Die ersten trockenen Flächen tauchen im Zwillbrocker Venn auf. Der Schutz vor Fressfeinden ist nicht mehr gewährleistet.

Die ersten trockenen Flächen tauchen im Zwillbrocker Venn auf. Der Schutz vor Fressfeinden ist nicht mehr gewährleistet. © Hubert Stroetmann

Trockenheit im Zwillbrocker Venn birgt Gefahr für den Flamingo-Nachwuchs

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Die letzten Tage und Wochen waren trocken und heiß, der angesagte Regen wird wohl wieder nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein. Auch im Zwillbrocker Venn ist die Trockenheit spürbar.

Zwillbrock

, 20.07.2022, 14:15 Uhr / Lesedauer: 3 min

Alle ächzen unter der Trockenheit und zuletzt auch der Hitze der vergangenen Wochen: Die Landwirte, denen die Ernte austrocknet, die Gartenbesitzer, deren Rasen sich ohne Bewässerung in eine Steppe verwandelt, aber vor allem auch die Tiere, die Wasserstellen suchen und kaum noch finden.

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Es ist ein Szenario, das immer häufiger wird. Die Hitzejahre 2018 bis 2020 sind allen wohl noch gut präsent, im Jahr 2021 gab es eine kleine Erholung, doch in diesem Jahr schlägt die Trockenheit wieder zu.

Auch im Zwillbrocker Venn zeigt man sich besorgt. Erste Stellen sind bereits trockengefallen. „Der Niederschlag im Februar hat uns im Frühjahr geholfen, aber die anhaltende Trockenheit jetzt führt dazu, dass das Venn langsam austrocknet“, so Elke Happe, stellvertretende Geschäftsführerin der Biologischen Station Zwillbrock.

Getroffene Maßnahmen zeigen Wirkung

Derzeit gibt es vor allem dort noch genügend Wasser, wo in den letzten Jahren ausgebaggert wurde. „Das zeigt auch, dass es gut war, dass wir die Maßnahmen durchgeführt haben.“ Bleibt es allerdings auch weiter so trocken, könnte auch das bald nicht mehr ausreichen.

Dort, wo man die Flächen ausgebaggert hat, gibt es noch genug Wasser. Doch so langsam wird es eng.

Dort, wo man die Flächen ausgebaggert hat, gibt es noch genug Wasser. Doch so langsam wird es eng. © Hubert Stroetmann

Das ist vor allem ein Problem für den Nachwuchs der Flamingos. Denn die Wasserflächen sind nicht nur Nahrungsquelle, sondern sie bieten auch Schutz vor Fressfeinden, wie beispielsweise Füchsen. „Es ist mittlerweile so trocken, dass die Füchse einen leichten Zugang zu den Tieren haben“, so Happe.

19 junge Flamingos sind in diesem Jahr im Venn geschlüpft. „Einige sind schon so alt, dass sie schon flügge sind oder es zumindest bald werden. Diese sind nicht ganz so gefährdet wie die Nachzügler.“ Diese sind noch klein und damit leicht angreifbar, zumal sie inzwischen auch den schützenden Brutplatz verlassen.

Nachwuchs auch bei den Kranichen im Zwillbrocker Venn

Neben den Flamingoküken gibt es auch noch einen ganz besonderen Nachzügler im Zwillbrocker Venn. In diesem Jahr gab es das erste Mal einen Bruterfolg bei den Kranichen. Zwar konnten sie schon des öfteren im Venn beobachtet werden, Nachwuchs gab es aber noch nicht.

Eine kleine Sensation im Zwillbrocker Venn: Nachwuchs bei den Kranichen. Zu ihrem Schutz sollten Besucher unbedingt auf den Wegen bleiben.

Eine kleine Sensation im Zwillbrocker Venn: Nachwuchs bei den Kranichen. Das Foto gelang Hubert Stroetmann bei seinen Streifzügen durchs Venn mit Teleobjektiv. Zum Schutz sollten Besucher unbedingt auf den Wegen bleiben. © Hubert Stroetmann

Doch nach und nach erobern sie neue Gebiete. „Die Entwicklung bei den Kranichen ist sehr positiv“, so Happe. Auch sie werden von den Wasserflächen geschützt. Nicht nur vor Fressfeinden, sondern auch vor allzu neugierigen Besuchern, die die Tiere aufstören könnten.

Eine weitere Gefahr, die zwar noch nicht akut ist, aber durchaus zum Problem werden könnte: die Nahrungssuche. Flamingos filtern mit ihrem Schnabel ihre Nahrung aus dem Wasser. „Derzeit gibt es noch genug Stellen mit Wasser. Sollte das Venn komplett trockenfallen, werden sich die Tiere, die fliegen können, andere Alternativen suchen. Die, die nicht fliegen können, haben ein Problem.“

Nicht nur die Tiere im Venn sind betroffen

Elke Happe betont allerdings, dass die Trockenheit nicht nur die Tiere im Venn trifft. „Das ist fast überall der Fall. Die Tiere suchen sich gerade die letzten Wasserstellen.“

Will man den Tieren im heimischen Garten helfen, sind kleine Wasserstellen für Vögel eine gute Maßnahme, aber: „Das Wasser sollte regelmäßig gewechselt werden, damit keine Krankheiten verbreitet werden.“ Und Insekten, die ins Wasser fallen, kann ein kleiner Ast helfen, an dem sie wieder raufklettern können, um nicht zu ertrinken.

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Die große Hoffnung ruht aber weiterhin auf dem Wasser von oben. Es ist Starkregen angesagt. Aber wird der wirklich helfen? „Jeder Regen hilft“, so Happe. Bei Starkregen gibt es allerdings ein Problem: „Die Böden sind so hart und ausgetrocknet, dass Starkregen oft einfach an der Oberfläche abläuft und das Wasser gar nicht aufgenommen werden kann.“

„Das sind nicht nur einzelne Wetterphänomene“

Trotzdem braucht es jeden Tropfen Wasser. „Eigentlich bräuchten wir zwei Jahre durchgängig Regen. Das braucht aber nicht nur das Venn, sondern die gesamte Landschaft. Wir haben durch die vielen Jahre Trockenheit ein massives Wasserproblem.“ Da habe auch die kleine „Erholung“ im Jahr 2021 nicht viel gebracht. „Da baut sich etwas auf, sodass ein bisschen Regen nicht dazu führt, dass sich die Grundwasserspeicher wieder füllen.“

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Elke Happe sieht die gesamte Problematik vor dem Hintergrund des Klimawandels. „Das sind nicht nur einzelne Wetterphänomene. Wir können den Klimawandel zwar nicht mehr gänzlich aufhalten, aber wir müssen jetzt als gesamte Gesellschaft daran arbeiten, dass es nicht noch schlimmer wird.“

Nur so könne man verhindern, dass sich die Landschaft nachhaltig verändert.

Für die Naturschutzgebiete müsse man weiter daran arbeiten, dass sie besser gegen Austrocknung geschützt werden. Es müsse mehr Flexibilität entstehen, damit sich das Wasser besser hält. „Aber das hängt jetzt alles zusammen.“

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