Vogelschützer Andreas Ernst sorgt sich um die Wanderfalken
Taubenzüchter in Verdacht
Die einen würden sie am liebsten loswerden, die anderen schützen sie: Im Streit um die Wanderfalken, die am Schornstein der Papierfabrik nisten, hat sich Vogelschützer Andreas Ernst zu Wort gemeldet. Er habe Angst, ins Visier der Taubenzüchter zu geraten, erklärt der Hobby-Vogelkundler. "Die sind militant."
Die gute Nachricht lautet: "Der erste Jungvogel ist geschlüpft." Andreas Ernst konnte gestern bestätigen, dass die Wanderfalken im Nistkasten am Schornstein der Papierfabrik von vier Eiern das erste erfolgreich ausgebrütet haben. Ernst ist Vogelschützer aus Leidenschaft. Der 58-Jährige gehört keinem Naturschutzverband an. Das hindert den Vredener aber nicht, einen Großteil seiner Freizeit in den Vogelschutz zu investieren. "Ich habe offene Augen und kenne mich ein bisschen aus in der Natur."
2012 habe er kurz hintereinander ein Wanderfalkenmännchen und -weibchen am Schornstein der Papierfabrik beobachtet und daraufhin die Installation eines Nistkastens angeregt. Sowohl die Leitung der Papierfabrik als auch die Untere Landschaftsbehörde beim Kreis Borken hätten das Vorhaben unterstützt. Ernst zeigt Fotos von den Arbeiten mit einer Hebebühne, um den schweren, mit 40 Kilogramm Kies befüllten Kasten an Ort und Stelle zu bringen. "Die Papierfabrik hat das mit enormem finanziellen Aufwand umgesetzt", erklärt Ernst.
Störung durch Laserpointer
Er stehe in Kontakt mit der Betriebsleitung der Fabrik. "Die rufen an, wenn da wieder etwas los ist mit einem Laser." Mehrfach hatten Vogelschützer im Internet beklagt, dass die brütenden Vögel durch Laserpointer gestört würden - mutmaßlich in der Absicht, sie zu vertreiben. Ernst hat Taubenzüchter im Verdacht: "Das versuchen die seit drei Jahren, völlig ohne Erfolg." Zuletzt sei das am 6. März passiert.
Die Falken ließen sich aber so nicht vertreiben, sie kämen spätestens nachts zurück. Einzig erzielter Effekt für die Taubenzüchter aus seiner Sicht: "Das alles kostet mich Nerven, kostet die Züchter Nerven, und die machen sich strafbar." Auch mit Kontaktgift präparierte Taubenkadaver, die gefunden wurden, gingen seiner Ansicht nach auf das Konto von Züchtern. "Es sind nicht alle, aber einige", sagt er. "Die sind militant und machen vor gar nichts Halt!"
Gut gegen Taubenkot
Peter Pavlovic von der Unteren Landschaftsbehörde beim Kreis Borken bestätigt das. "Sie würden nicht glauben, welche Methoden die alle erfinden, um die Wanderfalken von ihren Tauben fernzuhalten", erklärte er auf Anfrage. Pavlovic erinnert an Strafverfahren und Hausdurchsuchungen im Zusammenhang mit Giftködern, die in früheren Jahren entdeckt wurden.
Er habe die Initiative von Ernst begrüßt, erklärt er, "weil wir in dem Gebiet schon länger Probleme mit verwilderten Haustauben hatten." Der Kot der Tauben habe zunehmend hygienische Probleme bereitet. Die Wanderfalken indes seien nicht ausgewildert worden, betont er, sondern aus Süddeutschland eingewandert. "Es gibt nirgendwo in Deutschland legale Auswilderungen."
Wanderfalken
Wanderfalken stehen unter Naturschutz. In Nordrhein-Westfalen waren die Vögel in den 1970er-Jahren zwischenzeitlich ausgestorben. Grund: das Insektizid DDT. Im Kreis Borken gibt es laut Peter Pavlovic fünf bis sieben Brutpaare, „die nicht jedes Jahr erfolgreich brüten“.
Im Sturzflug erreicht der Wanderfalke bis zu 320 Kilometer pro Stunde. Beutetiere sind zu 98 Prozent Vögel, meist Tauben, Stare, aber auch Enten, Pirole, Goldregenpfeifer – und mitunter Fledermäuse. Als Jagdposten suchen sich die Wanderfalken den jeweils höchsten Punkt, gejagt wird im Flug.