Abschiebung drohte schon lange Suche nach Ausbildungsplatz für Ousman John ist geglückt

Unterstützer von Ousman John suchen nach Ausbildungsplatz
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Der Kampf darum, dass Ousman John (20) in Deutschland bleiben kann, geht in eine neue Runde. Seine Unterstützer setzen gerade alle Hebel in Bewegung, um dem Kreis Borken kurzfristig einen unterschriebenen Ausbildungsvertrag vorlegen zu können.

Das hat inzwischen funktioniert: Wie der Kreis Borken am Mittwoch auf Nachfrage erklärt, hatten die Unterstützer am Dienstag einen neuen, unterschriebenen Ausbildungsvertrag vorgelegt. Mit Datum vom 18. Juli.

Den gabt es zuvor nicht.

In dem Video, das der FC Ottenstein online gestellt hat und das seit einigen Tagen viral geht, hatte das noch anders geklungen. Nach Informationen des Kreises Borken, die dessen Pressestelle unserer Redaktion am Dienstagmorgen zur Verfügung gestellt hat, konnte Ousman John dem Kreis Borken zum Zeitpunkt der geplanten Abschiebung keinen entsprechenden Nachweis vorlegen. Auch hatte es bis dahin keine entsprechenden Zusagen eines Ausbildungsbetriebs gegeben.

Das hatte auch Carsten Berthues am Dienstag noch eingeräumt: Der Freund, ehemalige Trainer und einer der Unterstützer von Ousman John hatte unserer Redaktion am Dienstag noch erklärt, dass die Suche nach einem Ausbildungsbetrieb noch laufe. „Wir tingeln gerade die Firmen ab“, sagte er.

Parallel würden der Antrag an die Härtefallkommission und eine Petition an den Landtag in NRW weiter laufen.

Fachanwältin sieht Chancen

Caren Donschen, Fachanwältin für Migrationsrecht, hat sich eingeschaltet: „Weil ich lange in Ottenstein gelebt habe, noch Verbindungen dahin habe und die Menschen vor Ort unterstützen will“, sagt sie. Ihre Kanzlei hat sie inzwischen in Witten.

Und sie sieht durchaus noch Chancen, dass Ousman John in Deutschland bleiben darf. Und zwar nüchtern juristische, die nicht auf emotionalen Entscheidungen einer Härtefallkommission beruhen. Das Engagement dafür, also den Antrag an die Härtefallkommission wie auch die Petition an den Landtag, unterstütze sie durchaus. „Aber ich sehe darin nicht meine Aufgabe“, erklärt sie. Ihr gehe es darum, nüchtern juristische Fakten abzuklopfen und Fragen zu beantworten.

Dazu verfolgt sie gerade zwei Stränge: „Ich gehe gerade gegen den Beschluss zur Inhaftierung vor“, sagt sie unserer Redaktion am Dienstag. Ob tatsächlich Gründe für eine Abschiebehaft vorliegen, sei für sie zumindest diskutabel. Gleichzeitig hinterfragt sie, ob der Kreis Borken insgesamt richtig entschieden habe. Denn neben dem Asylrecht gebe es ja auch andere Möglichkeiten, einen Aufenthaltstitel zu bekommen.

Juristisch sei sie bereit, bis zum Äußersten zu gehen. Zumindest theoretisch gebe es noch einige Chancen – und gibt sich kämpferisch: „Wenn ich antrete, will ich auch gewinnen“, macht sie deutlich.

Gespräche mit dem Kreis Borken

Völlig überraschend kann die Abschiebung indes für Ousman John nicht sein: Er wurde zwar Ende Juni plötzlich auf dem Weg zur Arbeit festgenommen und zum Flughafen gebracht. Laut Informationen des Kreises Borken gab es aber im August 2022 und Mai 2023 mindestens zwei Gespräche zwischen ihm und der Ausländerbehörde, in denen genau auf die jetzt drohende Abschiebung hingewiesen wurde.

Schon am 29. Oktober 2020 habe das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) seinen Asylantrag abgelehnt und ihm die Abschiebung angedroht. Samt einem 30-monatigen Einreise- und Aufenthaltsverbot. Ousman John habe gegen diesen Bescheid geklagt. Seine Klage am Verwaltungsgericht Osnabrück sei jedoch abgewiesen worden, genau wie die Zulassung zur Revision am niedersächsischen Oberverwaltungsgericht.

Parallel habe er im Dezember 2020 beantragt, nach Vreden umzuziehen. Hier will er die Zusage zu einem Ausbildungsplatz gehabt haben. Er kommt nach Vreden, erhält seine Arbeitserlaubnis und nimmt im April die Arbeit auf. Die Frist zu einer freiwilligen Ausreise lässt er im Juli 2022 verstreichen. Damit sei die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten, erklärt der Kreis Borken.

Dazu kommt, dass im August 2022 sein Vredener Arbeitgeber dem Kreis Borken mitgeteilt habe, dass der 20-Jährige dort keine Ausbildung anstrebe, sondern ein unbefristeter Arbeitsvertrag bestehe.

Keine Bereitschaft zur Ausreise

Am 19. August 2022 habe die Ausländerbehörde Borken Ousman John zu einem sogenannten „Ausreisegespräch“ einbestellt. Danach sei die Ausreise vorbereitet worden. So wurden zum Beispiel die erforderlichen Reisedokumente aus Gambia beschafft.

Noch einmal vergeht einige Zeit: Im Mai 2023 wechselt Ousman John als Montagehelfer zu einer anderen Firma in Vreden. Am 23. Mai habe die Ausländerbehörde Borken Ousman John noch einmal auf seine Ausreiseverpflichtung hingewiesen. Dabei habe er aber keine Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise erkennen lassen.

Widerstand gegen Bundespolizei

Am 26. Juni schließlich wird er zum Flughafen Frankfurt/Main gebracht. An diesem Tag seien auch die Duldung und die davon abhängige Arbeitserlaubnis erloschen. An diesem Tag erklärt er erneut, dass er eine Ausbildung beginnen will. Schriftliche Nachweise legt er nicht vor.

Sein Rückflug nach Banjul in Gambia scheitert daran, dass er gegen drei Beamte der Bundespolizei Widerstand leistet. Die seien als Begleiter für eine andere Person an Bord des Flugzeuges gewesen.

Das Amtsgericht Frankfurt beschließt auf Antrag vom gleichen Tag Abschiebehaft bis zum Termin einer begleiteten Rückführung nach Gambia. Der Rückflug ist für den 8. August vorgesehen. Am 27. Juli wird die nordrhein-westfälische Härtefallkommission über den Fall beraten.

Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Version dieses Artikels hatten wir darüber berichtet, dass die Suche nach einem Ausbildungsbetrieb für Ousman John noch läuft. Das war bis dahin der aktuellste Stand der Information für unsere Redaktion. Wir haben das umgehend aktualisiert.

Die komplette Chronik der Ereignisse haben wir online veröffentlicht: www.MuensterlandZeitung.de

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Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 19. Juli 2023.