Zwischen Bombenalarm und kirchlicher Messe: So erlebten Werner Schülerinnen die Kriegszeit
Ehemalige Wienbredeschüler
Wie sah der Schulalltag in der Kriegs- und Nachkriegszeit genau aus? Und wie gingen Schüler und Lehrer mit der bedrohlichen Situation um? Darüber haben wir mit Zeitzeugen gesprochen.

Die ehemaligen Schülerinnen der Wienbredeschule treffen sich seit 15 Jahren vierteljährlich - und reden dabei auch über alte Zeiten. © Michelle Kozdon
Bombenalarm, Explosionen, enorme Fehlzeiten, ein geschlossenes Schulgebäude und eintönige Schulspeisen - daran können sich die ehemaligen Schülerinnen der Wienbredeschule noch genau erinnern. Elf von ihnen haben wir im Hotel Ickhorn am Marktplatz getroffen. Alle sind inzwischen 81 Jahre alt. 1943 wurden sie eingeschult. Und das, was sie damals erlebten, sitzt auch heute noch tief im Gedächtnis.
75 Jahre später
Anlass für die kleine Zeitreise ist die Schließung und der bevorstehende Abriss der alten Schule. Traurig und schockierend für die ehemaligen Schülerinnen. Gisela Wenge erzählt uns, was sie als erstes gedacht hat, als sie diese Nachricht zum ersten Mal in der Zeitung las: „Das kann doch nicht möglich sein“. Dieser erste Gedanke kam nicht nur bei ihr, sondern auch bei ihren ehemaligen Mitschülerinnen auf. „Wir sind acht Jahre lang zu dieser Schule gegangen, diese Schule, an der so viele Erinnerungen dranhängen. Das kann ich nicht verstehen“, sagt Wenge in einem traurigen Ton.
„Ich habe richtig Tränen in den Augen gehabt“, sagt Ulla Lünebrink. „Wir hatten so viel Spaß und waren von Anfang an bis zur Entlassung in der gleichen Klasse, Danach mussten wir nach der 10. Klasse sofort einen Beruf erlernen und haben uns etwas aus den Augen verloren.“
Keine Feste gefeiert
Elisabeth Hüsing erinnert sich daran, dass sie wegen der Kriegs- und Nachkriegszeit ein halbes Jahr länger zur Werner Wienbredeschule gehen mussten. Und das, weil sie durch Bombenanschläge und Bombenalarm in der Schule enorme Fehlzeiten hatten.
„Wir mussten uns in Reihen aufstellen und ganz leise in den Raum gehen. Danach hat der Hausmeister das gesamte Schulgebäude abgeschlossen, sodass niemand mehr rein oder raus konnte“, sagt Theresia Meyer: „Die Kriegs- und Nachkriegszeit war so eine schlimme Zeit. Wir haben zu dieser Zeit auch keine Feste gefeiert. Das einzige, was wir gefeiert haben, waren unsere Kommunion und unsere Firmung. Unsere aller Firmpatin war unsere Lehrerin.“
Holzschuhe gegen kalte Füße
Ursula Mendrina erinnert sich auch daran, dass sie jeden Morgen, ob Sommer oder Winter, von der Schule zur St.-Christophorus-Kirche gegangen sind, um an der Messe teilzunehmen. „Es gehörte einfach dazu, jeden Tag zur Kirche zu gehen, aber wegen der Kriegszeiten gab es keine richtigen Schuhe - nur Holzschuhe, die wir tragen konnten, um wenigstens etwas wärmere Füße im Winter zu haben. Aber selbst die hatte nicht jeder und wir mussten eine halbe Stunde zu Fuß zur Kirche gehen“, sagt Mendrina.
An die eintönige „Schulspeisung“ kann sich Theresia Meyer noch erinnern. „Wir haben in den Kriegsjahren, weil es nichts anderes gab, nur Erbsensuppe und Milchsuppe zu Essen bekommen. Und nicht jeder mochte die Auswahl“ sagt sie. Außerdem haben sie in Klappbänken gesessen und noch mit Tinte geschrieben, erinnert sich Ursula Mendrina. Im Unterricht wurden Jungen und Mädchen strikt getrennt. „Wenn wir gerade Zeichenunterricht hatten, dann hatten die Jungs im Nebenraum Musikunterricht. Nach dem Unterricht haben wir Mädchen dann die Räume gewechselt um Musikunterricht zu haben“, sagt Edith Schlierkamp.
Auch schöne Erinnerungen
Aber trotz der schlechten Erfahrungen in der Kriegszeit haben die ehemaligen Schülerinnen hauptsächlich gute Erinnerungen an ihre Schulzeit. „Es kommen so viele schöne Erinnerungen hoch - schade, dass diese Ära jetzt zu Ende geht“, sagt Theresia Meyer. „Wir haben zum Beispiel in den Pausen sogenannte Kreisspiele gespielt und dabei gesungen. Die Schulzeit bleibt uns trotz der schlechten Zeit in guter Erinnerung, weil wir so viele neue Freundschaften geschlossen haben“, so Elisabeth Hüsing. Ihre Lehrerin habe immer gesagt: „Wir sind eine gehobene Volksschule.“ Das habe die ehemaligen Schülerinnen durchaus ein wenig stolz gemacht.
Jetzt treffen sie sich schon seit 15 Jahren vierteljährlich zu einem Klassentreffen und blicken auf ihre gemeinsame Zeit zurück. Mit schönen und weniger schönen Erinnerungen.