ist eine gute Lösung. So nehme ich das auch in Ahaus wahr.“
Mietpreise steigen an
Wer in Ahaus weder bauen möchte, noch Eigentum besitzt, der sollte den Mietspiegel beachten. Alle Angaben beziehen sich auf die Nettokaltmieten in Euro/Quadratmeter-Wohn- oder Nutzfläche. Bei einem Ein- oder Zweifamilienhaus (Baujahr 2010 bis 2017) muss je nach Wohnungsklasse (einfach, mittel oder gehoben) derzeit mit einem Mietpreis zwischen 4,75 und 7,35 Euro gerechnet werden.
Eine Mehrfamilienhaus-Wohnung könnte tatsächlich ein paar Cent teurer sein. Denn je nach Wohnungsklasse – gleiche Baujahrespanne – müssen Mieter eine Summe zwischen 4,90 Euro und 7,55 Euro netto pro Quadratmeter aufbringen. Im Vergleich zu dem Vorjahresbericht ist das ein Anstieg von bis zu 35 Cent/Quadratmeter.
„Die Mieten werden weiter anziehen“, sagt auch Ulrike Tieben, Geschäftspartnerin von Stefan Haveresch. Und fügt noch hinzu: „Vor 15 Jahren wollte kaum ein Mensch eine Eigentumswohnung haben und jetzt ist das mittlerweile genau umgekehrt.“
Für die Zukunft sei es wichtig, innovativ zu denken, meint Stefan Haveresch. „Viele gute Ideen sind da.“ Die Politik müsse sich aber auch auf neue Projekte einlassen. Ulrike Tieben konkretisiert das Ganze: „Mehr Tiny-Häuser wären eine sinnvolle Sache.“ Die Wege dorthin seien bürokratisch sowie immer noch viel zu kompliziert und mit einigen Schwierigkeiten verbunden.
Zur Info: Derzeit leben knapp 40.000 Menschen (Haupt- und Nebenwohnung) auf einer Gesamtfläche von 151,24 Quadratkilometern in Ahaus. Das sind umgerechnet etwa 271 Einwohner pro Quadratkilometer.
Davon sind alleine 726 Hektar Wohnbaufläche, 9.491 Hektar der Landwirtschaft zugeordnet und 392 Hektar kommen Gewerbe und Industrieflächen zu.
Gebürtig aus Unna, wohnhaft in Münster. Seit Juni 2021 bei Lensing Media. Leidenschaftlicher Fußballer und Triathlet. Immer auf der Suche nach erzählenswerten Sportgeschichten.
