
© Bernd Schlusemann
13-Jährige in Kellereingang gezerrt und brutal vergewaltigt
Winterswyker Straße
Eine längere Haftstrafe erwartet einen 34-jährigen Oedinger, der eine 13-Jährige schwer sexuell missbraucht und vergewaltigt hat. Strafmildernd wirkte sich aus, dass der Mann sich geständig zeigte und sein Opfer nicht aussagen musste.
Schon vor der Eröffnung des Verfahrens vor dem Landgericht in Bocholt wurde deutlich, dass der Vorsitzende Richter es tunlichst vermeiden wollte, dass die zum Tatzeitpunkt 13-jährige Schülerin aussagen und damit die Tat erneut durchleiden musste.
Entsprechend startete das Gericht vor Prozessauftakt den Versuch einer Verständigung. Der aus der Untersuchungshaft vorgeführte Angeklagte, sein Anwalt, die Staatsanwältin, das fünfköpfige Schöffengericht und eine Dolmetscherin tagten ohne Publikum, hinter verschlossenen Türen. Nach etwa 30 Minuten dann kam der Vorsitzende Richter aus dem Saal, sprach mit dem Opfer und dessen Mutter.
Minderjährigen blieb Aussage vor Gericht erspart
Dabei konnte der Richter dem Mädchen mitteilen, dass es ihr erspart bleiben würde, dem Gericht die Geschehnisse am Tattag detailliert zu schildern. Der Angeklagte hatte sich auf einen „Deal“ eingelassen. Für sein Geständnis, so gab der Richter dann beim Prozessauftakt bekannt, sagte das Gericht dem Angeklagten eine Strafuntergrenze von 4,6 Jahren und eine Höchstgrenze von 5,3 Jahren Freiheitsstrafe zu.
Als die Staatsanwältin die Anklage verlas, wurde das Ausmaß der Tat für die damals 13-Jährige deutlich. Das Mädchen war im vergangenen Jahr auf dem Nachhauseweg, als es von dem Angeklagten - selber Vater einer 5-jährigen Tochter - auf der Winterswyker Straße angesprochen und dann in einen Kellereingang gedrückt wurde.
Die Jugendliche wehrte sich, konnte zunächst fliehen, wurde aber von dem 34-Jährigen eingeholt und gegen eine Hauswand gedrückt. Dann vergewaltigte der Angeklagte die Schülerin.
Täter stieß Opfer zu Boden und flüchtete
Unterdessen machte die Mutter der Minderjährigen sich Sorgen, weil ihre Tochter trotz kurzen Heimwegs von einer Freundin noch nicht zu Hause eingetroffen war. Als das Handy der Jugendlichen während der Tat klingelte, konnte sie das Gespräch annehmen und um Hilfe rufen: „Mama, Mama!“
Die Mutter und ihr Lebensgefährte machten sich sofort auf den Weg, um dem Kind zu helfen. Der Angeklagte hatte sie nach dem Anruf zu Boden gestoßen und war geflohen.
So viel zur Anklage. Der 34-Jährige bestätigte die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft, die ihn wegen schweren sexuellen Missbrauchs in Tateinheit mit einer Vergewaltigung angeklagt hatte.
34-Jähriger schiebt Tat auf Alkoholgenuss
In seiner Befragung gab der Angeklagte anschließend an, dass er nach Feierabend - er arbeitete in einer Fleischfabrik in den Niederlanden - etwa 1,5 Flaschen Wein und eine halbe Kiste Bier getrunken hätte. Er schob die Tat auf seinen Alkoholgenuss.
Dem folgte das Gericht in der späteren Urteilsbegründung allerdings nicht. Eine Blutprobe hatte einen Alkoholwert von 1,4 Promille zum Tatzeitpunkt ergeben. Alkohol habe bei der Tat „keine entscheidende Rolle“ gespielt, meinte auch die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer. Er habe sich aber „vielleicht enthemmend“ ausgewirkt.
Die Mutter des Opfers berichtete dem Gericht als Zeugin, dass ihre Tochter nach der Tat ihre Fröhlichkeit verloren hat und fast nur noch zu Hause oder bei einer Freundin ist: „Aus dem fröhlichen Mädchen wurde ein ernstes Kind“. Noch heute leide ihr Kind unter Schlafstörungen.
Der Angeklagte richtete im Prozess ein paar entschuldigende Worte an die Mutter. Die hörte ihm zwar zu, entgegnete dann aber: „Mit einer Entschuldigung kann nicht alles vergessen sein.“
In ihrem Plädoyer hielt die Staatsanwältin eine Freiheitsstraße von fünf Jahren und zwei Monaten für strafangemessen. Strafmildernd wertete sie, dass der Angeklagte seinem Opfer die Aussage erspart hatte. Als erschwerend sei die „überfallartige Tat in der Öffentlichkeit“ zu werten.
Der Verteidiger des 34-Jährigen sagte noch einmal, dass die Tat für seinen Mandanten „unerklärlich“ sei. „Er weiß, was er da gemacht hat“, sagte der Anwalt, sprach von einer „schrecklichen Tat“ und wies darauf hin, dass der Angeklagte selber Vater eines Kindes ist. Einen Strafantrag stellte er nicht.
„Erheblicher Strafrabatt“ durch Geständnis
Mit seinem Urteil von vier Jahren und sechs Monaten Haftstrafe blieb das Schöffengericht dann am unteren Ende des in der Verständigung verabredeten Strafmaßes. Der Vorsitzende Richter betonte den „erheblichen Strafrabatt“, den der Angeklagte erhalten habe, weil er dem Opfer eine Aussage erspart hatte.
Der Angeklagte bleibt nach dem Urteil in Haft und wird voraussichtlich zu einem späteren Zeitpunkt in sein Heimatland, nach Rumänien, abgeschoben. Die Ausländerbehörde der Stadt Münster - dort sitzt der 34-Jährige in Untersuchungshaft - bereitet aktuell die Abschiebung vor.
Diese erfolgt aber voraussichtlich erst, wenn der Angeklagte einen großen Teil seiner Haft in Deutschland abgesessen hat. Erst dann kann eine Überführung des Mannes in die Hände der rumänischen Justiz geprüft werden.
Hat Spaß an lokaler Berichterstattung auf Augenhöhe des Lesers und schreibt gern über Themen, die die Menschen in der Region berühren.
