Auf Basis familiärer Grundsätze führen Dr. Jürgen Wigger (l.) sowie Ulrike und Jürgen Petershagen die Unternehmensgruppe Bewital in die Zukunft. Die Investitionen, wie zuletzt ins Logistikcenter (Foto), sehen die Unternehmer des Jahres 2021 als Bekenntnis zur Region und zu den Menschen im Unternehmen.

© Michael Schley

„Made im Münsterland“: Unternehmer des Jahres führen Bewital in die Zukunft

rnUnternehmer des Jahres

In zweiter Generation führen Dr. Jürgen Wigger sowie Ulrike und Jürgen Petershagen die Bewital-Gruppe. Die Familie hat sie geprägt, sie sind tief verwurzelt mit der Region und den Menschen.

Oeding

, 30.12.2021, 17:00 Uhr / Lesedauer: 4 min

Die Auszeichnung als „Unternehmer des Jahres“ habe sie sehr überrascht, dabei stünden sie eigentlich nicht gerne im Vordergrund. Dr. Jürgen Wigger (51) sowie Ulrike (57) und Jürgen Petershagen (60) verstehen sich als Teil eines starken Teams, geprägt durch Attribute wie Bodenständigkeit und Verlässlichkeit, aber auch Innovationskraft und Investitionsmut. „Münsterländische Tugenden“, erklärt Jürgen Wigger.

Das Trio führt das Unternehmen Bewital in Oeding in zweiter Generation, ein echtes Familienunternehmen. Vor 20 Jahren hat es die Nachfolge von Bernhard Wigger angetreten. Dieser hatte mit Frau Renate das Unternehmen seit 1963 aufgebaut.

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Nicht zuletzt das nachhaltige Wachstum des Unternehmens auf Basis fester Grundsätze und mit einem konsequenten Bekenntnis zur Region hat die Jury zum Anlass genommen, die Mitglieder der Geschäftsführung als „Unternehmer des Jahres 2021“ auszuzeichnen. Der Preis wird jährlich von der Sparkasse Westmünsterland und der Münsterland Zeitung vergeben.

Nachhaltige Entwicklung in fast 60 Jahren

In den fast 60 Jahren des Bestehens hat Bewital eine bemerkenswerte Entwicklung durchgemacht. Und einen echten Strukturwandel. Bernhard Wigger hatte das Unternehmen in dem ersten Ansinnen gegründet, kleinere Metzgereien im Ruhrgebiet mit Fleisch aus eigener Aufzucht zu versorgen. Daraus entwickelte sich die Futtermittelherstellung, ein Spezialist für Jungtiernahrung entstand.

Heute agiert eine Unternehmensgruppe weltweit mit drei Standbeinen – Bewital agri (Spezialfuttermittel und Nahrungsergänzungen für Nutztiere), Bewital petfood (Super-Premium-Nahrung für Hunde und Katzen) und die westrans Speditionsgesellschaft.

Altes und künftiges Verwaltungsgebäude: Im Neubau werden viele Ideen umgesetzt, die die Unternehmensgruppe Bewital prägen. Schlagworte sind offene Kommunikation, Arbeitsgesundheit und Nachhaltigkeit.

Altes und künftiges Verwaltungsgebäude: Im Neubau werden viele Ideen umgesetzt, die die Unternehmensgruppe Bewital prägen. Schlagworte sind offene Kommunikation, Arbeitsgesundheit und Nachhaltigkeit. © Michael Schley

Sein Lebenswerk legte der Gründer 2001 in die Hände seiner Kinder und des Schwiegersohnes. Dieser Weg war vorgezeichnet: Der Betrieb sei am Mittagstisch immer Thema gewesen, erinnert sich Jürgen Wigger.

Auch nach seinem Ausscheiden habe ihnen ihr Vater als enger Berater zur Seite gestanden. „Er hat aber auch loslassen können, hat uns die Verantwortung übergeben“, blickt Ulrike Petershagen zurück.

Ihr Mann Jürgen Petershagen berichtet, dass Bernhard Wigger stets an der Meinung der Mitarbeiter interessiert gewesen sei. Der Diplom-Agraringenieur ist bereits über 30 Jahre im Unternehmen.

Mitarbeiter sind der maßgebliche Erfolgsfaktor

„Unsere Eltern haben uns vorgelebt, dass man Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Vertrauen und Freiräume schenken muss“, beschreibt Jürgen Wigger den wichtigsten Faktor des Unternehmenserfolges. Ein Beispiel: Der heutige westrans-Geschäftsführer Manfred Robers habe selbst als LKW-Fahrer im Unternehmen begonnen, heute setze dieser seine Idee einer serviceorientierten Spedition in der Unternehmensgruppe um. Eine echte Erfolgsgeschichte.

Eine gute Atmosphäre sei ein ergänzender Erfolgsbringer. „Wir gehen jeden Morgen selbst mit Freude zur Arbeit“, sagt Jürgen Wigger, wie seine Schwester studierter Wirtschaftswissenschaftler. „Und zufrieden nach Hause“, ergänzt Jürgen Petershagen.

Beide arbeiteten seit 1995 schon zusammen, bevor Ulrike Petershagen 1998 ins Unternehmen einstieg. „Das hat von Beginn an gepasst, keine Selbstverständlichkeit“, erklärt die gelernte Steuerberaterin.

Bis heute ist das Unternehmen Teil der Familie. „Auch das haben unsere Eltern so vorgelebt“, erläutert Jürgen Wigger. „Wir verstehen uns privat sehr gut, unternehmen viel gemeinsam“, so Jürgen Petershagen. Man sei zuversichtlich, dass die Kinder dies auch so sähen, die dritte Generation hat bereits den Weg über entsprechende Studienrichtungen eingeschlagen.

Mutter Renate ist weiter sehr am Unternehmen interessiert

Apropos Familie: Gerade in den aktuellen Pandemie-Zeiten, in denen Besuche im Unternehmen eingeschränkt sind, habe es sich zu einem Ritual entwickelt, bei Mutter Renate gemeinsam zu Mittag zu essen. So halte man sie auch nach dem Tode ihres Mannes auf dem Laufenden, sie sei noch sehr interessiert, weiß Ulrike Petershagen zu berichten.

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Auch wenn man sich die Schwerpunkte aufteile – Jürgen Wigger zeichnet hauptverantwortlich für den Bereich petfood, Jürgen Petershagen für die Sparte agri, Ulrike Petershagen für die Bereiche westrans sowie Finanzen/Steuern der Unternehmensgruppe – Entscheidungen treffe man immer gemeinsam am Tisch. Das habe sich bewährt, seit 2001.

Allein 60 Millionen Euro hat Bewital in den vergangenen sechs Jahren in den Standort investiert, unter anderem in das Hochregallager (hinten) und Verwaltungsgebäude (vorne).

Allein 60 Millionen Euro hat Bewital in den vergangenen sechs Jahren in den Standort investiert, unter anderem in das Hochregallager (hinten) und Verwaltungsgebäude (vorne). © Bewital

„Gerade in den ersten Jahren hatten wir auch schwere Zeiten zu durchleben. Beispielsweise hat die BSE-Krise zu großen Herausforderungen für Bewital geführt“, blickt Jürgen Wigger zurück. „Diese Krisen haben uns zusammengeschweißt. Es geht in Krisen nicht darum, Schuldige zu suchen, sondern gemeinsam nach vorne zu schauen“, ergänzt Jürgen Petershagen.

Zuvor, Mitte der 90er-Jahre, hatte Bewital eine echte Transformation angestoßen, in den 2000er-Jahren nahm diese richtig Fahrt auf. Im Bereich agri entwickelte sich das Unternehmen zu einem führenden Spezialisten für verkapselte Produkte mit dem Ziel, Tiernahrung herzustellen, welche die Gesundheit der Tiere natürlich erhöht. Im Bereich Heimtiernahrung konzentriert sich Bewital heute auf Produkte mit einem Maximum an Natürlichkeit. 2006 kam das eigene Speditionsunternehmen westrans hinzu. Ein wahrer Wachstumsschub.

Vater Bernhard ist den Weg des Wachstums mitgegangen

„Unser Vater ist diesen Weg mitgegangen, hat uns bei unseren strategischen Entscheidungen immer den Rücken gestärkt“, betont Ulrike Petershagen. Bernhard Wigger habe viel aus dem Bauch heraus entschieden, so Jürgen Wigger. Heute seien Entscheidungsprozesse deutlich komplexer.

„Mein Bruder und mein Mann sind starke Strategen“, berichtet Ulrike Petershagen. „Und meine Schwester ist die Vernunft“, erklärt Jürgen Wigger und lacht. In der Summe werde alles getragen durch eine gemeinsame Einstellung und die Unternehmenskultur. „Wir ergänzen uns gut“, sagt Ulrike Petershagen.

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Wichtig sei auch, dass man in all den Jahren zum Standort gestanden habe. „Wir kommen aus dem Münsterland und fühlen uns hier wohl. Das ist unsere Heimat“, erklärt Ulrike Petershagen. „Wir haben gemerkt: So wie wir uns aufgestellt haben, passen wir nur hierhin“, so Jürgen Wigger.

Die hohen Investitionen seien ein Bekenntnis zur Region und zu den Menschen, die dieses Unternehmen prägten und enorm viel leisteten. Allein in den vergangenen sechs Jahren investierte die Unternehmensgruppe 60 Millionen Euro am Standort wie zum Beispiel in das im Jahr 2021 eingeweihte Logistikcenter oder aktuell in den neuen Verwaltungskomplex.

50 Mitarbeiter sind bereits 30 Jahre und länger im Betrieb, auch beim Nachwuchs sehe es aktuell sehr gut aus. „Unser Team identifiziert sich mit dem Unternehmen und mit der Arbeit, gemeinsam bewegen wir viel“, kommt Jürgen Petershagen auf den Erfolgsfaktor Nummer eins zurück. Viele, die einst eine Ausbildung bei Bewital absolviert hätten, besetzten heute leitende Funktionen.

Mitarbeiter identifizieren sich mit ihrer Arbeit

Schon Vater Bernhard sei mit einem LKW-Fahrer von Bewital im Kegelclub gewesen, erklärt Ulrike Petershagen. Bei mittlerweile rund 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Gruppe ergäben sich zwangsläufig viele Schnittstellen, die auch den Arbeitsalltag belebten.

Die Verwurzelung mit der Heimat leben die drei Geschäftsführer auch mit ihrem ehrenamtlichen Einsatz vor. Jürgen und Ulrike Petershagen engagieren sich zum Beispiel seit vielen Jahren im Reitverein. Der 60-Jährige ist seit 20 Jahren Vorsitzender – und das als direkter Nachfolger von Schwiegervater Bernhard Wigger. Dieser war seit Gründung 1976 der Vorsitzende.

„Dass es in der Geschichte des Vereins so nur zwei Vorsitzende gab, das spiegelt auch die Kontinuität wider, die wir bei Bewital leben“, so Jürgen Petershagen. Wie Jürgen Wigger setzen sie sich beide ehrenamtlich in Lionsclubs ein.

Ein Einblick ins Labor: Die drei Unternehmer des Jahres halten auch in der Zukunft ein gesundes Wachstum im Blick.

Ein Einblick ins Labor: Die drei Unternehmer des Jahres halten auch in der Zukunft ein gesundes Wachstum im Blick. © Michael Schley

Bei den vielen engagierten Menschen sei es selbstverständlich, dass man die „tollen Vereine“ in der Region unterstütze, Kooperationen mit Kindergärten und Schulen pflege, betont Ulrike Petershagen. Ein Unternehmen sei schließlich auch eine Art Verein, eine Mannschaft mit besonderer Gruppendynamik.

Geschäftsführung behält gesundes Wachstum im Blick

Auch in der Zukunft sehe man weiter Chancen im Wachstum. „Es geht dabei deutlich schneller als geplant“, weiß Jürgen Wigger zu berichten. Man behalte den Weitblick und setze auf gesundes Wachstum, man müsse das Eisen aber auch so lange schmieden, wie es heiß sei.

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Alles entwickele sich aber nur weiter, wenn man die Grundtugenden in der Unternehmensführung vorlebe, betont Jürgen Wigger noch einmal. Um gleich wieder den Schwenk zu den Mitarbeitern zu machen. „Der Preis ehrt uns sehr. Aber eigentlich hätten hier auch unsere vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehen müssen. Denn sie sind der wohl wichtigste Baustein unseres Erfolges.“

Unternehmer des Jahres

  • Mitglieder der Jury:
Landrat Dr. Kai Zwicker Dr. Daniel Schultewolter (Wirtschaftsförderungsgesellschaft) Günther Kremer (Kreishandwerkermeister) Sven Wolf (IHK Nord-Westfalen) Wilhelm Bonse-Geuking (ehemaliger „Wirtschaftskapitän“) Wolfgang Niehues und Dieter Wenning (beide Sparkasse Westmünsterland) Berthold Garver-Föcker (Verkaufsleiter Münsterland Zeitung) Bernd Schlusemann (Redaktionsleiter Münsterland Zeitung) Georg und Peter Wessels (Preisträger 2020) Dr. Stefanie Schmickler und Dr. Michael Pietsch (Preisträger 2019) Leitung der Jury ohne Stimmrecht: Jürgen Büngeler (Sparkasse Westmünsterland) und Christoph Winck (Verlagsleiter Münsterland Zeitung)
  • Bisherige Preisträger:
2020: Georg und Peter Wessels (Wessels Schuhe aus Vreden) 2019: Dr. Stefanie Schmickler und Dr. Michael Pietsch aus Ahaus (Augen-Zentrum-Nordwest und Unternehmensgruppe Pietsch) 2018: Dieter Bauer aus Südlohn (Bauer GmbH) 2017: Andreas Rosing, Jörg Rewer und Rainer Joachim Laudert aus Vreden (Laudert GmbH und Co KG) 2016: Christian Grotholt und Ludger Gausling aus Heek (2G Energy) 2015: Ludger Wissing aus Südlohn (Pfreundt GmbH)
  • Die Preisverleihung:
Der Festakt für die Unternehmer des Jahres 2021 ist noch nicht abschließend terminiert, soll aber – sofern es die Pandemie zulässt – im Sommer stattfinden.