
© Andrea Wellerdiek
„Peter, du spinnst!“: Peter Telgmann (18) und die Hürden der Selbstständigkeit
Jungunternehmer aus Werne
Mit 14 hat er sein erstes selbst produziertes Eis verkauft, mit 18 Jahren ist er ein erfolgreicher Jungunternehmer. Wie er die Selbstständigkeit meistert, erklärt Peter Telgmann im (Video-)Interview.
Alles dreht sich um sein Eis. Nachdem Peter Telgmann (18) das erste Mal ein eigenes Speise-Eis hergestellt hat, möchte er am liebsten nichts anderes mehr machen. Der umtriebige Jungunternehmer hat seit zwei Jahren seine eigene Eisdiele in Stockum. Das bedeutet neben viel Arbeit und Bürokratie vor allem Durchhaltevermögen. Denn während andere in seinem Alter feiern gehen und vor allem viel Freizeit genießen möchten, muss er oft absagen. Stattdessen steht er an seinen Eismaschinen, um neue Eis-Ideen für seine Marke „Eis Berger“ zu kreieren. Wie der wohl jüngste Unternehmer in Werne die Herausforderungen der Selbstständigkeit meistert, erklärt der 18-Jährige im Interview.
Der Weg in die Selbstständigkeit ist - vor allem als junger Erwachsener - kein leichter. Gab es Momente, in denen du alles hinschmeißen wolltest?
Ja, das war vor allem in der Anfangsphase so. Nicht jeder Tag läuft super. An schlechten Tagen, wenn es hier ruhiger war in der Eisdiele, habe ich mich schon gefragt: ‚Wofür machst du das eigentlich?‘ Da gab es auch Momente, in denen ich keinen Bock mehr hatte.
Und wie kannst du dich dann wieder neu motivieren?
Meine Familie motiviert mich. Ich bin aber auch sehr aktiv bei Instagram und Facebook unterwegs. Und wenn ich da die Reaktionen der Kunden sehe, wenn ich Bilder von den Leuten im Garten sehe mit einem Eis Berger in der Hand, dann ist das mein Antrieb. Wenn sich die Leute über mein selbst produziertes Produkt freuen, dann ist das der größte Ansporn für mich.
Statt Selbstständigkeit stehen für viele in deinem Alter wohl eher Party und viel Freizeit auf dem Programm. Wie ist es für dich, absagen zu müssen oder abends früher nach Hause gehen zu müssen?
Meine Freunde wissen schon genau, dass ich nicht der Letzte auf einer Party bin, der nach Hause geht. Für mich ist es relativ früh abends vorbei. Aber ich weiß, wofür ich das mache. Mir macht es Tag für Tag mehr Spaß. Es ist einfach schön, selber seinen Ideen freien Lauf lassen zu können. Und ich muss auch nicht groß in Urlaub fahren oder viel unterwegs sein. Ich kann auch nicht so gut einfach nur chillen und gar nichts machen. Ich muss immer etwas zu tun haben. Und ich bin einfach gern hier beim Eis. Das Eis ist ja auch mein größtes Hobby, das mir einfach sehr viel Spaß macht.
Und wie sind die Reaktionen deiner Freunde? Schütteln sie auch manchmal den Kopf, wenn du von deinen außergewöhnlichen Ideen erzählst?
Manchmal sagen sie schon ‚Peter, du spinnst!‘ oder ‚Peter, du bist doch verrückt!‘ Das war zum Beispiel beim Spargel-Eis so. Das war nicht jedermanns Sache. Das war auch eher eine Spaß-Idee von mir und Johannes Laurenz vom Hof Schulze Blasum. Aber ich sage auch immer: Wenn man nichts ausprobiert, weiß man auch nicht, ob es funktioniert. Man kann ja nichts falsch machen. Man kann nur dazulernen. Aber generell ist es so, dass mich meine Freunde super unterstützen.

Peter Telgmann hat kreative und manchmal kuriose Ideen rund um sein Eis. Manchmal muss er sich einige Sprüche von seinen Freunden anhören. „Man muss sich ausprobieren, um zu erkennen, ob etwas funktioniert oder nicht“, sagt Peter Telgmann dazu. © Andrea Wellerdiek
Wenn du deine Ideen vorstellst, dann sprichst du oft von „wir“: Aber eigentlich machst du doch vieles alleine, oder?
Ich bin zwar der ‚Hauptartist‘, wie ich immer so schön sage. Ich bin für das Eis und hier in der Eisdiele zuständig. Aber wir sind ein Familienunternehmen. Und ohne meine Familie würde es nicht gehen. Meine Familie stärkt mir den Rücken und unterstützt mich sehr. Das gilt auch für den bürokratischen Teil.
Das ist bestimmt eine Aufgabe, die dir weniger Spaß bereitet, oder?
Ja, das stimmt schon. Aber das gehört natürlich dazu. Man muss es lernen. Das gilt auch für Beschwerden und Anregungen. Zum Beispiel wenn es um den Preis eines Eis-Bechers geht: 4,90 Euro sind zu teuer, sagen manche. Dann erkläre ich, dass ich ohne Aromen arbeite und nur regionale Produkte verwende und, dass Qualität die höchste Priorität bei mir hat. Ein solches Produkt kann man nur für einen bestimmten Preis anbieten. Wenn ich dann mit Kunden darüber spreche, sagen meine Freunde schon ‚Wie kannst du dabei so ruhig bleiben?‘
Was ist denn die größte Herausforderung für dich in der Selbstständigkeit?
Durchhaltevermögen zu beweisen, ist das schwierigste. Es gibt gute und schlechte Tage und das Eis-Geschäft ist ein Saisongeschäft und extrem wetterabhängig. An ruhigen Tagen habe ich schon gezweifelt. Aber nach einem Tal kommt auch wieder ein Berg. Es gehört auch dazu, Fehler zu machen. Aber ich bin ein kleiner Perfektionist und möchte alles richtig machen. Anfangs wollte ich überall sein und vieles gleichzeitig machen. Jetzt konzentriere ich mich auf eine Sache und die mache ich dann zu 100 Prozent.
Eine deiner neuen Errungenschaften ist der Eis-Automat, der vor deiner Eisdiele in Stockum steht. Wie bist du auf diese Idee gekommen?
Die Idee ist aufgrund der Corona-Krise entstanden. Für mich war klar, dass ich weder in meiner Eisdiele in Stockum noch im Geschäft am Markt in Werne mein Eis im Direktverkauf anbieten werde. Ich möchte nicht mit den Handschuhen, mit denen ich das Geld anfasse, auch die Eishörnchen anfassen. Zum Schutz unserer Mitarbeiter und der Kunden verzichte ich lieber auf den Direktverkauf. Die Gesundheit ist für uns alle am wichtigsten. Aber weil ich die Kunden weiter mit meinem Eis versorgen möchte, kam mir die Idee mit dem Eis-Automaten.

Sieben feste Sorten bietet Peter Telgmann in seinem Eis-Automaten immer an. Zwei bis drei weitere Sorten kommen im Zwei-Wochen-Rhythmus hinzu. Ein Becher kostet 4,90 Euro (250 ml Inhalt). © Andrea Wellerdiek
Und wie schnell ging es dann, bis man das erste Eis aus dem Automaten in Stockum kaufen konnte?
Ich hatte mit verschiedenen Herstellern Kontakt. Es war eigentlich kein Problem, Eis am Stiel anzubieten. Aber ich wollte natürlich mein Eis in Bechern anbieten. Erst war die Enttäuschung groß, ob es überhaupt klappt. Aber dann bin ich im April mit meinem Vater nach Rheinbach zu einem Hersteller gefahren. Wir haben ein Eis eingepackt. Ausprobieren und Fragen kostet nämlich nichts. Und es hat dann tatsächlich gepasst. Das hat mich riesig gefreut. Dann haben wir gleich einen Eis-Automaten gekauft. Zum Glück sind wir direkt mit einem großen Bulli hingefahren. Das war am 20. April. Und zwei Tage später stand der Eis-Automat dann schon bestückt vor der Eisdiele.
Du machst gerade eine Ausbildung zum Konditor im eigenen Familienbetrieb. Wie kannst du denn bisher deine Selbstständigkeit und deine Ausbildung unter einen Hut bringen?
Das ist nur möglich, weil ich meine Ausbildung im Familienbetrieb mache. Meine Familie unterstützt mich super und ich kann beides gut miteinander kombinieren. Das Eis ist ein Saisongeschäft. In der Winterzeit bin ich dann mehr in der Konditorei. Aber auch die Herstellung von Speiseeis ist ein Teil meiner Ausbildung zum Konditor. In der nächsten Woche steht meine Gesellenprüfung an. Dann bin ich fertig mit meiner Ausbildung.
Wirst du irgendwann den Familienbetrieb übernehmen?
Ja, das ist schon der Grundgedanke, dass ich den Betrieb irgendwann übernehmen werde. Was dann mit dem Eis passiert, weiß ich nicht.