
© Dominik Gumprich (Archiv)
Von der Theke an den Schreibtisch: So geht es der Burgtreff-Wirtin nach dem Berufswechsel
Glücklich in Werne
Angela Kowalski (34) betrieb mehrere Jahre den „Burgtreff“ in Werne. Vor gut einem Jahr gab sie die Kneipe auf. Seither arbeitet sie in einem ganz anderen Beruf. Hat die Krise sie glücklicher gemacht?
Angela Kowalski muss nicht lange überlegen, als wir sie danach fragen, wie es ihr nach ihrem beruflichen Wechsel von der Theke an den Schreibtisch geht: „Mein Leben hat sich quasi um 180 Grad gedreht - aber ich fühle mich rundum wohl und bereue meine Entscheidung nicht“, sagt die 34-jährige Wernerin.
Vor rund einem Jahr hatte sie sich dazu entschlossen, ihr damaliges berufliches Kapitel zu beenden. Sie gab die Kneipe „Burgtreff“ auf und widmete sich ihrem gelernten Beruf. Seither arbeitet sie als technische Produktdesignerin bei einem Unternehmen in Bergkamen.
Zapfhähne im Werner Burgtreff blieben trocken
Die Corona-Krise hatte damals zur Folge, dass die Zapfhähne im Burgtreff fast ein Jahr lang trocken geblieben waren. Dann zog die Wirtin, die einst selbst als Aushilfe hier arbeitete und später zur Chefin wurde, einen Schlussstrich. Aber nicht nur, weil die Aussichten auf schnelle Besserung für die Gastro-Szene eher mau waren. „Es war nie mein Ziel, hinter der Theke zu stehen, bis ich alt bin. Das habe ich auch immer so gesagt“, so Kowalski.
Natürlich vermisse sie das Treiben in der Kneipe manchmal. Es sei eine schöne Zeit gewesen, an die sie sich immer gerne erinnern werde. Auf der anderen Seite genieße sie nun aber ihre neuen Freiheiten. Die bestehen unter anderem darin, an Wochenenden nicht mehr arbeiten zu müssen. Dass sie nun nicht mehr ihre eigene Chefin ist, stört die 34-Jährige nicht. Die Umstellung sei ihr nicht allzu schwer gefallen: „Das wäre vielleicht anders gewesen, wenn ich 20 oder 30 Jahre selbstständig gewesen wäre. Aber so war es okay.“
Zumal sie mit ihrem derzeitigen Chef prima klar komme und sogar ihren Hund mit ins Büro nehmen könne, wie sie mit einem Schmunzeln ergänzt. Home Office war für Kowalski allerdings immer tabu. Womöglich wäre sie in den eigenen vier Wänden zu sehr abgelenkt. Und durch das Pendeln schaffe man auch eine gewisse Trennung zwischen Privatleben und Beruf, sagt die Ex-Wirtin. Sie habe schließlich damals auch nicht im Burgtreff gelebt. Zu einigen ihrer Aushilfen von früher hat die Wernerin auch heute noch Kontakt: „Denen ist es zum Glück gut ergangen. Sie haben neue Jobs bekommen.“
Welche Folgen hatte die Pandemie für die Werner?
Das alles klingt nach einem verhältnismäßig sorgenfreien Cut in der beruflichen Vita. Doch ist Kowalski da eine echte Ausnahme oder geht es anderen genauso? Das wollten wir durch eine kleine Umfrage herausfinden, an der sich rund 100 Werner beteiligt haben. Wir wollten wissen, wie sich die Pandemie auf ihr Leben ausgewirkt hat – unter anderem mit Blick auf den Beruf.
Das Ergebnis: 32 Prozent der Umfrageteilnehmer gaben an, ihre berufliche Situation habe sich durch Corona insgesamt „gar nicht verschlechtert“. Bei jedem Fünften hat sich die Situation sogar „eher verbessert“. Allerdings gaben auch gut 45 Prozent der Umfrageteilnehmer an, dass sich ihre Situation verschlechtert habe, teils sogar „sehr deutlich“.
Durchaus überraschend erscheint der Blick ins Portemonnaie beziehungsweise aufs Bankkonto. Denn fast 80 Prozent der Teilnehmer gaben an, ihr Einkommen habe sich durch Corona nicht verschlechtert. Bei jedem Vierten hat es sich sogar verbessert. Womöglich trägt diese Entwicklung auch einen Teil dazu bei, dass sich gut 67 Prozent der Teilnehmer wegen Corona keine Sorgen um ihre berufliche Zukunft machen. Ähnlich wie dies nun wohl auch Angela Kowalski tut.
Geboren 1984 in Dortmund, studierte Soziologie und Germanistik in Bochum und ist seit 2018 Redakteur bei Lensing Media.
