Neuen Wohnraum zu schaffen, ist das erklärte Ziel der Politik. Das gilt sowohl auf Bundes- als auch auf Landes- und Kommunalebene. Was in der Theorie gut klingt, war in der Praxis zuletzt kaum umzusetzen. Die jüngsten Entwicklungen waren vielmehr alarmierend. Denn tatsächlich ist die Baubranche nach langen Jahren der Hochkonjunktur in die Krise gerutscht. Das belegen unter anderem die Zahlen der Baugenehmigungen.
Laut Angaben des Landesinstituts IT.NRW sind diese im Bereich des Wohnungsbaus 2023 deutlich eingebrochen. 9955 Genehmigungen waren es in diesem Jahr. Zum Vergleich: 2022 lag die Zahl noch bei über 16.000 und 2021 bei über 18.000.
Auch in Werne sind die Zahlen im vergangenen Jahr deutlich zurückgegangen. Während 2022 noch 87 Wohneinheiten geschaffen wurden, waren es 2023 lediglich noch 34. In 14 Fällen handelte es sich dabei um Einfamilienhäuser. Und genau hier liegt auch einer der Gründe für den Rückgang.
„Allein für das Baugebiet im Baaken gab es 2022 mehr als 20 Anträge. Hinzu kam noch das Baugebiet am Eikawäldchen“, sagt Petra Göbel, Leiterin der Abteilung Bauordnung und Denkmalpflege bei der Stadt Werne. Genau in diesen Gebieten entstanden mehrere Einfamilienhäuser. Die stadtweite Statistik weist für das Jahr 2022 in Werne stolze 46 Einfamilienhäuser auf.

Weniger Anträge für Eigenheime in Werne
Von allen Bauanträgen im Bereich Wohnungsbau, die bei der Stadt 2023 eingingen, ist laut Göbel lediglich ein einziger abgelehnt worden. Das hängt allerdings auch damit zusammen, dass die Stadt den Antragstellern in der Regel dazu rät, ihren Antrag zurückzuziehen und zu überarbeiten, sofern dieser nicht genehmigungsfähig ist.
Um den Antrag auf Vollständigkeit zu prüfen, hat die Behörde zehn Arbeitstage Zeit. Die anschließende Bearbeitungszeit variiert teilweise stark. Es gibt Fälle, die innerhalb weniger Tage abgeschlossen sind - und solche, die kompliziert sind und sich über Monate ziehen. Im Durchschnitt beträgt die Bearbeitungsdauer beim Werner Bauamt etwa 30 Tage.
Abgesehen von freien Bauplätzen, fehlte den potenziellen Häuslebauern zuletzt auch das nötige Geld. Darauf deuten zumindest weitere Zahlen hin. Es gibt laut Göbel nämlich nicht nur weniger Wohnungsbauanträge, sondern auch weniger Anträge für kleinere Bauvorhaben. Zur Hochphase der Pandemie, als Urlaubsreisen nicht mehr möglich waren, investierten viele Eigenheimbesitzer ihr so gespartes Geld in die eigenen vier Wände. Dementsprechend gingen beim Werner Bauamt zahlreiche Anträge für Wintergärten und Dachgauben ein. Das ist nun nicht mehr in diesem Ausmaß der Fall.
Beschäftigungslos ist das Bauamt deswegen aber nicht. „Wir hatten im vergangenen Jahr so viele Aktenzeichen wie lange nicht mehr. Dabei ging es häufig um Beratung wegen der Landesbauordnung.“ Für Verunsicherung sorgten in diesem Zusammenhang neue Regelungen, die zunächst in einem Erlass festgehalten und schließlich zum 1. Januar 2024 im Gesetz verankert wurden. Allen voran die Vorgaben für Solaranlagen und Wärmepumpen führten zu Streitfällen. Selbst Architekten wussten nicht mehr so recht, was denn erlaubt ist und was nicht.

Beschwerden gab es in Werne auch mit Blick auf Garagen mit einer Größe bis zu 30 Quadratmetern. Für die braucht man zwar keine Baugenehmigung mehr, muss sich aber dennoch an bestimmte Vorgaben halten. Gleiches gilt für Gartenhäuschen. Wenn hier ein Eigentümer gegen die Regeln verstoßen habe, so sei dies wohl meist aus Unwissenheit geschehen und nicht in böswilliger Absicht, so Göbel: „Zum Teil konnten wir diese Bauten nachträglich genehmigen. Aber in einigen Fällen waren auch Rückbauten nötig.“
Und wie steht es um eine Prognose zur Bautätigkeit in naher Zukunft? Die Frage stellt sich nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass Wernes Politik kürzlich nur mit einer hauchdünnen Mehrheit für einen von der Verwaltung erstellten Katalog gestimmt hat, der für alle künftigen Neubaugebiete gelten soll. Darin sind strikte und detaillierte Vorgaben mit Blick auf den Klimaschutz festgeschrieben. Es geht unter anderem ums Heizen sowie um Dachbegrünung und PV-Anlagen. Teile der Politik sahen die Maßnahmen kritisch, weil sie Häuslebauer von vornherein finanziell zusätzlich stark belasten würden. Viele könnten sich ein Eigenheim dann nicht mehr leisten, hieß es.
Neues Bauland für neue Bauanträge
Die Leiterin der Werner Bauordnungsabteilung sieht die Sache ein bisschen anders. Sie glaubt nicht, dass die Bautätigkeit durch die Festlegungen abnehmen wird. Der Grund: Viele Eigentümer würden die geforderten Maßnahmen ohnehin schon aus eigenem Interesse ergreifen - zum Beispiel mit Blick auf die Energiekosten. Außerdem seien in dem Katalog lediglich Dinge aufgeführt, die laut Gesetz ohnehin bereits jetzt, oder zumindest in naher Zukunft, greifen würden. Dazu gehört beispielsweise die Pflicht zur Installation von Solaranlagen. Die besteht für Wohngebäude laut §42a der Landesbauordnung NRW grundsätzlich ab dem 1. Januar 2025.
Stimmt diese Prognose, dann dürfte die Planung weiterer Wohngebiete auch langfristig der richtige Weg sein. Denn ohne neues Bauland wird wohl auch kaum die Zahl der Bauanträge wieder steigen.


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