Judith Wiltink ist beim Kreis Borken für die Verkehrssicherheit zuständig. Sie zeigt die Technik, die in den modernen Messwagen steckt. Dieser kann übrigens auch in die Gegenrichtung blitzen.

Judith Wiltink ist beim Kreis Borken für die Verkehrssicherheit zuständig. Sie zeigt die Technik, die in den modernen Messwagen steckt. Dieser kann übrigens auch in die Gegenrichtung blitzen. © Carina Strauss

Wenn der „Blitzer-Caddy“ des Kreises in Vreden aktiv ist – und wie er funktioniert

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Wer kennt sie nicht, die berüchtigten „Blitzer-Caddys“. Der Kreis Borken ist mit drei solcher Wagen in der Region unterwegs. Wir durften uns anschauen, wie das funktioniert.

Vreden

, 12.05.2022, 04:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Es ist ruhig in Köckelwick – etwas zu ruhig für die Einrichtung des Blitzerwagens des Kreises Borken. Zwischen den Bäumen, kurz hinter dem Antoniusheim, hat sich der Fahrer postiert. Der Kofferraum und die Türen stehen noch offen, hier werden noch keine teuren Fotos gemacht.

Dass der Wagen am Mittwoch genau hier platziert wurde, hat einen bestimmten Grund. „Beim Antoniusheim handelt es sich um eine sogenannte sensible Einrichtung, sie gilt als besonders schutzwürdig“, erklärt Judith Wiltink, Abteilungsleiterin Verkehrssicherheit im Fachbereich Verkehr bei der Kreisverwaltung Borken. Vor dem Heim gilt Tempo 50. Direkt gegenüber liegt ein Park, Bewohner des Pflegeheims und der Einrichtung für Wohnungslose müssen einmal die Straße queren, um dorthin zu gelangen.

Umfangreiche Vorbereitungen bevor geblitzt wird

Auch wenn nicht viele Fahrer unterwegs sind, von denen, die die Messstelle passieren, sind einige zu schnell. Die Experten vor Ort können aus Erfahrung schon sehr gut einschätzen, wer einige km/h schneller fährt als erlaubt. Bei anderen Fahrern erkennt und hört es auch der Laie auf den ersten Blick. Genau wegen solchen Fahrern ist der Kreis Borken vor Ort.

Doch bevor die Messung losgehen kann, gilt es für den Fahrer einiges zu beachten. Zum einen muss er kontrollieren, ob die Beschilderung in Ordnung ist, damit die Messung später nicht rechtlich angreifbar wird.

Statt eines Beifahrersitzes ist vorne die Technik für die Kontrolle des Gegenverkehrs angebracht. Für die Fahrt muss diese allerdings abgebaut werden.

Statt eines Beifahrersitzes ist vorne die Technik für die Kontrolle des Gegenverkehrs angebracht. Für die Fahrt muss diese allerdings abgebaut werden. © Carina Strauss

Dann wird eingemessen. Mit einem Messrad geht der Fahrer die Messlinie entlang, prüft, wie breit die Straße ist. „Irgendwann bekommt man auch ein Gefühl dafür, ob der Wagen so steht, dass gemessen werden kann“, so Wiltink. Rein theoretisch dürfte sich der Fahrer auch direkt hinter das Geschwindigkeitsschild stellen. Aus Fairnessgründen tut er das aber nicht.

Geblitzt wird am Antoniusheim in beide Richtungen

Dann werden Probefotos gemacht. Die Einstellungen werden über ein Tablet eingerichtet. Die ersten Autofahrer, die an der Messtelle vorbeifahren, müssen sich keine Gedanken, dass sie ein Foto nach Hause bekommen. Damit wird lediglich kontrolliert, ob die Autos im passenden Winkel abgelichtet werden.

Doch dann wird die Anlage im Heck des Wagens scharf gestellt. Diejenigen, die vorbeifahren, während wir vor Ort sind, sind vorschriftsmäßig unterwegs – das gefürchtete rote Blitzlicht bleibt aus. Zumindest für die, die aus Richtung Ottenstein kommen.

Anders sieht es aus bei den Fahrern, die in der Gegenrichtung unterwegs sind. Sie haben zum Teil großes Glück, dass die Kamera in der Front des Fahrzeugs noch nicht eingerichtet ist. Denn im Gegensatz zu vielen anderen Blitzerfahrzeugen ist dieses mit Kameras in Front und Heck ausgerüstet. Wer also denkt „Der blitzt ja in die Gegenrichtung“ – weit gefehlt.

Spitzenreiter in Vreden mit 46 km/h zu viel unterwegs

Der Spitzenreiter aus dem Jahr 2021 wurde in Vreden übrigens genau an dieser Stelle in Fahrtrichtung Ottenstein geblitzt. Am 8. Dezember war er dort nach Toleranzabzug mit 96 km/h unterwegs, also 46 km/h zu schnell. Das kam ihn teuer zu stehen: 320 Euro Bußgeld, 28,50 Gebühren und Auslagen. Obendrauf durfte er auch noch einen Monat den Führerschein abgeben.

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Dabei kündigt der Kreis Geschwindigkeitskontrollen wie die in der Bauerschaft Köckelwick sogar an. „Wir möchten eine gewisse Transparenz an den Tag legen, um auch eine Akzeptanz herbeizuführen“, so Wiltink. Man führe die Geschwindigkeitskontrollen durch, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen. „Das ist unser vorrangiges Ziel, dass wir insbesondere Gefahrenstellen und Unfallhäufungsstellen zukünftig möglichst vermeiden oder abmildern.“ Kreis-Sprecher Karlheinz Gördes ergänzt: „Wir werden manchmal noch dem Vorwurf ausgesetzt, dass wir Wegelagerei betreiben würden. Dem wollen wir ganz eindeutig entgegentreten.“

Die Klappe ist zu, der Blitzer ist scharf geschaltet. Ab jetzt gibt es keine Probefotos mehr.

Die Klappe ist zu, der Blitzer ist scharf geschaltet. Ab jetzt gibt es keine Probefotos mehr. © Carina Strauss

223 Autofahrer sind im vergangenen Jahr in Vreden geblitzt worden. Das sind immer noch deutlich weniger als in der Zeit vor Corona, 2019 waren es 387. Diese Entwicklung spiegelt sich auch im gesamten Kreis Borken wider. Hier wurden 2021 34.161 Fahrer geblitzt, 2019 waren es 45.255.

Wer möchte, kann sich übrigens auch mit Hinweisen an den Kreis Borken wenden, nicht nur mit möglichen Messstellen. „Wir hatten jetzt eine Stelle in Crosewick, wo im Kurvenbereich einige Unfälle passiert sind“, erklärt Wiltink. Deswegen habe man beschlossen, den Bereich mit Richtungstafeln so zu beschildern, dass deutlicher wird, wie der Kurvenverlauf ist. Dazu komme ein Überholverbot. „Es gibt ein ganzes Maßnahmenbündel. Das Blitzen ist eben nicht das einzige Element zur Verbesserung der Verkehrssicherheit“, so Gördes.

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Neun mobile Messstandorte gibt es in Vreden. Man achte vor allem darauf, vor sensiblen Einrichtungen wie Kitas und Schulen die Hol- und Bringzeiten abzudecken, so Wiltink.

Derweil arbeitet der Fahrer weiter an den Einstellungen für den Blitzer in der Front. Einfach hinstellen und loslegen funktioniert eben nicht. Und dass es an diesem Tag noch etwas länger dauert, liegt auch am wenigen Verkehr. Schon für die Testfotos braucht es zwei bis drei Fahrzeuge. Ist aber einmal alles eingerichtet, funktioniert die Anlage vollautomatisch.

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