Firmenchef Marko Mecke führt ein Pferd an der Viehsammelstelle in Werne. Auch der Nabu hat kranke Tiere für die Notschlachtung nach Werne gebracht. Bei der Abwicklung hat der zuständige Mitarbeiter nie Auffälligkeiten erlebt. Ganz im Gegenteil.

© Soko Tierschutz

„Es gab keinen Grund, misstrauisch zu werden“: Nabu schickte Pferde zu Mecke

rnTierquäler-Skandal

Der Nabu brachte kranke Pferde zur Schlachtung zu Mecke nach Werne. Der Nabu-Experte habe stets einen guten Umgang mit Tieren erlebt und war bei zwei Tötungen dabei. Beim dritten Pferd muss er passen.

von Andrea Wellerdiek

Werne, Kreis Unna

, 27.08.2021, 08:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Drei Notfälle habe es in den vergangenen zehn Jahren gegeben. Drei Konikpferde, die wild in der Weidelandschaft leben, brachte Kristian Lilje (49) zur Firma Mecke nach Werne, um sie notschlachten zu lassen. Lilje ist seit 2004 und damit seit Anfang an für die Weidelandschaften im Naturschutzbund (Nabu) der Naturschutzstation Münsterland zuständig.

In den vergangenen zehn Jahren mussten drei Pferde notgeschlachtet werden. Und zwar bei der Firma Mecke in Werne. Auffälligkeiten oder Hinweise auf Tierquälerei habe er nie feststellen können. Im Gegenteil: Bei der Übergabe der Pferde habe er einen guten Umgang mit den Tieren von Mitarbeitern und Marko Mecke selbst erlebt. Von einer Viehsammelstelle habe er nichts gewusst, sagt Kristian Lilje.

„Umgang war jedes Mal professionell“

Lilje kümmerte sich nach eigenen Angaben in allen drei Fällen selbst um den Transport zu Mecke. Bei jedem Fall habe er mit Marko Mecke oder dessen Vater Richard zu tun gehabt. Die ersten beiden Tieren - eine Stute im Mai 2011 und einen Hengst im Juni 2013 - habe er zu der Schlachterei an der Metzgerei von Mecke an die Lippestraße gebracht, wie Lilje erzählt. Dabei habe er beide Tiere bis in den Tod erlebt.

Das Archivbild zeigt Konik-Pferdes des Nabu in der Emmerbachaue.

Das Archivbild zeigt Konik-Pferdes des Nabu in der Emmerbachaue. © NABU

„Der Umgang war jedes Mal professionell. Die Tiere wurden vom Hänger geführt und dann vor Ort mit einem Bolzenschuss und Kehlschnitt getötet. Es war kein Stress für die Tiere. Es war der beste Weg, wie man es machen kann. Und es gab keine Gewaltanwendung“, erzählt Lilje, der die beiden ersten Notschlachtungen der Konikpferde bei Mecke beobachtet hat.

Jetzt lesen

Das dritte Pferd - ein Hengst im Januar 2015 - habe er wieder für eine Notschlachtung zu Mecke bringen wollen. Marko Mecke wiederum habe ihn dann kurzfristig mitgeteilt, dass er nicht wie Tags zuvor besprochen, zur Schlachterei an der Lippestraße kommen sollte, sondern „aus organisatorischen Gründen“ an eine andere Adresse. Und zwar zu einem Pferdehof. Dieser liegt nach Recherchen unserer Redaktion neben der zweiten Schlachterei der Firma Mecke am Froningholz.

Marko Mecke habe ihm gesagt, dass es Komplikationen wegen anderen Schlachtungen gegeben hätte. Genau erinnern kann sich Lilje aber nicht mehr an den Wortlaut. Zweifel hatte er nach eigenen Angaben indes keine zu diesem Zeitpunkt. Er gab stattdessen die neue mitgeteilte Adresse ins Navi ein und fuhr nach Werne.

„Keine Anhaltspunkte, dass Mecke krumme Sachen macht“

Angekommen auf dem Reiterhof habe er ebenso keine verdächtigen Handlungen von Mecke oder Mitarbeitern erlebt. Zwei Personen in Reitkleidung hätten den Hengst, der stark gelahmt hat und deshalb zur Notschlachtung sollte, aus dem Hänger geführt. „Das Pferd wurde den Reitern völlig zugewandt in eine Box in einen Stall geführt. Es gab keinen Grund, misstrauisch zu werden“, sagt Lilje.

Kristian Lilje ist beim Nabu der Naturschutzstation Münsterland für die Weidelandschaften und damit die Konikpferde zuständig.

Kristian Lilje ist beim Nabu der Naturschutzstation Münsterland für die Weidelandschaften und damit die Konikpferde zuständig. © Nabu

Er habe sich auch bewusst dafür entschieden, das Pferd direkt nach Werne zu bringen. Hätte er noch gewartet, hätte er damit das Tierleid noch verlängert, sagt er. „Es gab keine Auffälligkeiten. Es gab keine Anhaltspunkte, dass Mecke krumme Sachen macht. Ich habe gedacht, dass das Tier in guter Obhut sei. In der Vergangenheit hatte ja auch immer alles gut geklappt. Zwei Mal ist das Vertrauen zuvor nicht missbraucht worden.“

Mecke habe ihm gesagt, dass das Pferd noch am selben Tag geschlachtet werden würde. Ob er sein Wort gehalten hat, weiß Lilje nicht. Mit der Vertragsabwicklung, die er nach eigenen Angaben immer mit Marko oder dessen Vater Richard Mecke durchgeführt habe, habe sich für ihn die Angelegenheit erledigt. Als Tierhalter habe er etwa vor dem Verkauf versichern müssen, ob es Medikamente zugefügt bekommen hat. Auch hierbei habe er „nichts Auffälliges“ festgestellt.

Kritik der Soko Tierschutz

Dass diese Tiere überhaupt not geschlachtet wurden, moniert Friedrich Mülln von der Soko Tierschutz. „Warum kann man das Pferd nicht stattdessen einschläfern? Einen Hund schläfert man ja auch ein“, sagte er jüngst beim Bürgergespräch in Werne. Diese Kritik weist Kristian Lilje vom Nabu zurück, ordnet sie sogar als absurd ein. „Es ist nichts Verwerfliches, ein Tier notzuschlachten. Für viele ist es alternativlos“, sagt der 49-Jährige.

Man könne dies keineswegs mit dem Einschläfern eines Hundes vergleichen. „Einen Hund kann man nicht schlachten. Die Pferde haben wir nicht einschläfern lassen, weil wir sie einer weiteren Verwertung zuführen wollten. Wir halten Pferde nicht, um sie zu schlachten, sondern aus landwirtschaftlichen Gründen, um die Weideflächen so natürlich wie möglich zu bewirtschaften. Wir geben sie zur Notschlachtung, wenn wir das Tierleid nicht mehr abwenden können“, erklärt Lilje.

Jetzt lesen

Bei den drei Pferden, die zu Mecke gebracht worden sind, habe es keine Therapiemöglichkeiten mehr gegeben. Für eine Notschlachtung dieser kranken Tiere habe Marko Mecke eine der wenigen Anlaufstellen geboten. „Mecke war weit und breit dafür bekannt, dass er Notschlachtungen bei Pferden durchführt“, sagt Lilje.

In der Vergangenheit habe man sich sehr selten für eine Notschlachtung entscheiden müssen. Auf den fünf Weidelandschaften, die der Nabu seit 2004 bewirtschaftet, leben die Konikpferde weitestgehend selbst bestimmend. „Wir machen das wie landwirtschaftliche Tierhalter. Den Ertrag, den wir erzielen wollen, ist die größtmögliche Diversität auf Flächen zu generieren.“

Jetzt lesen

Den Vorwurf der Soko Tierschutz, der Nabu verdiente an dem Verkauf der Pferde an Mecke, kommentiert der Nabu-Verantwortliche so: „Es ist nicht unser Geschäftsmodell, Pferde zu schlachten. Wir haben bei allen drei Tieren draufgezahlt.“ Für das dritte Tier bekam der Nabu beispielsweise 350 Euro. Der Hengst lahmte stark und sollte deshalb erlöst werden, die anderen beiden Pferde litten an Hufrehe oder Sommerräude.

Künftig werde man nicht mehr mit der Firma Mecke zusammenarbeiten. „Das Vertrauen ist nachhaltig gestört“, sagt Lilje. Wenn es zu Notschlachtungen kommen sollte, werde man künftig zudem verstärkt prüfen, wie und wann diese durchgeführt wurden.

Jetzt lesen
Jetzt lesen

Schlagworte: