Über 50 Jahre blickte Maria Lüdiger-Schmeing von der Orgelempore in die St.-Vitus-Kirche. Im letzten Viertel ihres Schaffens spielte die 64-Jährige dann auch in St. Jakobus in Oeding. In dieser Zeit habe der Beruf des Kirchenmusikers an Profil gewonnen, sagt sie zum Abschied.

© Michael Schley

Abschied nach über 50 Jahren: Maria Lüdiger-Schmeing hat ihre Register gezogen

rnNachfolger für Organistin kommt aus Heek

Über fünf Jahrzehnte hat Maria Lüdiger-Schmeing dafür gesorgt, dass die Orgel die Geschichte der Liturgie mit erzählt. Nun übergibt die 64-Jährige das Amt. Zum Nachfolger gibt es Parallelen.

Südlohn

, 15.04.2022, 12:00 Uhr / Lesedauer: 4 min

Die Parallelen sind eigentlich purer Zufall: Sowohl die scheidende Kirchenmusikerin Maria Lüdiger-Schmeing als auch Nachfolger Alexander Schwartenbeck haben sich neben dem Orgelspiel der Juristerei gewidmet.

Das bringt auch die Südlohnerin zum Schmunzeln – auch wenn der Anlass an diesem Dienstagmorgen eigentlich ein Abschied ist. Nach über 50 Jahren übergibt die 64-Jährige das Amt der Organistin für St. Vitus und St. Jakobus, künftig zieht Alexander Schwartenbeck die Register. In der Region kein Unbekannter.

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Nein, schwer fällt ihr der Abschied nicht. „Ich habe mich ja darauf vorbereiten können“, erzählt Maria Lüdiger-Schmeing. Nach so vielen Jahren seien die Gefühle dennoch natürlich „ambivalent“, „es öffnen sich aber auch neue Türen“, sagt sie mit Blick auf über fünf Jahrzehnte „Wochenend- und Feiertagsdienst“. „Ein gutes Gefühl macht es, dass der Übergang so reibungslos klappt“, betont die 64-Jährige.

Erster Klavierunterricht mir acht Jahren

Sie wirft den Blick zurück. Mit acht Jahren hatte sie mit dem Klavierspiel begonnen. „Nach drei Jahren stellte sich heraus, dass der damalige Organist Aloys Robben eine Vertretung suchte“, berichtet sie.

So kam sie mit elf Jahren zur Orgel. „Da war ich dann groß genug, um mit den Füßen an den Boden zu kommen“, meint sie und lacht. Ein nicht unwesentlicher Umstand beim Orgelspiel.

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Den ersten Gottesdienst durfte sie schon mit zwölf begleiten, gleich an Gründonnerstag: „Der klassische Sprung ins kalte Wasser. Ich war schon aufgeregt, gleich mit Chorbegleitung.“ Und der Eindruck muss ein guter gewesen sein. Denn: „Ich durfte wieder ran!“

An welch historisch wertvollem Instrument sie in der Vitus-Kirche spielen durfte, das schätzt Maria Lüdiger-Schmeing bis heute. Die Phase der Restaurierung sind ihr und Pfarrer Stefan Scho besonders in Erinnerung geblieben.

An welch historisch wertvollem Instrument sie in der Vitus-Kirche spielen durfte, das schätzt Maria Lüdiger-Schmeing bis heute. Die Phase der Restaurierung sind ihr und Pfarrer Stefan Scho besonders in Erinnerung geblieben. © Michael Schley

Fortan übernahm die Nachwuchsmusikerin Sonntagsgottesdienste und Urlaubsvertretungen. Nach ein paar Jahren wechselte sie dann nach Vreden zum Kantor Josef Janning, von 1974 bis 76 schloss sich die Kirchenmusikalische Schule in Münster an. „

So ganz nebenher.“ Aber mit Erfolg: Mit dem C-Examen schaffte die Südlohnerin die Grundvoraussetzung für eine Festanstellung. Sie lernte dabei auch den „komplexen Orgelaufbau“ kennen und weiß seitdem, welch historisch wertvolles Exemplar in St. Vitus vorzufinden ist – spätestens seit der großen Restaurierung vor Jahren.

Von der Arbeit als Anwältin zur Festanstellung

Zunächst spielte sie weiter „nebenher“, arbeitete zunächst als Anwältin. „Viele Juristen spielen Orgel“, wiederholt sie mit Blick zum Nachfolger. Als die Kinder geboren wurden, musste sie auch mal kürzertreten.

1994 war dann der Moment gekommen, sich für einen festen Vertrag zu entscheiden. „Ich war aber auch schon vorher nahezu jeden Sonntag und bei jedem Hochfest dabei“, erinnert sie sich zurück.

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2005 stand dann die Fusion mit St. Jakobus in Oeding an, seit 2006 spielte sie dann auch in der Nachbargemeinde. Der bisherige Organist war nach Münster gezogen.

Eine Herausforderung, „die aber zu schaffen war“. Auf 450 bis 500 Gottesdienste schätzt sie ihr jährliches Pensum. Sie ergänzt sofort: „Es geht natürlich um mehr als um das reine Orgelspiel. Auch die musikalische Vorbereitung ist wichtig.“ Gottesdienste seien schließlich Teamarbeit.

„Kirchenmusik ist Teil der Liturgie, sie ist abgestimmt auf die Schwerpunkte, die der Priester setzt“, erklärt die 64-Jährige. Pfarrer Stefan Scho denkt zum Beispiel an die individuellen Trauergespräche.

„Das ist alles eng verzahnt“, so Maria Lüdiger-Schmeing. Auch das „blinde Verständnis“ mit dem Pfarrer sei wichtig, wenn zum Beispiel die Abläufe sich veränderten.

„Das ist in St. Vitus in jedem Fall einfacher als in St. Jakobus“, meint Stefan Scho. Aber auch in Oeding habe man so seine Tricks der stillen Kommunikation gefunden.

Orgelrestaurierung ist besonders hängengeblieben

Ganz besonders erinnert sich Maria Lüdiger-Schmeing an die großen Kirchenkonzerte zum Ende der Vorweihnachtszeit, die durch Corona unterbrochen werden mussten. Hängegengeblieben ist auch die Phase der großen Orgelrestaurierung. „Ich haben den Orgelbauern über die Schulter geschaut und viel gelernt. Kleinere Probleme behebt der Organist schließlich selbst“, berichtet sie.

Sie habe sich nach den zwei Jahren nicht nur über die Rückkehr der Orgel gefreut. „Ich fand es auch toll, dass die Gemeinde den Auftrag an die weltweit renommierte Firma Klais aus Bonn vergeben hatte“, betont die 64-Jährige.

Das habe noch einmal gezeigt, um welch imposantes Exemplar es sich in Südlohn handelt. „Die Stimmer zeigen sich heute noch begeistert von der Orgel“, kann Pfarrer Scho berichten.

An welch historisch wertvollem Instrument sie in der Vitus-Kirche spielen durfte, das schätzt Maria Lüdiger-Schmeing bis heute. Die Phase der Restaurierung sind ihr und Pfarrer Stefan Scho besonders in Erinnerung geblieben.

An welch historisch wertvollem Instrument sie in der Vitus-Kirche spielen durfte, das schätzt Maria Lüdiger-Schmeing bis heute. Die Phase der Restaurierung sind ihr und Pfarrer Stefan Scho besonders in Erinnerung geblieben. © Michael Schley

„Die Menschen sollten sich immer im Gottesdienst wohlfühlen.“ Maria Lüdiger-Schmeing drückt ihre Leidenschaft und ihren Anspruch noch einmal in Worte aus. Sprich: Bekanntes Liedgut sei vielen wichtig, aber es galt auch immer, die Geschichte der Liturgie musikalisch zu erzählen.

„Ich habe mich immer gefreut, wenn unsere Schwester Oberin sagte, die Maria habe alles wieder gut abgestimmt“, erzählt Stefan Scho. Die Orgelmusik sei im besten Fall Teil der Verkündigung, „zu Ehren Gottes“.

Beruf des Kirchenmusikers hat an Profil gewonnen

Was ist in den fünf Jahrzehnten noch hängengeblieben? „Der Beruf des Kirchenmusikers hat an Profil gewonnen, wird heute als eigenständig erkannt“, sagt die Südlohnerin.

Ihr Vorgänger Aloys Robben war übrigens der ausgebildete Kirchenmusiker in Südlohn, ergänzt Stefan Scho. 1966 hatte es diesen aus dem Norden ins westliche Münsterland gezogen. Unter dem damaligen Pfarrer August Möllering wurde er der Küster und Kirchenmusiker von St. Vitus.

Nun beginnt ein neuer Lebensabschnitt für Maria Lüdiger-Schmeing. „Jetzt startet für mich das Wochenende nicht mehr erst am Sonntagnachmittag“, blickt die 64-Jährige voraus und lacht erneut.

Anders wird es weiter für Alexander Schwartenbeck aussehen. In ähnlichem Alter war auch er über das Klavier und die Musikschule Ahaus zur Orgel gekommen. „Unterricht habe ich vom Organisten in Legden erhalten“, berichtet der Asbecker.

Das C-Examen legte auch er in Münster ab. Nach gut zwei Jahren zuletzt in Heilig Kreuz in Heek und einige Jahrzehnte in der Heimat freue er sich nun auf eine neue Herausforderung und Chance als hauptamtlicher Kirchenmusiker. Der Auftakt am ersten April-Wochenende sei geglückt, schmunzelt Stefan Scho.

Und Maria Lüdiger-Schmeing? „Ich bleibe der Gemeinde natürlich erhalten.“ Von ihrer Musikalität und Erfahrung wird zum Beispiel der Familienchor weiter profitieren…

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