Die Anzeige belegt es orange auf blau: Der Liter Diesel ist an der SB-Tankstelle direkt hinter der Grenze zu Oeding bei Winterswijk aktuell außergewöhnlich günstig – immer vor dem Hintergrund der explodierenden Preise insgesamt. Mit 2,42 Euro/Liter ist Benzin an gleicher Stelle ebenso verhältnismäßig teuer. Lucia Picker hat den Test gemacht.

© Markus Gehring

Niederlande treten Spritpreisbremse: Lohnt sich die Fahrt über die Grenze?

rnBenzinpreisexplosion

Die Spritpreise explodieren. Auch in den Niederlanden. Es wurden nun konkrete Maßnahmen angekündigt, um die Preise zu senken. Diesel-Fahrer können nun schon profitieren. Aber nicht überall.

Oeding

, 22.03.2022, 17:15 Uhr / Lesedauer: 3 min

Die Autoschlange reichte bis auf die Straße. Lucia Picker aus Oeding hatte am Wochenende zum Trip über die Grenze angesetzt, um an der Esso-SB-Tankstelle am Kottenseweg bei Winterswijk zu tanken. Diesel. Denn dieser Kraftstoff ist dort traditionell etwas billiger, aktuell außergewöhnlich günstig. Immer im Verhältnis zu den aktuellen Marktpreisen.

1,89 Euro kostet der Liter am Dienstagmorgen (22. März). Zum Vergleich: In Deutschland liegt der Dieselpreis parallel im Schnitt bei gut 2,20 Euro. Eine Ersparnis von rund 30 Cent auf den Liter, die sich bemerkbar macht. Vor allem, wenn vollgetankt wird. Erinnerungen werden wach an Zeiten, als es geradezu einen Tanktourismus bei deutschen Diesel-Kunden gab. Zuletzt waren es eigentlich die Niederländer, die zum Tanken über die Grenze fuhren.

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Die Kehrseite der Medaille: Super ist an gleicher Stelle gleichzeitig erheblich teurer als in Deutschland oder im Stadtgebiet von Winterswijk – satte 2,42 Euro/Liter. Die niederländische Regierung hat nun Maßnahmen angekündigt, um die Menschen zu entlasten. Start: 1. April. Lohnt deshalb ein Tank-Trip für uns Nachbarn?

Zwei SB-Tankstellen liegen deutlich unter Diesel-Durchschnittspreis

„Ich bin extra noch einmal wiedergekommen“, berichtet Lucia Picker am Dienstagmorgen. Gemeinsam mit ihrem Mann habe sie am Wochenende mit Blick auf die Automengen vor der SB-Tankstelle gleich wieder den Rückwärtsgang eingelegt, um nun einen zweiten Versuch zu starten. Nun ist es ruhiger. „Wir haben den Tipp von Bekannten erhalten“, erklärt die Oedingerin.

Anne Bröring hat am Dienstagmorgen den Weg von Ramsdorf über die Grenze bei Oeding genommen, um von den günstigeren Dieselpreisen zu profitieren.

Anne Bröring hat am Dienstagmorgen den Weg von Ramsdorf über die Grenze bei Oeding genommen, um von den günstigeren Dieselpreisen zu profitieren. © Markus Gehring

Und auch über die Sozialen Medien wurde dieser unter Diesel-Fahrern schnell verbreitet, berichtet Anne Bröring aus Ramsdorf. Mehr noch: Keine 400 Meter weiter lockt eine weitere SB-Tankstelle mit ähnlich niedrigen Dieselpreisen, abzulesen in der App Onderweg. Am Dienstag aber um 7 Cent teurer, wie Autofahrer berichten. Viele blicken schon dem 1. April entgegen, wenn es jenseits der Grenze beim Diesel noch „günstiger“ wird.

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Tanken ist nicht nur in Deutschland aktuell so teuer wie noch nie. Nicht zuletzt als Folge der Ukraine-Krise. Christian Lindner hat angekündigt, den Spritpreis mit Maßnahmen wieder unter 2 Euro pro Liter drücken zu wollen. Der Bundesfinanzminister warb jüngst für einen Tankrabatt, die Grünen plädierten für ein Energiegeld. Nun berät die Koalition über ein Mobilitätsgeld, das die Bürger nach Einkommen gestaffelt entlasten soll.

Niederlande schnüren Maßnahmenpaket

Andere Länder haben bereits konkrete Schritte angekündigt – so auch die Niederlande. Die Regierung plant eine deutliche Senkung der Spritpreise zum 1. April. Eine massive Steuersenkung um 21 Prozent für Benzin und Diesel soll als Spritpreisbremse diesen. Benzin soll damit rund 17 Cent pro Liter günstiger werden, Diesel immerhin 11 Cent pro Liter. Die Maßnahme soll vorerst bis zum Ende des Jahres gelten.

Bei den Durchschnittspreisen des Dienstags in Winterswijk würde der Liter Super dann zwischen 2,05 und 2,15 Euro liegen, der Liter Diesel wohl unter die Marke von 2 Euro fallen, so wie jetzt schon am Kottenseweg. Lohnen wird sich der Tankbesuch in Holland dann – wenn überhaupt – für Diesel-Kunden.

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Die Niederlande planen übrigens weitere Entlastungen, speziell für Menschen mit geringem Einkommen mit Blick auf die steigenden Gas- und Strompreise. Es soll Beihilfen bis zu 800 Euro geben. Und die Mehrwertsteuer auf Energie sinkt für vorerst sechs Monate von 21 Prozent auf 9 Prozent. Für den durchschnittlichen privaten Haushalt in den Niederlanden fällt die Energierechnung im Halbjahr demnach um 140 Euro geringer aus.

Diesel-Preis sinkt um weitere 11 Cent

Ob die SB-Tankstellen hinter der Grenze zu Oeding in gleichem Ausmaß (noch) günstiger werden in Sachen Diesel, bleibt abzuwarten. Auch Anne Bröring hat am Dienstagmorgen die aktuelle Gunst der Stunde genutzt. „Mein Mann hatte mir den Tipp gegeben, da wollte ich dann auch mal nachschauen“, berichtet sie.

Wohlgemerkt: Auch der Diesel-Trip wird sich nur lohnen, wenn die Anfahrt entsprechend gering ist. Oder man das Tanken mit einem eh geplanten Besuch verbinden will. Wem eine Tankfüllung nicht ausreicht, der darf übrigens aus dem Nachbarland höchstens zehn Liter in einem Reservekanister über die Grenze transportieren. Und: Auch den Verschleiß und die Folgen für das Klima sollten Verbraucher bedenken.