Aus der einstigen Wienbredeschule sollen Büroräume für die Stadtverwaltung Werne werden. Eigentlich sollten auf dieser Fläche neue Wohnungen entstehen.

© Helga Felgenträger (A)

Eigenbedarf statt Wohnbau: Stadt reißt einstige Wienbredeschule an sich

rnStadtentwicklung in Werne

Weil die Stadtverwaltung Werne aus allen Nähten platzt, müssen neue Räume her. Die sollen nun in der einstigen Wienbredeschule entstehen. Die Fläche wird somit nicht vermarktet, um neue Wohnungen dort zu errichten.

von Andrea Wellerdiek

Werne

, 17.06.2021, 14:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Aus Schule werden Büros: Weil die Stadtverwaltung Werne im Stadthaus nicht mehr genügend Platz für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat, müssen neue Räume her. Diese sollen nun für etwa fünf Jahre in der einstigen Wienbredeschule entstehen, wie im Haupt- und Finanzausschuss am Mittwoch (15. Juni) bekannt wurde.

Zu diesem Ergebnis ist der eigens dafür eingerichtete Arbeitskreis gekommen. Eine Idee, die die SPD-Fraktion nicht nur ablehnt, sondern auch arg kritisiert. „Das ist eine ganz neue Wende. Es gibt längst ein Konzept, was mit dem Grundstück passieren soll. Jetzt verbaut man sich jegliche Flexibilität auf diesem Grundstück“, moniert Fraktionsvorsitzender Lars Hübchen.

Wienbrede abreißen, Wohnungen bauen war die Idee

Als Beitrag zur Haushaltskonsolidierung hatte die Stadtverwaltung eigentlich geplant, die kommunale Immobilie zu vermarkten. So könnten elf Gebäude mit Wohnungen - darunter auch öffentlich geförderte - entstehen, wie aus einer Studie eines Dortmunder Architekturbüros hervorgeht, die im November 2019 in Werne vorgestellt wurde.

Die Experten kamen seinerzeit auch zu dem Entschluss, dass das mehr als 100 Jahre alte Gebäude muss weg. Demnach würde ein Erhalt des einstigen Schulgebäudes keinen Sinn ergeben, erklärte der Architekt Dr. Peter Kroos. Wohnungen stattdessen dort zu errichten sei mit Blick auf den derzeitigen Wohnungsmarkt eine Option.

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Doch anstatt das Gebäude abreißen zu lassen und das Grundstück in Innenstadt-Nähe lukrativ an einen Investor zu vermarkten, bleibt es weiter in städtischer Hand. Die Stadtverwaltung gibt zudem etwa 100.000 Euro aus, um das Gebäude für Büros herzurichten. „Man verbaut sich damit für fünf Jahre eine städtebaulichen Entwicklung. Das ist völlig konträr zu den vorherigen Entscheidungen und Beschlüssen“, sagt Hübchen, der zudem nicht nachvollziehen könne, wieso man die Gespräche mit potenziellen Vermietern für Büroflächen nicht zu Ende gedacht habe.

Mit einer Anmietung hätte man eine flexiblere Lösung für die fehlenden Arbeitsplätze schaffen können. Zudem moniert er, dass man 100.000 Euro „in Steine investiert. Das gebe ich also aus und hinterher kommt der Abrissbagger. Das ist völlig unklug“.

Stadtverwaltung Werne sieht keine Alternative

Sowohl seitens der Stadtverwaltung als auch Uta Leisentritt (CDU) machten daraufhin deutlich, dass es aktuell keine Alternative gebe. „Das ist viel Geld - klar. Aber wenn ich einen Mietvertrag über fünf Jahre abschließe und nicht vorher herauskomme, dann sollten wir lieber 100.000 Euro in ein eigenes Gebäude stecken. Es hält uns niemand davon ab, in zwei Jahren in die Vermarktung zu gehen.“

Uta Leisentritt (CDU), hier bei einem Azubi-Event zu sehen, verteidigte das Vorhaben des Arbeitskreises.

Uta Leisentritt (CDU), hier bei einem Azubi-Event zu sehen, verteidigte das Vorhaben des Arbeitskreises. © Vanessa Trinkwald (A)

Für die kommenden zwei Jahre, so Leisentritt weiter, werde man mit Blick auf aktuelle Großprojekte wie etwa im Baaken sowieso noch nicht in die Vermarktung der Fläche Wienbredeschule gehen. Über die Kritik seitens der SPD sei sie schlimm irritiert. „Wir setzen uns da jeden Nachmittag hin und die SPD glänzt mit Abwesenheit und wirft uns vor, dass wir nicht an Sitzungen teilnehmen.“

Lars Hübchen, Fraktionsvorsitzender SPD, kritisiert, dass aus der einstigen Wienbredeschule Büroräume werden sollen.

Lars Hübchen, Fraktionsvorsitzender SPD, kritisiert, dass aus der einstigen Wienbredeschule Büroräume werden sollen. © Felix Püschner (A)

Auf der Gegenseite muss Hübchen nach eigenen Aussagen darum kämpfen, die Contenance zu bewahren: „Wir haben gesagt, wieso wir nicht am Arbeitskreis teilnehmen. Wir haben auch Gespräche mit der Verwaltung geführt. Für uns war klar, dass die Fläche vermarktet wird. Jetzt gibt es eine völlig andere Lösung als im letzten Ausschuss. Und wenn man erst einmal im Gebäude drin ist, dann geht man so schnell auch nicht wieder heraus.“

Arbeitskreis bringt Wienbredeschule ins Gespräch

Während die Stadtverwaltung die Anmietung von städtischen Räumen in Betracht gezogen hatte, hatte erst der Arbeitskreis die einstige Wienbredeschule als neue Bürofläche für etwa 16 Arbeitskräfte ins Gespräch gebracht. Die Verwaltung selbst geht davon aus, dass es sich um eine übergangsweise Nutzung von fünf Jahren handelt.

„Ich persönlich bin damit im Reinen. Die Not ist groß, weil es viele neue Mitarbeiter gibt. Wir müssen schnellstmöglich ein kurzfristiges Konzept haben, um uns langfristig auf den Weg machen zu können. Die Wienbrede können wir derzeit nicht vermarkten, weil es keine greifbare Lösung auf dem Markt gibt. Wir müssen aber ab Oktober 16 Mitarbeiter unterbringen“, erklärte Bürgermeister Lothar Christ.

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Natürlich sei der Kostenaufwand von etwa 100.000 Euro hoch. „Wenn man sich den mittleren Mietspiegel für Büroräume in der Innenstadt anschaut, dann würde es über die Jahre gesehen ähnlich teuer werden“, so Christ weiter. Mit vier Enthaltungen - aus der gesamten SPD-Fraktion und von Benedikt Striepens (Grüne) - stimmten die meisten Ausschussmitglieder für die Nutzung der Wienbredeschule als Bürofläche.