Landschaftswächter Jürgen Tegeler mit seiner Hündin Mia: Täglich drehen sie wenigstens einmal eine Runde durch den Oedinger Busch. Auch sonst kennen sie fast jede Ecke des Orts.

© Johannes Schmittmann

Nicht Blockwart oder Umweltpolizei – sondern Wächter der Landschaft

rnLandschaftswächter in Südlohn

Franz Schrieverhoff und Jürgen Tegeler achten auf die Landschaft. In Südlohn und Oeding sind die Landschaftswächter unterwegs und haben Wallhecken, Ausgleichsflächen oder Müllkippen im Blick.

Südlohn, Oeding

, 05.04.2021, 06:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

44 Landschaftswächter gibt es im Kreis Borken. Zwei davon sind Franz Schrieverhoff und Jürgen Tegeler: Sie sehen in Südlohn und Oeding nach dem Rechten, was Landschafts- und Naturschutz angeht. Beide gehen jetzt für weitere fünf Jahre in das Ehrenamt. Der Umweltausschuss der Gemeinde hat sich einstimmig dafür ausgesprochen.

Ihre Aufgabe ist es, die Behörden über nachteilige Veränderungen in der Landschaft – zum Beispiel illegale Müllablagerungen, Verfüllung von Kleingewässern oder Beseitigung von Wallhecken – zeitnah zu informieren. Die untere Landschaftsbehörde des Kreises Borken und auch die Gemeinde sind die Ansprechpartner für „den Fall der Fälle“.

Franz Schrieverhoff (63) ist ehrenamtlicher Landschaftswächter in Südlohn. Manchmal begleiten ihn auch seine Enkelkinder Simon und Luisa auf seinen Touren durch die Südlohner Landschaft.

Franz Schrieverhoff (63) ist ehrenamtlicher Landschaftswächter in Südlohn. Manchmal begleiten ihn auch seine Enkelkinder Simon und Luisa auf seinen Touren durch die Südlohner Landschaft. © Anne Winter-Weckenbrock

Aber, so betont Franz Schrieverhoff, der auf 20 Jahre Tätigkeit als Landschaftswächter zurückblicken kann, so viele „Fälle“ gibt es gar nicht mehr. Er hat mit den Jahren ein wohl wachsendes Umweltbewusstsein festgestellt, weiß aber auch um den rein praktischen Grund für seine Beobachtungen: „Heute haben die Leute ja viel mehr Möglichkeiten zur Entsorgung.“

Müll einfach in der Natur liegen lassen: „Das ist das größte Problem“

Stichpunkt wilde Müllkippen: „Das ist eine ganze Ecke weniger geworden“, resümiert der 63-jährige Frührentner. Doch ein Aber kommt: Zuletzt und gerade zu Coronazeiten häuft sich der „To-Go-Müll“: achtlos weggeworfene Kaffeebecher und Pizzaschachteln. Der 63-Jährige schüttelt mit dem Kopf: „Da habe ich kein Verständnis für.“ Da fahren die Leute raus in die Natur, um ihr Essen zu genießen, und lassen den Müll einfach liegen. „Das ist das größte Problem.“

Auch, was Wallhecken und Bäume an Ackerrändern angeht, meint der Südlohner ein Umdenken festgestellt zu haben. „Kippt de man dale“ – dieser plattdeutsche Spruch, dass die Bäume mal ruhig gefällt werden sollten, gelte nicht mehr. Da habe er kaum Verstöße festgestellt.

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Und wenn er mit Baum- oder Wallheckeneigentümern, mit Landwirten oder Spaziergängern ein ernstes Wort redet, dann geht er meistens zufrieden aus dem Gespräch: „Zu 99 Prozent lassen die Leute mit sich reden. Und sehen das dann auch ein“, erzählt er von seinen Erfahrungen. Er ist von Beginn an mit Diplomatie in sein Amt gegangen, hat auch mal eine zweite Chance gegeben. Eine dritte allerdings nicht. „Wir sind nicht die Umweltpolizei“, zitiert er einen Satz aus einer Fortbildung vom Kreis, den er sich gemerkt hat.

Schlimme Auseinandersetzungen hat er in zwei Jahrzehnten im Einsatz für Landschaft und Natur nicht erlebt, meint er nach einigem Nachdenken. Ein Ereignis aber kann er nicht vergessen: Vor etwa 15 Jahren sah er Säcke in der Landschaft liegen. „Und da habe ich einen einfach aufgemacht“, erinnert er sich.

Unangenehmes Ereignis wirkt lange nach

Abfälle von einem geschlachteten Schaf kamen zutage. „Da wollte ich nachmittags keinen Kaffee mehr trinken“, erzählt Franz Schrieverhoff schmunzelnd, wie ihm damals der Geruch und der Anblick zu schaffen machten. Seitdem öffnet er nicht mehr „einfach so“ Säcke, die in der Landschaft herumliegen und die er sieht, wenn er mit dem Fahrrad oder Auto unterwegs ist. Oder mit dem Bürgerbus: „Da sieht man ja auch so einiges“, sagt der aktive Ehrenamtler.

Eine Spaziergängerin in der Südlohner Bauerschaft Eschlohn: Auch in dem Bereich, der laut Franz Schrieverhoff für Spaziergänge beliebt ist, schaut er als ehranamtlicher Landschaftswächter nach dem Rechten.

Eine Spaziergängerin in der Südlohner Bauerschaft Eschlohn: Auch in dem Bereich, der laut Franz Schrieverhoff für Spaziergänge beliebt ist, schaut er als ehrenamtlicher Landschaftswächter nach dem Rechten. © Markus Gehring

Jürgen Tegeler ist ein Frühaufsteher. Auch an seinen freien Tagen sieht man den 57-Jährigen mit seiner Hündin Mia schon morgens um 6 Uhr im Oedinger Busch, der nur einen Steinwurf von seinem Wohnhaus entfernt liegt. Nicht wegen seiner Funktion als Landschaftswächter, sondern weil er die Ruhe genießt. „In den frühen Morgenstunden hört man nur die Geräusche des Waldes. Für mich ist das die schönste Zeit und der perfekte Start in den Tag“, sagt er. An diesem trüben Donnerstag ist es der Grünspecht, der beim Spaziergang durch das Unterholz auf sich aufmerksam macht.

Jürgen Tegeler übernahm das Amt vor zehn Jahren spontan

Rund zehn Jahre ist es her, dass Jürgen Tegeler das Amt des Landschaftswächters für den Ortsteil Oeding übernahm. Sein Vorgänger war erkrankt, spontan und ohne Einarbeitung sprang Tegeler in die Bresche. Eine Entscheidung, die er bis heute nicht bereut. Gemeinsam mit seiner Hündin schaut er mehrmals pro Woche nach dem Rechten. Wurden Ausgleichsflächen gepflanzt? Welchen Schaden hat der Sturm angerichtet? Liegt Müll in der Gegend herum? Wird sich an die Leinenpflicht für Hunde gehalten?

Landschaftswächter ist nicht der Blockwart

Dabei geht es für den Oedinger nicht darum, den Blockwart zu spielen und die Leute anzuschwärzen. „Ich suche immer freundlich den Dialog. Wenn ich die Leute daran erinnere, die Hunde an die Leine zu nehmen, hat das ja einen Grund. Im vergangenen Jahr war es so warm, dass die Rehe bis an den Waldrand kamen. Wenn da die Hunde Witterung aufnehmen...“, berichtet der Landschaftswächter und vollendet den Satz nicht. Mit diesen Erklärungen wächst das Verständnis bei den Leuten. Ärger oder Widerspruch gibt es selten. Auch, weil man sich im Ort kennt.

Im regelmäßigen Austausch steht Jürgen Tegeler mit dem Kreis Borken und der Gemeindeverwaltung. „Wenn es dort Fragen gibt, wenden sie sich häufig an mich. Dann fahre ich auch gezielt zu Orten und schaue mir die Sache an. Zum Beispiel, ob gepflanzte Bäume ansetzen.“ Im Herbst und Winter fällt selten etwas für die Landschaftswächter an. Im Frühjahr und Sommer hingegen umso mehr. Was der Oedinger vermisst, sind aktuell die jährlichen Treffen mit seinen Amtskollegen. „Es war immer sehr interessant zu erfahren, was in den anderen Orten passiert. Wegen Corona fehlt dieser Austausch leider völlig“, sagt er.

Mit bald 58 hat Jürgen Tegeler die Rente schon langsam im Blick. Für seinen Ruhestand sei die ehrenamtliche Arbeit des Landschaftswächters perfekt. „Man hat eine feste Aufgabe, die einem Spaß macht und ist häufig an der frischen Luft. Was will man mehr?“

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