Peter Telgmann war gemeinsam mit seiner Mutter, Schwester und Freundin in der Ahr-Region, um Helfern und Anwohnern ein Eis zu spenden. Die Werner haben dabei viel Dankbarkeit und katastrophale Zustände in der Unwetter-Region erlebt.

© Peter Telgmann

„Unfassbar, dass ein Eis so glücklich machen kann“: Peter Telgmann teilt Eis in Krisenregion aus

rnHilfsaktion in Krisenregion

Die Freude der Menschen über sein Eis treibt Peter Telgmann (19) aus Werne an. Wie dankbar man für einen Becher Eis sein kann, hat die Familie Telgmann bei ihrem Einsatz in der Unwetter-Region erfahren.

von Andrea Wellerdiek

Werne

, 17.08.2021, 17:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Strahlende Kinderaugen seien sein größer Ansporn, erklärte Peter Telgmann immer wieder. Für seine Eis-Produktion steht der 19-Jährige gern früher auf oder verzichtet auf Freizeit. Viele Menschen konnte der Jungunternehmer aus Werne schon mit seinem „Eis Berger“ glücklich machen. Doch das, was er am Wochenende erlebt hat, übertrifft alles, was er seit dem ersten Eis-Verkauf 2017 erlebt hat. Peter Telgmann gab 2500 Becher Eis in der Unwetter-Region rund um die Ahr aus.

„So eine Dankbarkeit habe ich noch nie erlebt. Ich hätte nie gedacht, dass ein Eis so glücklich machen kann. Das ist einfach unfassbar“, sagt der 19-Jährige. Gemeinsam mit seiner Mutter, Schwester und Freundin machte er sich am Sonntagmorgen (15. August) in Richtung Ahr-Region auf, um sein Eis zu verteilen. 2500 Becher hat das Quartett an verschiedenen Orten an Helfer und Anwohner ausgegeben. „Wir sind einfach dahin gefahren, wo man hinkommen konnte“, erzählt Peter Telgmann. Eine nicht völlig zerstörte Brücke habe er gezählt, ansonsten waren es provisorisch errichtete Konstruktionen der Bundeswehr.

Unvorstellbare Eindrücke für Familie Telgmann aus Werne

„Ich habe zwar viele Fotos gesehen und mit vielen Freunden, die vor Ort mithelfen, gesprochen. Aber man kann es sich nicht vorstellen, wie es dort aussieht, wenn man es nicht selbst gesehen hat. Man steht dort vor Trümmerhaufen und kann sich nicht vorstellen, dass da mal ein Haus gestanden hat. Das Leid der Menschen ist der Wahnsinn“, sagt der 19-Jährige. Für ihn war schnell klar, dass er in der stark vom Unwetter betroffenen Region helfen will.

Lange hatte er gemeinsam mit der Familie überlegt, wie sie unterstützen kann. Er selbst ist dann auf die Idee gekommen, Eis in die Region zu bringen. „Das ist eine Kleinigkeit, die wir dazu beitragen können, als Lichtblick für die Anwohner und Helfer.“ Für manche allerdings war es mehr als das.

Dort, wo einmal die Schienen des Bahnverkehrs zu sehen waren, liegen heute Trümmerteile. Dazwischen gönnen sich diese beiden Helfer eine Pause - mit einem „Eis Berger“.

Dort, wo einmal die Schienen des Bahnverkehrs zu sehen waren, liegen heute Trümmerteile. Dazwischen gönnen sich diese beiden Helfer eine Pause - mit einem „Eis Berger“. © Peter Telgmann

So erzählt Peter Telgmann von einer Frau, die Geld geben wollte für das gespendete Eis. Die Familie Telgmann lehnte das ab. „Wir wollen euch gerne einen Tag versüßen mit unserem Eis“, sagte Peter Telgmann zu der Frau und den vier Kindern, die gerade ein Eis verputzt hatten. „Das lässt die Kinder für einen Tag wieder Kind sein“, habe die Frau daraufhin gesagt. „Das war einfach unbeschreiblich. Für sie waren wir die Helden des Tages. Ich bekomme wieder Gänsehaut, wenn ich das erzähle“, so Telgmann weiter.

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Er und seine Familie müssen das Erlebte erst einmal verarbeiten. „Es sind Eindrücke, die extrem unter die Haut gehen“, sagt der 19-Jährige. Auch die Gespräche, die die Familie mit den Betroffenen führte, bleiben unvergessen. So habe eine Anwohnerin berichtet, dass sie noch gar nicht wissen würde, ob ihr Haus überhaupt gerettet werden kann. Während das Nachbarhaus abgerissen werden sollte, räumte sie weiter auf an ihren vier Wänden - oder an dem, was noch davon übrig geblieben ist.

Kurzerhand Eis für Ahr-Region produziert

„Wir wurden aber auch angesprochen von Anwohnern, die auf ihrem Balkon gesessen hatten in der dritten Etage. Das war alles, was noch übrig geblieben ist. Alles da drunter war kaputt“, erzählt Telgmann.

Peter Telgmann hat 2500 Dosen Eis in der vom Unwetter stark betroffenen Region an der Ahr ausgegeben. Es soll nicht bei einer einmaligen Aktion der Familie Telgmann bleiben, verrät der 19-Jährige.

Peter Telgmann hat 2500 Dosen Eis in der vom Unwetter stark betroffenen Region an der Ahr ausgegeben. Es soll nicht bei einer einmaligen Aktion der Familie Telgmann bleiben, verrät der 19-Jährige. © Peter Telgmann

Strom, Wasser oder ein Dach über den Kopf - alles, was selbstverständlich ist, ist für viele Menschen in der Ahr-Region nicht mehr selbstverständlich. Genauso wie ein Gang zur Eisdiele. „Die Menschen hatten Tränen in den Augen, als wir ihnen einen Becher Eis gegeben haben. Es ist doch nur ein Becher Eis.“ Und der sorgte nicht nur für strahlende Gesichter, sondern auch für eine gewisse Abkühlung bei mehr als 30 Grad und Sonnenschein.

Mit Blick auf den Wetterbericht war für Peter Telgmann klar, dass er Sonntag das Eis verteilen wollte. Kurzerhand hatte er deshalb noch tags zuvor das Eis produziert. Dafür spendete sein Großhändler Rohstoffe, ein Becher-Produzent die Becher und eine Druckfirma die Etiketten.

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