
Sie wollen wissen, was mit den Brüdern ihrer Hühner passiert: Jannik und Niklas Lansing von Lansings Wiesenei. © Carina Strauss
Nicht nur an das Huhn denken: Familie Lansing setzt sich für Aufzucht der Bruderhähne ein
Alternativen zum Kükentöten
Mit dem 1. Januar 2022 wurde das Kükentöten in Deutschland verboten. Aber was passiert nun eigentlich mit den männlichen Küken? Die Familie Lansing setzt auf eine Aufzucht in Deutschland.
Die Hühner auf dem Hof Lansing in Ammeloe haben sich unter ihr Mobilheim verzogen. Einige scharren sich ein Loch in den Boden, so ist die Wärme erträglicher. Doch wenn sich Menschen nähern, kommen einige Mutige hervorgelaufen, beäugen die Besucher neugierig.
Die Hühner haben viel Platz auf dem Hof Lansing. Doch was passiert eigentlich mit ihren männlichen Artgenossen? Seit dem 1. Januar 2022 ist das Töten von männlichen Küken in Deutschland gesetzlich verboten.
Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten: zum einen die Geschlechtsbestimmung der Embryonen im Ei bis zum achten Brut-Tag. „Wenn er männlich ist, wird das Ei nicht weiter bebrütet. Dann schlüpft der Hahn nicht“, erklärt Jutta van der Linde, Expertin für Geflügel im Mobilstall.
Geschlechtsbestimmung vor der Geburt oder Aufzucht
Aber: „Das Gesetz ist eigentlich zu früh gekommen. Man hat gesagt, es gibt die entsprechende Technik, um das Geschlecht im Ei zu bestimmen. Allerdings war die Technik noch nicht flächendeckend vorhanden. Wir bräuchten Maschinen für 120 Millionen Eier und es gab sie nur für fünf Millionen.“

Anke, Jannick und Niklas Lansing (v.l.) setzen sich dafür ein, dass die Brüder ihrer Hühner aufgezogen werden. Manfred Kutsche verkauft die daraus entstandenen Produkte ab dem 1. August in seinem Edeka-Markt. Jutta van der Linde berät zu dem Projekt. © Carina Strauss
Jutta van der Linde betreut die Familie Lansing, wenn es um das Thema Bruderhähne geht. Denn das ist die andere Alternative: die Aufzucht der männlichen Küken. Allerdings gibt es auch hier wieder Unterschiede. „Der überwiegende Teil der Hähne wird nicht in Deutschland aufgezogen und der Großteil landet auch nicht auf deutschen Tellern.“ Eigentlich wisse niemand so richtig, was am Ende mit den Hähnen passiert.
In Deutschland geboren, aufgezogen und verarbeitet
Nicht so bei den Bruderhähnen, für die die Familie Lansing die Verantwortung übernimmt. „Wir wollten, dass die Brüder der Hühner, die wir Anfang Mai eingestallt haben, auch vernünftig aufgezogen werden“, erklärt Jannick Lansing (18), der sich mit seinem Bruder und seinen Eltern um die Hühner auf dem Hof kümmert.

Die Bruderhähne werden auf dem Hof Südbrock-Sauerland aufgezogen. © Jutta van der Linde
„Uns war wichtig, dass die Bruderhähne hier in Deutschland bleiben, aufgezogen, geschlachtet und verarbeitet werden“, ergänzt Bruder Niklas (16). Schließlich sind sie auf das Konzept von „Mein Bruderhahn“ gestoßen.
Das heißt: Die Lansings kaufen Hühner, die sie einstallen und die die Eier für Lansing‘s Wiesenei legen. Die Brüder dieser Hühner, die ebenfalls ausgebrütet wurden, kommen auf den Geflügelhof Südbrock-Sauerland in Rheda-Wiedenbrück und dürfen dort genauso groß werden wie ihre Schwestern, die in Ammeloe leben. Sie bekommen Grünauslauf oder Auslauf in luftigen Wintergärten und dürfen doppelt so lange leben wie ein klassisches Masthähnchen.
Haben sie das Ende ihres Lebens erreicht, müssen sie auch nicht erst kilometerweit durch die Bundesrepublik gefahren werden, sondern werden in NRW geschlachtet und kommen anschließend zu einem Verarbeiter nur vier Kilometer vom Hof Südbrock-Sauerland entfernt. Die Produkte wie Fleischwurst, Suppe, Frikadellen oder Bolognese bekommt dann die Familie Lansing, um sie zu vermarkten.
Produkte können auch regional erworben werden
Ab dem 1. August sind die „Mein Bruderhahn“-Produkte nicht nur am hofeigenen Stand zu erwerben, sondern auch bei Edeka-Kutsche in Vreden. Für Inhaber Manfred Kutsche ist es eine runde Sache: „Das ist für mich auch eine Art Tierwohl, dass sie nicht einfach entsorgt werden. Außerdem ist es für mich wichtig, mit Produzenten aus Vreden zusammenzuarbeiten. Keine langen Wege, denn da kommt ja auch noch der Klimaschutz hinzu.“ Ein weiterer Vorteil für ihn: Er kennt die Leute vor Ort, kann sich die Höfe selbst anschauen und weiß so, woher die Produkte kommen, die er verkauft.

Die Bruderhähne oder auch Junghähne dürfen mehr als doppelt so lange leben wie klassische Masthähnchen. © Jutta van der Linde
Es sei nicht selbstverständlich, dass der Handel mit einsteige, so Jutta van der Linde. „Den Hinweis an den Eiern, dass die Küken nicht getötet werden, findet man im Handel überall. Aber was mit dem Hahn dann passiert, das interessiert die Marktakteure nicht.“
Übrigens hätten Lansings auch die Möglichkeit, sich einfach freizukaufen. Das heißt, sie bezahlen den doppelten Preis für das Huhn und hören von dem Bruderhahn nie wieder etwas. Das war für die beiden Jungs und ihre Eltern allerdings keine Option.
Hoffest bei Lansing‘s Wiesenei
- Am 31. Juli von 11 bis 18 Uhr feiert die Familie Lansing ein Hoffest (Ammeloe 26). Dann können die Hühnermobile besichtigt werden und es gibt weitere Informationen zum Thema Bruderhahnaufzucht. Außerdem werden ein Agrarunternehmen unter anderem mit verschiedenen Landmaschinen sowie ein örtlicher Landhandel zu Gast sein.
- Die AFG Ammeloe sorgt für Kaffee und Kuchen, hinzu kommen kalte Getränke, Gegrilltes und Eis. Außerdem wird Kreatives und Dekoration angeboten.
Geboren und aufgewachsen an der Grenze zwischen Ruhrpott und Münsterland, hat Kommunikationswissenschaft studiert. Interessiert sich für Tiere, Kultur und vor allem für das, was die Menschen vor Ort bewegt.