
Bettina Schriever und Horst Nußbaum betreiben seit November 2017 das Stadthotel im Kolpinghaus Werne. Damit ist aber bald Schluss. © Felix Püschner (Archiv)
Schließt Stadthotel nun früher? Kolpingverein sucht neuen Pächter zu sofort
Stadthotel Werne
Ende Oktober, hieß es, werde Horst Nußbaum den Betrieb des Stadthotels beenden. Doch eine Immobilienanzeige des Kolpinghaus-Vereins sucht einen neuen Betreiber - quasi zu sofort.
Eigentlich wollte Horst Nußbaum, der derzeit noch das Stadthotel im Kolpinghaus an der Alten Münsterstraße führt, erst Ende Oktober den Betrieb aufgeben. Doch am Montag (29. Juni) dann tauchte eine neue Anzeige in einem Online-Immobilienportal auf. Darin sucht die Krombacher Brauerei Bernhard Schadeberg GmbH & Co. KG „zum nächst möglichen Zeitpunkt“ einen „neuen Betreiber“ für das 770 Quadratmeter große Hotel samt Gastronomie. Wir haben dazu mit dem jetzigen Betreiber Horst Nußbaum und dem Kolpinghaus-Verein gesprochen. Der Verein weist Vorwürfe zurück, die der Betreiber erhebt.
Macht das Stadthotel also nun schon früher zu als ursprünglich geplant? Als unsere Redaktion Horst Nußbaum dazu anruft, ist der im ersten Moment ebenso überrascht wie wir. „Ich weiß nicht mal was von dieser Anzeige. Die Kolpingfamilie steht nicht mit uns im Gespräch“, sagt der Gastronom. Im zweiten Moment ist Nußbaum dann aber auch wieder nicht überrascht. „Ich sehe da keine Zukunft und keine Perspektive.“ Wenn die Kolpingfamilie Nußbaum morgen einen Nachpächter präsentierte, wäre das für ihn kein Problem. „Die könnten mir das Objekt morgen kernsaniert auf dem Tablett präsentieren, ich würde das nicht mehr nehmen“, sagt Nußbaum.
Pro Quartal seien 3 neue Zimmer versprochen worden
Und da, so schildert es Nußbaum aus seiner Sicht, habe das ganze Problem seinen Lauf genommen. Als er das Hotel samt Gastronomie vor 5 Jahren übernommen habe, habe er das mit einigen Zusagen seitens der Kolpingfamilie als Verpächter getan. „Normalerweise müsste ich jetzt 17 funkelnagelneue Zimmer haben“, sagt der Gastronom. Doch von den Zusagen sei nichts eingehalten worden. Damals habe die Kolpingfamilie zugesagt, pro Quartal je drei Zimmer neu zu machen. Gemacht worden sei allerdings nur eines, das am Anfang medienwirksam präsentiert worden sei, so Nußbaum.
Dabei sei die Kommunikation zwischen ihm und dem Kolpinghaus Werne e.V., der sich um das Kolpinghaus samt Verpachtung kümmert, am Anfang reibungslos gelaufen. „Der große Bruch kam dann mit der Geschichte mit dem Dach.“
Das war Anfang 2021. Nach einem heftigen Schneefall kam es zu einem Schaden im Dach, es regnete durch und habe 11 der 17 Zimmer für fünf Wochen unbewohnbar gemacht. Horst Nußbaum seien durch den Schaden in der sowieso schon herausfordernden Corona-Pandemie wichtige Einnahmen entgangen. „Seit Jahren sagen die Dachdecker, dass das Dach gemacht werden muss.“
Stadthotel-Betreiber: „Wir wollten hier unsere Rente erreichen“
Die Reparaturkosten habe die Kolpingfamilie dann auch übernommen, die Einnahmen, die Nußbaum wegen der nicht vermietbaren Zimmer entgangen seien, hätte der Verein ihm allerdings nicht erstattet. „Ich hatte angefragt, ob sie mir das erstatten. Da hieß es, ich sollte mich an die Versicherung werden. Das wird bis heute totgeschwiegen“, so der Gastronom. Dabei habe er sich vor 5 Jahren ganz bewusst für Werne entschieden: Die mittlerweile erwachsenen Kinder lebten im Umkreis der Stadt, die Mutter seiner Lebensgefährtin lebe in einer Senioreneinrichtung in Werne.

Für das Stadthotel an der Alten Münsterstraße sucht der Kolpinghaus-Verein zum nächstmöglichen Zeitpunkt einen neuen Pächter. © (A) Felix Püschner
„Wir wollten hier unsere Rente erreichen. Wir wohnen in der Immobilie.“ Die neue Einbauküche und die Möbel hätten die beiden auf die Wohnung abgestimmt. Biergarten, Küche und Kegelbahn habe man auf eigene Faust renoviert - für die Zukunft. Doch dann sei die Stimmung zwischen ihm und dem Kolpinghaus-Verein gekippt. Der Verein hat die Pacht mit Nußbaum nicht verlängert. Die letzte Kommunikation habe über einen Anwalt stattgefunden.
Nußbaum: „All‘ diese Vereine verlieren ihre Heimat“
Mittlerweile sei er auch gesundheitlich angeschlagen durch den Stress. „Mich kostet das jeden Tag nur Nerven.“ Als dann der Verein eines dienstags - normalerweise sei Nußbaum dann nicht vor Ort - vor fünf oder sechs Wochen mit Krombacher ins Stadthotel gekommen sei, habe er gesagt, dass er auch bereit sei, eher zu gehen. „Ich weiß gar nicht, was ich den Gästen noch erzählen soll“, sagt Nußbaum. Gut 15 Immobilienverwalter buchten regelmäßig Räume bei ihm, um Nebenkostenabrechnungen zu machen. 17 Kegelvereine, Stammtische und andere Vereine seien Stammgäste im Haus.
„All diesen Leuten haben wir gesagt, wir haben Kolping mehrmals gefragt, wie es mit dem Haus weitergeht. Aber es kam keine Stellungnahme“, so der Gastronom. „All‘ diese Vereine verlieren ihre Heimat. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie vielen Firmen und Events ich für das kommende Jahr schon absagen musste.“ Er wisse einfach nicht, was mit dem Haus passiert.
Und eigentlich hätte er seinem Nachfolger den Start gern so einfach wie möglich gemacht. Mit einer Reihe von Buchungen für die Zukunft. Aus seiner Sicht sei das Verhalten des Kolpinghaus-Vereins grob fahrlässig, auch wirtschaftlich.
Das Restaurant hat Nußbaum Anfang Juni nicht mehr aufgemacht. Aktuell betreibt der Gastwirt noch den Biergarten, der auch immer noch gut angenommen werde. Ansonsten habe er mit dem Haus gedanklich schon abgeschlossen. Denn er und Bettina Schriever haben in Schleswig-Holstein eine neue Gastronomie gefunden. Während Bettina Schriever schon seit Anfang Juni vor Ort ist, will Horst Nußbaum die Gastronomie in Werne zu einem ordentlichen Abschluss bringen. „Ich ziehe das so lange durch wie es geht.“

Christoph Böckenbrink ist Mitglied des Kolpinghaus-Vereins, der sich um das Kolpinghaus samt Stadthotel und Restaurant als Verpächter kümmert. © Archivfoto Jan Hüttemann
Auch die Seite des Kolpinghaus Werne e.V. wollten wir zu dieser Sache hören. „Es gibt dazu nicht viel zu sagen“, sagt Christian Böckenbrink vom Kolpinghaus-Verein am Montag (4. Juli) auf Anfrage. „Für uns ist das ein ganz normaler Vorgang.“ Was er damit meint, ist die 5-Jahres-Pacht, die nun mit Horst Nußbaum auslaufe. Dass man nun zu sofort einen neuen Pächter suche, sei auf Wunsch von Horst Nußbaum geschehen: „Er sagte, wenn es früher geht, würde er auch früher gehen.“
„Warum wir uns nicht einig geworden sind, geht Öffentlichkeit nichts an“
Warum aber hat man keine einvernehmliche Lösung gefunden, um die Pacht zu verlängern? Denn immerhin sind derartige Immobilien nicht immer schnell weitervermietbar, so unsere Frage: „Warum wir uns nicht einig geworden sind, das sind interne Sachen, das geht die Öffentlichkeit nichts an“, so Böckenbrink. Zu dem Vorwurf, der Verein habe Nußbaum keine Entschädigung für die durch den Dachschaden nicht vermietbaren Zimmer angeboten, sagt er: „In 3 Wochen waren alle Schäden behoben. Wir haben darüber gesprochen. Die Versicherung wurde nicht gezogen. Es ging um zwei Zimmer von 17.“ Für die entgangenen Einnahmen gebe es Ausfallversicherungen. Und in der Pandemie sei die Nachfrage nach Zimmern so nicht da gewesen, meint Böckenbrink.
Kolping verweist auf Denkmal-Status des Daches
Zu dem Vorwurf, der Verein habe sich nicht bereits zuvor um das Dach gekümmert, sagt Böckenbrink: „Wir haben hier ein Denkmal. Wenn der Dachdecker sagt ‚Lass es so‘, dann glaube ich dem Dachdecker. Wir sind in ständigem Kontakt. Er hat immer wieder auf Nachfrage gesagt, ‚Solange die Pfannen nicht kaputt sind, mach da nix dran‘.“
Und dann ist da noch die Sache mit den 17 neuen Zimmern. Böckenbrink: „Natürlich ist keines mehr neu gemacht worden. Es stand aber nichts im Vertrag, es war angedacht. Aber in welchem Abstand, steht in keinem Vertrag.“ Auch, weil man nicht gewusst habe, wie es mit der Corona-Pandemie weitergehe, habe man in dieser Zeit nicht investiert. Die Zimmer seien in Ordnung, auch wenn natürlich immer mal wieder etwas gemacht werden müsse.
„Natürlich wollen wir, dass das Haus so schnell wie möglich als Hotel und Restaurant weitergeführt wird. Es wird alles [kleine Reparaturen, Anm. d. Red.] so schnell wie es eben geht gemacht“, so Böckenbrink. Wenn man nicht zu sofort jemand Neues finde, sei das eben so, so das Vereinsmitglied. „Ich glaube aber, dass wir jemanden finden werden.“
Gebürtige Münsterländerin, seit April 2018 Redakteurin bei den Ruhr Nachrichten, von 2016 bis 2018 Volontärin bei Lensing Media. Studierte Sprachwissenschaften, Politik und Journalistik an der TU Dortmund und Entwicklungspolitik an der Philipps-Universität Marburg. Zuletzt arbeitete sie beim Online-Magazin Digital Development Debates.
