
© Bastian Becker
Im Wald herrschen nach trockenen Sommern katastrophale Zustände
Waldsterben
Die Trockenheit der letzten Jahre hat dem Wald in Südlohn geschadet. Viele Bäume müssen gefällt werden, vor allem Buchen sind betroffen. Deshalb geht man im Oedinger Busch nun neue Wege.
Der Zustand unseres Waldes ist eine Katastrophe. Die Situation ist sehr angespannt.“ Revierförsterin Andrea Balke im Forstbetriebsbezirk Velen wählt beim Spaziergang durch den Oedinger Forst dramatische Worte. Überall sind Bäume, vor allem Buchen, mit roten Kreuzen markiert. Das bedeutet, dass sie bald gefällt werden müssen. Trockenäste, Pilzbefall oder Sonnenbrand zählen neben dem Absterben zu den Ursachen.
„Auch im dritten Jahr der Trockenheit gibt es keine Entspannung“, erläutert Andrea Balke. Laut der Anfang Juli durchgeführten Untersuchung der Waldbäume müssen 57 Bäume gefällt, bei 16 weiteren müssen Trockenäste aus der Krone abgesägt werden.
Fast 50 Prozent der Buchen befallen
Unter den Bäumen, die gefällt werden müssen, sind 47 Buchen. „Die Buchen werden oft vernachlässigt, aber fast 50 Prozent der Buchen sind befallen. Das Absterben ist erschreckend und wir können es nicht aufhalten“, ärgert sich Andrea Balke. Bei den Bäumen, bei denen gesägt werden muss, sind die Eichen führend.

Der Riesenporling hat einige Bäume befallen. © Bastian Becker
„Ich werde manchmal von Spaziergängern gefragt, was ich mit ihrem Wald mache“, schildert die Revierförsterin ihre Begegnungen. Tote Bäume, die bei einem Umsturz Gefahr für die Bevölkerung bergen, müssen allerdings gefällt werden.
Wald stirbt einen Tod auf Raten
Der Wald stirbt gewissermaßen einen Tod auf Raten. Denn auch viele Bäume, die noch nicht gefällt werden müssen, sind schon längst in der Krone verlichtet oder abgestorben. Eichenwickler, Borkenkäfer oder Pilze wie der Riesenporling vermehren sich „explosionsartig“ und schaden den Bäumen, die sich ohne ausreichende Wasserzufuhr nicht schützen können. Auch die Eichenprozessionsspinner vermehren sich immer wieder.
Erstaunlich ist, dass auch viele junge Bäume absterben, die noch nicht alt sind. Die Bäume, die merken, dass sie absterben, reagieren mit beschleunigter Fruktifizierung, sodass sie noch einmal viele Früchte produzieren.
Wald wichtig für Klimaschutz
An absterbenden Eichen findet man auch schwarze sogenannte Schleimflussflecken. „Das ist ein Zeichen für den Eichenprachtkäfer. Er gibt halbtoten Eichen den Rest“, erklärt Andrea Balke. „Unsere Wälder sind unverzichtbar für Mensch, Umwelt und die Natur“, hebt sie hervor. Gerade in Sachen Klimaschutz sei ein funktionierender Wald sehr wichtig. Schließlich sind knapp 27 Prozent der Fläche Nordrhein-Westfalens von Wald bedeckt.

Ein großer Teil der Baumkronen ist verlichtet. © Bastian Becker
Deutschlandweit seien laut der Revierförsterin weniger als 30 Prozent der Bäume ohne Verlichtung. Ein Baum benötige an normalen Tagen 400 Liter Wasser, an heißen Tagen bis zu 800 Liter.
Aufforstung eines Mischwaldes
Um den Wald klimastabiler zu machen, wird jetzt im Gemeindewald Oeding ein Mischwald aufgeforstet. Dabei wurden neben den gängigen Stieleichen und Rotbuchen auch Wildkirschen, Esskastanien und Walnussbäume gepflanzt. Diese Klimawandelbaumarten hätten eine höhere Widerstandsfähigkeit, Hitze- und Trockenheitstoleranz.
An anderer Stelle wurden zudem Traubeneichen angepflanzt, die eigentlich ebenfalls in südlicheren Regionen wachsen. Weitere Bäume, die zu der Aufforstung zählen, sind Kirsche, Eberesche, Holunder und Weißdorn. Auch die Früchte der Baumarten bieten mehr Nahrung für die Waldtiere und Vögel. „So kann auch dort mehr Artenvielfalt entstehen“, ist sich Andrea Balke sicher.

Schleimflussflecken kennzeichnen befallene Eichen. © Bastian Becker
„Die von uns gewohnten Waldbilder werden einen gewaltigen Wandel in der Holzartenzusammensetzung erfahren“, erklärt dazu Andrea Balke. „Aber wir werfen die alten Konzepte auch nicht völlig über Bord, weil wir nicht wissen, wie es in Zukunft läuft.“
Junge Bäume entwickeln sich gut
Im Verhältnis entwickeln sich die Bäume im Oedinger Busch ziemlich gut. „Die jungen Bäume stehen gut, sie passen sich besser an die Gegebenheiten an als die alten“, freut sich Andrea Balke über die Entwicklung der neuen Gewächse.

Die aufgeforsteten Bäume entwickeln sich verhältnismäßig gut. © Bastian Becker
Zu den Gegenmaßnahmen gegen das Waldsterben zählen die Erhaltung der gesunden Bäume und die Anlage von Waldrändern, durch die die Verdunstung und der Wasserbedarf für den dahinter liegenden Bestand vermindert werden. „Es ist außerdem sinnvoll, Saat und damit die Naturverjüngung zu fördern, weil die Bewurzelung deutlich besser ist und tiefer geht“, erklärt Andrea Balke. Dazu zählen zum Beispiel kleine Eichentriebe, die aus heruntergefallenen Eicheln entstehen.
Wichtig für den Wald ist auch eine größere Menge an Totholz. „Totholz saugt Wasser auf und gibt Nährstoffe für den nachfolgenden Bestand. Es wäre gut, wenn wir mitten im Wald Totholz hätten“, ordnet die Försterin ein. Möglichst viel Wasser müsse im Wald zurückgehalten werden, um bei Trockenheit keine zu großen Probleme zu haben. Das steht im Zusammenhang mit der Erhöhung der Baumartenvielfalt.
„Im Wald stehen wir im Klimawandel vor gewaltigen Herausforderungen und riesigen Unsicherheiten in der Entscheidungsfindung für die nächsten 60 bis 200 Jahre“, wirft Andrea Balke einen Blick in die fernere Zukunft. Die Probleme werden wohl in absehbarer Zeit nicht kleiner.
Berichtet gerne von Menschen, die etwas zu erzählen haben und über Entwicklungen, über die viele Menschen sprechen.
