Makler Klaus Thering am Lichtgitter-Kreisel: Im Hintergrund liegen die 33.500 Quadratmeter seines Klienten. Thering und der Eigentümer wollen die Ackerfläche zwischen Eschstraße (L572) und Südlohner Weg in eine Gewerbefläche umwandeln. Die Stadt Stadtlohn lehnt das ab.

© Stefan Grothues

Trinkwasserschutz: „Filetstück“ am Kreisel darf nicht Gewerbefläche werden

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Trinkwasserschutz oder Gewerbeentwicklung? Warum darf eine Fläche im Wassereinzugsgebiet Gewerbegrundstück werden und eine andere nicht? Darüber streitet Makler Klaus Thering mit der Stadt.

Stadtlohn

, 22.02.2022, 17:30 Uhr / Lesedauer: 3 min

Stadtlohn braucht dringend neue Gewerbeflächen. In dieser Frage gibt es keine zwei Meinungen. Spätestens nach der Abwanderung oder angekündigten Abwanderung von zukunftsträchtigen Firmen wie Sicon oder Döpik weiß das jeder in Stadtlohn. Doch geeignete Flächen zu finden ist schwer.

Makler Klaus Thering hat eigener Einschätzung nach nicht nur eine geeignete Fläche im Angebot, sondern sogar eine heißbegehrte: 33.500 Quadratmeter, eine direkt am Kreisverkehr gelegene Ackerfläche zwischen Südlohner Weg und Eschstraße (L572). Thering: „Die Interessenten stehen Schlange: ein Verbrauchermarkt, ein Baumarkt, Industriebetriebe ...“. Doch die Stadt sagt Nein.

Fläche Nr. 1 darf nicht Gewerbefläche werden, Fläche Nr. 2 schon. Diese Auffassung vertritt die Stadtlohner Stadtverwaltung. Es droht eine juristische Auseinandersetzung mit dem Eigentümer der Fläche Nr. 1.

Fläche Nr. 1 darf nicht Gewerbefläche werden, Fläche Nr. 2 schon. Diese Auffassung vertritt die Stadtlohner Stadtverwaltung. Es droht eine juristische Auseinandersetzung mit dem Eigentümer der Fläche Nr. 1. © Grothues, Stefan

Der Eigentümer der Fläche, der namentlich nicht in der Zeitung genannt werden möchte, bezeichnet die Fläche als „ein echtes Filetstück“. Und er sagt im Gespräch mit unserer Redaktion: „Eigentlich müsste uns die Stadt doch dankbar sein, dass wir die Fläche als Gewerbe und Mischgebiet nutzbar machen wollen.“

„Fläche auf dem Silbertablett angeboten“

Im Auftrag des Eigentümers bot Klaus Thering dies der Stadt Stadtlohn Mitte Januar 2021 an, „auf dem Silbertablett“, wie er selbst sagt. Klaus Thering weist darauf hin, dass die Fläche am Kreisverkehr im Regionalplan als künftige Gewerbefläche vorgesehen ist. Einen Flächennutzungsplan oder Bebauungsplan gibt es allerdings noch nicht.

Auf eine Antwort der Stadt musste der Makler über elf Monate warten. „Erst am Tag vor Heiligabend habe ich den Antwortbrief vom Bürgermeister erhalten.“ Und die Antwort war aus Therings Sicht enttäuschend und unverständlich.

Trockene Sommer sprechen gegen Gewerbefläche

Bürgermeister Berthold Dittmann schreibt in dem Brief: „Mit Blick auf die drei sehr trockenen Sommer in den Jahren 2018, 2019 und 2020 wird die Stadt Stadtlohn aktuell keine neuen Flächenentwicklungen im Bereich des Wassereinzugsgebietes vornehmen. Es ist nicht möglich, das Grundstück Ihres Mandanten als Gewerbefläche zu entwickeln.“

Diese Begründung können Klaus Thering und der Flächeneigentümer absolut nicht nachvollziehen. Denn: Auf der anderen Straßenseite der L572 plant die Stadt gerade eine neue, 10.500 Quadratmeter große Gewerbefläche südlich der Firma Lichtgitter. Und diese Fläche liegt ebenfalls im Wassereinzugsgebiet. Thering: „Aus bodenhydrologischer Sicht sind die beiden Flächen absolut vergleichbar.“

Eigentümer beruf sich auf Gleichbehandlungsgrundsatz

„Es muss doch der Gleichbehandlungsgrundsatz gelten“, sagt der Eigentümer der Fläche. Was auf der einen Straßenseite erlaubt sei, dürfe doch unter den gleichen planungsrechtlichen Vorgaben auf der anderen Straßenseite nicht verboten sein.

Die fraglichen Flächen links und rechts der L572 liegen beide in der Wasserschutzzone 3. Sie umfasst das gesamte Einzugsgebiet der geschützten Wasserfassung.

Hier gilt kein generelles Bauverbot. Es gelten aber Nutzungseinschränkungen unter anderem für den Umgang mit Abfällen, wassergefährdenden Stoffen sowie Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmitteln.

Stadt Stadtlohn: Belange sind unterschiedlich zu gewichten

Klaus Thering führt auch an, dass weite Teil des Gewerbegebietes rund um Boschstraße, Südlohner Weg, Dieselstraße und Siemensstraße im Wassereinzugsgebiet liegen. An der Dinkellandstraße sei vor wenigen Jahren sogar eine Tankstelle genehmigt worden.

Dass die beiden Flächen vergleichbar seien, das bestätigt auch Mathias Pennekamp. Der Leiter des Fachbereichs Planen, Bauen und Umwelt im Stadtlohner Rathaus sieht aber wichtige Unterschiede.

Das Planverfahren für die Erweiterung der Firma Lichtgitter habe schon vor den Trockensommern begonnen. Über die Details der Sicherung der Trinkwasserneubildung sei die Stadt noch mit den SVS-Versorgungsbetrieben und mit der Bezirksregierung im Gespräch.

SVS wendet sich gegen weitere Flächenversiegelung

Der Trinkwasserversorger SVS habe aber schon frühzeitig deutlich gemacht, dass es keine weitere Versiegelung im Trinkwassereinzugsgebiet geben dürfe. Hinzu kommt aus Pennekamps Sicht noch ein zweites, entscheidendes Argument. „Wir müssen die Belange gewichten und gerecht abwägen“, sagt Mathias Pennekamp. Und da seien die beiden Flächen unterschiedlich zu bewerten.

„In einem Fall geht es um einen Betrieb, der schon da ist und auf eine Erweiterung angewiesen ist. Im anderen Fall geht es um Neuansiedlungen, die wir auch woanders in Stadtlohn ermöglichen können, zum Beispiel auf neuen Gewerbeflächen südlich von Wenningfeld“, sagt Mathias Pennekamp.

Rat muss noch eine politische Entscheidung treffen

Andererseits könne auch die Abrundung des Gewerbegebietes am Kreisverkehr ein wichtiger Belang sein. Wie auch immer, am Ende, so Mathias Pennekamp, müsse der Rat die politische Entscheidung treffen, wie die unterschiedlichen Belange zu gewichten seien. Diese Entscheidung sei noch nicht gefallen.

Klaus Thering und sein Klient haben unterdessen eine Klage gegen die Pläne der Stadt Stadtlohn für eine Gewerbegebietserweiterung südlich von Lichtgitter angekündigt. Ein Anwaltsschreiben liegt bereits im Rathaus vor.

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Klaus Thering: „Wir wollen die Erweiterung dort ja eigentlich nicht verhindern. Aber wir bestehen auf dem Gleichbehandlungsgrundsatz.“ Lieber als juristische Schritte wäre ihm ein politisches Umdenken. „Ich hoffe auf neue Gespräche mit allen Beteiligten.“

Gespräche hält auch Mathias Pennekamp für sinnvoller als eine Auseinandersetzung vor dem Verwaltungsgericht. „Gespräche mit allen Beteiligten sind immer geeignet, neue Ideen zu entwickeln und wasserwirtschaftliche Überlegungen anzustellen. Vielleicht gibt es ja auch noch neue Optionen für einen Grundstückstausch oder für Versickerungsanlagen, die Versiegelungen ausgleichen können.“