In der Informationsveranstaltung zum Bürgerbegehren hat der Erste Beigeordnete Hans-Georg Althoff noch einmal bekräftigt, dass er die dreieinhalb Jahre bis zu seinem Ruhestand weiterarbeiten würde. Trotz aller Querelen.

In der Informationsveranstaltung zum Bürgerbegehren hat der Erste Beigeordnete Hans-Georg Althoff noch einmal bekräftigt, dass er die dreieinhalb Jahre bis zu seinem Ruhestand weiterarbeiten würde. Trotz aller Querelen. © Stephan Rape

1000 Unterschriften für Hans-Georg Althoff, CDU sieht Atmosphäre zerstört

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Hans-Georg Althoff soll bleiben, fordert ein Bürgerbegehren. Rund 1000 Menschen haben das schon unterschrieben. Die CDU räumt Fehler ein, sieht die politische Atmosphäre in Ahaus aber zerstört.

Ahaus

, 25.05.2022, 17:00 Uhr / Lesedauer: 4 min

Die Stelle des Ersten Beigeordneten Hans-Georg Althoff soll ausgeschrieben und neu besetzt werden. Über 1000 Unterschriften haben die Organisatoren des Bürgerbegehrens „Für Ahaus weiter mit Althoff“ in wenigen Tagen gegen diesen Ratsbeschluss schon gesammelt.

Über 150 Zuhörer informierten sich am Dienstagabend in der Stadthalle über das

angestrebte Bürgerbegehren, das diesen Ratsbeschluss kippen möchte. Andreas Banger ist ehemaliger Vorstand der Volksbank Gronau-Ahaus und einer der Bevollmächtigten der Initiative. In der Vergangenheit habe er sich politisch immer völlig neutral gehalten, betonte er in der Stadthalle. Das sei nun vorbei.

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„Warum wollen wir die Kompetenzen von Hans-Georg Althoff vorzeitig abgeben?“, fragte er. In seinen Augen gehe es nur darum, die Position der Bürgermeisterin zu schwächen, betonte er unter dem Applaus der Zuhörer.

Banger empfiehlt CDU nicht mit dem Wähler zu streiten

Er wurde dann weiter sehr deutlich: „Ich kann der CDU nur eine Empfehlung geben: Suchen Sie nicht nur nach Gründen, dieses Bürgerbegehren abzuwehren“, sagte er. Vielmehr solle die CDU die Chance nutzen, einen gemachten Fehler zu korrigieren. „Die nächste Wahl kommt bestimmt“, machte er deutlich. Natürlich könne man sich mit dem Wähler streiten, man müsse es aber nicht.

Unterschriften werden gesammelt

  • Für das Bürgerbegehren benötigen die Initiatoren 2.223 Unterschriften – sieben Prozent der Wahlberechtigten, die in Ahaus und den Ortsteilen wohnen.
  • Wahlberechtigt ist jeder, der zum Zeitpunkt seiner Unterschrift mindestens 16 Jahre alt ist.
  • Unterschriftslisten liegen zum Beispiel in den Geschäften Engels Goldschmiede, Thiemann’s Basteln und Spielen, Tausendschön und Bünings Grüne Schoppe aus. Auch in den Nachbarschaften sollen Unterschriften gesammelt werden. Am Samstag, 28. Mai, möchten die Initiatoren wieder in der Innenstadt Präsenz zeigen.

Peter Mensing, Rechtsanwalt und UWG-Mitglied, begleitet das Verfahren juristisch. Er räumte ein, dass es einen vergleichbaren Fall bundesweit so noch nicht gegeben habe. „Unsere Chancen stehen sehr gut, auch wenn das natürlich kein Freifahrtschein ist“, schränkte er ein. Auch wenn die Initiatoren bereit seien, im Zweifel auch vor Gericht zu ziehen, müsse es in seinen Augen nicht so weit kommen: „Ich kann und will mir nicht vorstellen, dass der Rat gegen Tausende Bürger entscheidet“, erklärte er. Schon zur Sitzung am 10. Juni wollen die Initiatoren die mindestens benötigten 2.223 Unterschriften gegen den Ratsbeschluss vorlegen. Und sie gehen davon aus, dass es deutlich mehr sein werden.

Hans-Georg Althoff wäre immer noch bereit, wieder anzutreten

Die Person, um die sich alles dreht, Hans-Georg Althoff, verfolgte die Veranstaltung ebenso wie die beiden Beigeordneten Werner Leuker und Thomas Hammwöhner aus dem Publikum. Er sei immer noch bereit, nach Ablauf seiner jetzigen Wahlperiode und bis zum Eintritt in den Ruhestand weiter zu arbeiten: „Ich bin bereit, meine Leistung zur Verfügung zu stellen, wenn man sie denn haben möchte“, sagte er.

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Einen Tag vor der Infoveranstaltung haben Christian Rudde, stellvertretender CDU-Fraktionsvorsitzender, und der CDU-Stadtverbandsvorsitzende Jörg Blisniewski gegenüber unserer Redaktion klar Stellung bezogen.

CDU ärgert sich über Totschlagargument

Den Vorwurf, ihr Antrag sei nur darauf ausgerichtet, die Position der Bürgermeisterin zu schwächen, wollen sie nicht stehen lassen. „Das ist ein reflexartig vorgebrachtes Totschlagargument“, sagt Jörg Blisniewski. Die CDU habe die Anträge von Bürgermeisterin Karola Voß fast immer unterstützt. „Deutlich öfter als die anderen Fraktionen“, erklärt er.

Die Diskussion um die Veränderung im Verwaltungsvorstand sei ja auch kein neues Thema. Die laufe schon seit Jahren, habe aber bisher keine Mehrheit gefunden. Dass die Fraktion Hans-Georg Althoff nicht wiederwählen wolle, sei in der Verwaltung auch schon seit Ende November bekannt. „Das war keine Überraschung“, macht Christian Rudde deutlich.

Vanessa Lisseck (UWG, r.) und Andreas Banger (M.) stehen zusammen mit Prof. Peter Mönkediek (er war verhindert) hinter dem Bürgerbegehren. Rechtsanwalt und UWG-Mitglied Peter Mensing (l.) erläuterte die rechtlichen Hintergründe.

Vanessa Lisseck (UWG, r.) und Andreas Banger (M.) stehen zusammen mit Prof. Peter Mönkediek (er war verhindert) hinter dem Bürgerbegehren. Rechtsanwalt und UWG-Mitglied Peter Mensing (l.) erläuterte die rechtlichen Hintergründe. © Stephan Rape

Einerseits sei niemand unersetzbar, andererseits sehen sie in einer Neuorganisation weiter viele Vorteile. „Das Morgen muss nicht schlechter als das Heute sein“, erklärt auch Christian Rudde. Eine neue Organisation im Verwaltungsvorstand sei möglich und die Neubesetzung der Stelle eine ratseigene Entscheidung.

In der aktuellen Beratung habe die CDU-Fraktion sich in einer Klausurtagung geschlossen für das „Kämmerer-Modell“ ausgesprochen und danach mit anderen Fraktionen die Mehrheitsfähigkeit ausgelotet: Das habe zum Antrag vom 7. April geführt. Demnach sollte die Stelle des Ersten Beigeordneten abgeschafft, sein Fachbereich neu aufgeteilt und ein Kämmerer eingestellt werden.

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Die folgende, heftige Diskussion und Gespräche mit den Beigeordneten Werner Leuker und Thomas Hammwöhner hätten die CDU zusammen mit den Grünen zu einer Änderung des Antrags gebracht. „Insbesondere wegen des immer wieder ins Feld geführten Zeitfaktors“, macht Christian Rudde deutlich. Schließlich endet die aktuelle Amtszeit von Hans-Georg Althoff Ende Januar 2023.

„Wir sind einen Schritt auf die Kritiker zugegangen“

Auch der Aspekt der benötigten juristischen Expertise im Verwaltungsvorstand – Hans-Georg Althoff ist Volljurist – habe dazu beigetragen. Der neue Beschlussvorschlag habe daher gelautet, die Stelle des Ersten Beigeordneten beizubehalten und sie neu auszuschreiben. Die Diskussion zur Strukturveränderung in der Verwaltungsspitze solle in einer Arbeitsgruppe geführt werden. „Man könnte sagen ‚Wir haben verstanden‘. Wir sind einen Schritt auf die Kritiker unseres Antrags zugegangen“, erklärt Jörg Blisniewski.

Die Unterschriftensammlung für das Bürgerbegehren läuft seit wenigen Tagen. Laut der Initiatoren seien schon über 1000 Unterschriften zusammengekommen.

Die Unterschriftensammlung für das Bürgerbegehren läuft seit wenigen Tagen. Laut der Initiatoren seien schon über 1000 Unterschriften zusammengekommen. © Stephan Rape

Sie sehen weiter die grundsätzliche Problematik des tiefgreifenden personellen Umbruchs, der für sie im Jahr 2025/2026 drohe. Die dann spätestens zu regelnde Nachfolge von Hans-Georg Althoff, die – im unglücklichsten Fall zeitgleich zu regelnde – Nachfolge des Beigeordneten Werner Leuker sowie die unmittelbar zeitliche Nähe zur nächsten Kommunalwahl bedeuten für die CDU, dass sie sehenden Auges in etwa dreieinhalb Jahren einen noch viel größeren personellen Umbruch als jetzt in Kauf nehmen würde.

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„Für uns steht außer Frage, dass eine solch große Veränderung im Wahljahr 2025 im Sinne einer verantwortungsvollen, langfristig angelegten Politik für unsere Stadt ebenso vermieden werden muss“, sagt Christian Rudde.

CDU: Es geht um Kalkül, bei der Wahl 2025 zu profitieren

Schwerer wiegt für die CDU, dass es inzwischen nicht um die Sache, sondern nur noch um Personen gehe. „Das ist für uns der falsche Ansatz – es muss doch stets um das große Ganze, um unsere Stadt gehen“, macht Christian Rudde deutlich. Viel mehr gehe es um rein politisches Kapital und Kalkül, um daraus bei der Kommunalwahl 2025 zu profitieren.

Das Bürgerbegehren sehen sie extrem kritisch: Eine 2/3-Entscheidung eines demokratisch gewählten Gremiums soll nun nicht akzeptiert werden, sondern per Bürgerbegehren ausgehebelt werden. Allerdings räumen sie ein, dass die Kommunikation zum Vorgang vonseiten der CDU „suboptimal“ gelaufen sei. Nach vielen Gesprächen, Mitgliederinformationen sei aber inzwischen viel Druck aus dem Kessel. „Die Leute verstehen, was wir vorhaben, auch wenn sie vielleicht nicht unbedingt ein Fan der Idee werden“, sagt Christian Rudde.

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Dennoch: „Wir haben massive Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Vorgehens“, sagt er. Nach CDU-Lesart würde die Gemeindeordnung ein Bürgerbegehren gegen diesen Ratsbeschluss nicht zulassen. Die weitere Prüfung laufe. Zu einem Ergebnis wollen beide aktuell noch nichts sagen.

Unabhängig davon sehen die beiden CDU-Politiker noch ein anderes Problem: Auf Basis der rein emotional geführten Debatte werde die bisherige konstruktive Zusammenarbeit der Ratsfraktionen in Ahaus zerstört. Trotz aller unterschiedlicher Auffassungen und in Teilen loser, in Teilen intensiverer Abstimmung haben die Fraktionen im Rat der Stadt gemeinsam mit der Bürgermeisterin und der gesamten Verwaltung in den letzten Jahren gut zusammengearbeitet und sich „zusammengerauft“: „Bei aller Emotion, wenn Entscheidungen gegen die eigene Überzeugung und das eigene Abstimmungsverhalten ausfielen, waren wir doch stets in der Lage, Mehrheiten im Rat zu akzeptieren.“

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