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Ukraine-Krieg trifft die Palettenbranche – keine Paletten bedeutet leere Regale
Wirtschaft
Mit vielfältigen Widrigkeiten kämpfen Paletten- und Holzverpackungshersteller. Vielfach verursacht durch den Ukraine-Krieg. Andre Tenk (Paro) erklärt die Folgen, die viele treffen können.
Sonnenblumen- oder Rapsöl und Mehl sind derzeit bekanntlich bei deutschen Verbrauchern heiß begehrt. Doch nicht nur die Waren selbst drohen knapp zu werden, sondern auch die Paletten, auf denen sie geliefert werden. Mit Auswirkungen für die kritische Infrastruktur, aber auch viele weitere Lebensbereiche.
Die Ursache ist ähnlich, es besteht ein direkter Zusammenhang mit der Ukraine-Krise. Aber nicht nur. „Die Lage ist extrem angespannt“, bringt es Andre Tenk mit Blick auf die vielschichtigen Herausforderungen, denen sich das Unternehmen Gebr. Robers stellen muss, auf den Punkt.
Gemeinsam mit Manfred Robers führt Andre Tenk den Hersteller von Paletten und Exportverpackungen in vierter Generation. Fünf Wochen nach Beginn des Ukraine-Kriegs berichtet der Geschäftsführer von den Widrigkeiten am Beschaffungsmarkt und in den Lieferketten, mit denen der Betrieb mit insgesamt 60 Mitarbeitern zurechtkommen muss. Die Zusammenhänge sind komplex.
Holz- und Nagelpreise explodieren
Die überwiegend mittelständisch geprägte Branche stehe bereits seit Monaten unter Druck, teilte der Bundesverband Holzpackmittel, Paletten und Exportverpackung (HPE) jüngst mit. Ingo Mönke, Erster Vorsitzender der Gütegemeinschaft Paletten, schlug Alarm: „Wenn wir keine Paletten mehr bauen können, kommt die gesamte Lieferkette zum Stillstand. Keine Paletten bedeutet leere Regale in den Supermärkten.“
„Die Preise haben sich bei Einwegpaletten mehr als verdoppelt“, nennt Andre Tenk mit Blick auf extrem gestiegene Holzpreise und Energiekosten sowie Versorgungsengpässe ein Beispiel der Entwicklung. Mit den speziellen Nägeln komme ein weiteres Problem hinzu. 90 Prozent des sogenannten Drahtstahls, aus dem die für Paletten genutzten Nägel gemacht werden, kommen aus Russland, merkte der Bundesverband an.
Stahllieferungen sind wegen der Russland-Sanktionen aber untersagt. „Wegen der Knappheit steigt der Preis für deutsche lose Nägel auf das doppelte“, ergänzt Andre Tenk.

Rund 60 Mitarbeiter sind beim Südlohner Traditionsunternehmen, das Manfred Robers und Andre Tenk in vierter Generation führen, beschäftigt. © Robers
Auch bei verschiedenen Holzsortimenten kommt es bereits zu Engpässen bei deutschen Herstellern, weil Importe aus Osteuropa fehlen. Andre Tenk berichtet von Schwierigkeiten in den Lieferketten aus Lettland und Weißrussland. „Betroffen sind Vollholz, Schnittholz oder OSB-Platten, Birkensperrholzplatten oder Seekieferplatten aus Russland“, so Tenk.
Versorgungsengpässe bei Frachtkapazitäten kommen hinzu
Ebenso gebe es Knappheiten bei einfachen Einwegpaletten aus Lettland. „Hinzu kommen Versorgungsengpässe bei Frachtkapazitäten aus diesen Ländern. Durch die Sanktionen gegen Russland gibt es keine Rückladungen mehr“, betont Tenk.
Die Zahlen belegen die Bedeutung: Im vergangenen Jahr kamen je nach Holzsortiment bis zu 25 Prozent der deutschen Importe aus diesen Ländern – beispielsweise das für die HPE-Branche wichtige Sperrholz. 2021 stellte die deutsche Palettenbranche rund 120 Millionen Holzkonstruktionen her. Für eine Europalette braucht es übrigens elf Bretter, neun Klötze – und eben auch 78 Nägel.
Wie versucht das Unternehmen, den Entwicklungen entgegenzusteuern? „Wir versuchen, unsere Lagerhaltung aufzustocken, wo es geht. Vielfach explodieren die Preise und Verfügbarkeiten“, sagt Andre Tenk noch einmal.
Neue Widrigkeiten kündigen sich aus China an
Der Geschäftsführer sieht bereits die nächsten Hürden kommen, zum Beispiel die aktuell im Raum stehenden Anti-Dumping-Zölle auf Verbindungselemente aus Eisen. „Das wären zum Beispiel Schlossschrauben, Winkel und Scharniere, die aus China stammen. Darauf sollen künftig 86,5 Prozent Zölle erhoben werden“, erklärt der Südlohner.
Während sich in Europa die Inflation angesichts kräftig steigender Energiepreise erhöhe, baue sich bereits die nächste Welle auf. „Durch die Null-Covid-Strategie Chinas steht der weltweit größte Hafen in Shanghai kurz vor dem Stillstand – und damit droht eine massive Störung der weltweiten Lieferketten, die für einen neuerlichen Preisschub sorgen dürfte“, blickt Andre Tenk voraus.