
Menschen finden und anzeigen: Das ist die Aufgabe der Hunde der Rettungshundestaffel Münsterland. Jetzt können sie auch in Lünten trainieren. © Carina Strauss
Mit Spürnase und Glöckchen: Rettungshundestaffel trainiert in Lünten
Rettungshundestaffel Münsterland
Sie kommen, wenn Menschen vermisst werden: die Rettungshundestaffel Münsterland. Doch für den Ernstfall muss gut trainiert werden. Dafür gibt es jetzt eine Möglichkeit in Lünten.
Hinter einem dicken Baum versteckt sitzen, darauf warten, gefunden zu werden. Von weitem hört man leise ein Glöckchen näher kommen. Hier und da knacken ein paar Äste. Die Belohnung in der Hand, wartet die gesuchte Person auf den Hund.
Gerade ist Enno an der Reihe. Er kommt dem Menschen immer näher. Was die Rettungshundestaffel Münsterland in einem Waldstück etwas außerhalb von Lünten trainiert, kann im Ernstfall Leben retten.
Das Waldstück ist ein Glücksfall für die Staffel. „Gebiete zu finden ist immer ein Problem“, so Martina Linke, Ausbilderin bei der Rettungshundestaffel. „Viele Leute haben eine Fläche und bieten sie uns an. Doch dann gibt es Ärger mit dem Jagdpächter, weil der denkt, die Hunde jagen dem Wild hinterher.“
Hundestaffel ist auf der Suche nach neuen Trainingsmöglichkeiten
Doch genau das dürfen die Hunde eben nicht. Und es werden auch nicht zehn Hunde auf einmal losgeschickt, die das Wild aufschrecken. Vielmehr bekommt jeder Hund mit seinem Hundeführer im Einsatz ein Gebiet von rund 40.000 Quadratmetern zugewiesen. Und so wird auch einzeln trainiert.

Die Belohnung gibt es direkt vom Helfer. © Carina Strauss
An das Gebiet in Lünten kam die Gruppe durch einen Aufruf im Radio. Und sie suchen noch weiter: „Das können Waldgebiete oder auch Gebäude sein, die bald abgerissen werden oder wo der Abriss schon begonnen hat.“
Denn die Hunde müssen immer wieder etwas Neues sehen. „Wichtig ist, dass wir immer wieder in verschiedenen Gebieten trainieren. Denn sonst wissen die Hunde schnell, wo wir immer die Menschen hinsetzen und laufen einfach nur noch die entsprechenden Plätze ab. Wir sorgen immer wieder für Überraschungen und versuchen, Neues anzubieten“, erklärt die Ausbilderin.
So werden die Hunde von Martina Linke, Ulrike Pauls, Anne und Markus Kremer und Katja Lösing wohl auch erst im nächsten Quartal in den Wald bei Lünten zurückkehren. Sonst wird es eben langweilig.
Menschensuche über Stock und Stein
Für Enno gibt es heute eine große Lichtung und die angrenzenden Bäume als Suchgebiet. Von den 40.000 Quadratmetern sind wir an diesem Tag weit entfernt, dafür geht es über Stock und Stein.

Pippin (11 Monate) muss im unwegsamen Gelände die Witterung aufnehmen. © Carina Strauss
Bevor es losgeht, prüft Frauchen Ulrike Pauls noch, wie der Wind steht. Ein Lüftchen gibt es immer, auch wenn man es kaum merkt. Enno und seine Kollegen tragen alle ein Geschirr, das sie nur im Einsatz oder zum Training anhaben. Daran befestigt: Ein kleines Glöckchen. So können ihre Hundeführer besser orten, wo die Hunde gerade sind. Ein Abstand von 100 bis 200 Metern kann schnell entstehen.
Und: „Die Einsätze kommen in der Regel in der Nacht. Wir suchen zum Beispiel nach demenzkranken Menschen, die sich verirrt haben, oder auch Leute, die nach einem Unfall unter Schock stehen“, so Linke.
Hundeführer zieht mit Suchtrupphelfer los
Alarmiert wird die Staffel von der Kreisleitstelle. Da alle Mitglieder hier ehrenamtlich arbeiten, wird zunächst der Zugführer informiert, dann erst werden die Hundeführer verständigt. Der Zugführer unterteilt das Einsatzgebiet in kleinere Teile, in jedem geht ein Hundeführer mit seinem Hund und einem Suchtrupphelfer auf die Suche.
Der Suchtrupphelfer übernimmt die Orientierung, hält Funkkontakt mit dem Zugführer und kümmert sich um die erste Hilfe am Menschen. Der Hundeführer ist nur für den Vierbeiner zuständig. „Die Hunde arbeiten frei von der Leine, das heißt, sie müssen gehorsam und lenkbar sein. Wir müssen sie überall hinschicken können.“

Hund und Hundeführer sind glücklich, die gesuchte Person wurde gefunden. © Carina Strauss
Dabei arbeite man rein mit positiver Verstärkung und ohne Druck, so Linke. „Der Hund und auch der Hundeführer sollen immer positiv aus der Übung herausgehen.“ Wenn eine Übung noch zu schwer für einen Hund ist, wird sie so abgeändert, dass sie klappt.
Für Enno ist diese Übung im Wald bei Lünten kein Problem. Je näher er seinem Ziel kommt, desto deutlicher wird für ihn der menschliche Geruch. Und dann hat er die gesuchte Person auch schon gefunden. Es hat nicht länger als ein oder zwei Minuten gedauert.
Mit einem Bellen signalisiert er seinem Frauchen, wo sie hinkommen muss. Und er hört damit auch nicht auf, bis Hilfe da ist. Dann folgt die dicke Belohnung: Sein Motivationsobjekt ist eine Dose mit den Leckerlis, die er am liebsten hat. Im Prinzip ist es für die Hunde ein großes Spiel – ein Spiel, das im Zweifel Leben retten kann.
Hunde trainieren für den Ernstfall
Insgesamt 27 Hunde trainieren mit der Staffel. Zehn von ihnen sind für die Fläche ausgebildet, drei für die Trümmersuche, der Rest befindet sich in der Ausbildung oder in „Rente“. Alle Tiere gehören ihren Hundeführern privat, leben in den Familien und genießen ab vom Training ein ganz normales Hundeleben.
Wichtig ist, dass sie motivierbar sind. Sollen sie einmal mit in die Einsätze gehen, müssen sie vorher mehrere Prüfungen ablegen.

Martina Linke ist Ausbilderin bei der Hundestaffel. Gerade bildet sie selbst ihren 11 Monate alten Pippin für die Suche aus. © Carina Strauss
Das soll die Qualität der Arbeit sicherstellen. Hauptprüfung und praktische Einsatzprüfung werden auch regelmäßig wiederholt. Eine beeindruckende Zahl am Rande: In der Prüfung muss ein Hund in 25 Minuten 25.000 Quadratmeter Fläche absuchen.
Für all das trainieren Hunde und Herrchen oder Frauchen zweimal die Woche und opfern viel Freizeit. Aber: „Es macht Riesenspaß. Und das, was uns antreibt ist, wirklich im Ernstfall helfen zu können.“
Dass Enno und seine Kollegen Spaß an der Sache haben, ist ihnen deutlich anzusehen. Da wird nicht nur mit dem Schwanz gewedelt, es wackelt gleich der ganze Hund.
Geboren und aufgewachsen an der Grenze zwischen Ruhrpott und Münsterland, hat Kommunikationswissenschaft studiert. Interessiert sich für Tiere, Kultur und vor allem für das, was die Menschen vor Ort bewegt.