
© Stefan Grothues
Rally dreht in der Stadtlohner Traditionskneipe Lobbe den Zapfhahn auf
Kneipenleben
In der Lobbe fließt wieder Bier aus dem Zapfhahn. Die Traditionskneipe an der Josefstraße meldet sich aus dem Lockdown zurück. Das ist ein Anlass, mit Wirt Rally zu sprechen. Ein Lokaltermin.
„Die Lobbe“ ist sein zweites Wohnzimmer. Seit über vier Jahrzehnten ist Ludger Terbrack der Traditionskneipe an der Josefstraße aufs Engste verbunden. In den Jugendjahren als Gast, später als Kellner, heute als Wirt. Doch „Ludger“ nennt ihn hier niemand. In der Lobbe heißt er einfach nur „Rally“.

Bulls Ring ist ein beliebtes Kneipenspiel, das seinen Ursprung in England hat. Auch in der Lobbe hat es Tradition. © Stefan Grothues
Sieben deprimierende Corona-Monate liegen hinter ihm. „Ich habe fast täglich nach dem Rechten gesehen“, sagt Ludger Terbrack. „Das war schon ein trauriges Gefühl, nur noch Staub wischen zu können.“ In den ersten Wochen des Corona-Lockdowns hat er renoviert, alle Emaille-Werbetafeln abgehängt und die Wände neu gestrichen.
Stammgäste schätzen Kneipe als einen Ort der Verlässlichkeit
Dann hat er die stattliche Werbetafel-Sammlung genauso wieder aufgehängt. Keine Veränderung. Auch die Kegelpokale, das Bulls-Ring-Spiel und die Stammtisch-Fotos behalten ihren festen Platz. Schließlich ist die Lobbe ja nicht nur Rallys zweites Wohnzimmer, sondern auch das seiner vielen Stammgäste.
20 Stammtische und 20 Kegelklubs fühlen sich hier wohl. „Das Flair muss bleiben. Wenn ich zu viel verändern würde, dann würde der Schuss nach hinten losgehen. Dann würden sich meine Gäste hier nicht mehr zuhause fühlen. Dies ist ein Ort der Verlässlichkeit“, sagt der 58 Jahre alte Wirt.

Bulls Ring: Mit Gefühl lässt Wirt Ludger „Rally“ Terbrack den Ring am Faden schwingen, bis er am Haken einrastet. © Stefan Grothues
Der Tresen ist noch der gleiche, an denen der 17-jährige Rally ein gepflegtes Pils genoss. Das war 1979. Damals hatten geraden Wolfgang und Maria Steffens als Pächter die Kneipe von der Familie Lobbe übernommen. Das war die Zeit, als Ludger Terbrack und seine Freunde hier Stammgäste wurden.
Geschichte der Gaststätte reicht sechs Jahrzehnte zurück
Die Geschichte der Wirtschaft reicht aber weiter zurück: Hermann und Maria Lobbe gründeten die Gaststätte vor rund 60 Jahren. „Damals gab es in Stadtlohn und Umgebung noch 55 Kneipen, heute sind es gerade mal eine Handvoll“, sagt Ludger Terbrack. Die Lobbe hat überlebt. Aber es gab mehrere Wirtewechsel. Zunächst führte die Lobbe-Tochter Monika Clausen das Lokal weiter.
Auf Wolfgang und Maria Steffen folgten in den 1990er-Jahren Hansi Brüning und in den 2000ern Manfred „Moppi“ Wansing, ein Jugendfreund von Ludger Terbrack. „Das war die Zeit, wo ich mit dem Kellnern begonnen habe – nicht des Geldes wegen, sondern aus Leidenschaft.“ Ludger Terbrack sagt: „Ich mag die Geselligkeit in der Kneipe, die Gespräche, die Nähe zu den Menschen.“
Die Kneipe war auch wirtschaftliche Absicherung bei Jobsorgen
Als sich sein Freund Moppi vor sieben Jahren aus der Gastronomie zurückziehen wollte, bot er Ludger Terbrack die Pachtnachfolge an. Der griff sofort zu, und das nicht nur aus Leidenschaft. „Damals gab es bei Hülsta eine Entlassungswelle“, sagt Ludger Terbrack. Auch er fürchtete um seinen Arbeitsplatz in der Qualitätssicherung. Die Lobbe erschien ihm auch ein wirtschaftliche Absicherung zu sein.

Noch eine Besonderheit: Vor mehr als zwei Jahrzehnten wurden sämtliche Außenschilder fehlerhaft geliefert. Mehrfach heißt des dort "Gaststättte Lobbe". Wirt Rally Terbrack sagt: „Wir sind die einzige Gaststätte mit fünf t!" © Stefan Grothues
Die Arbeitsplatzsorgen sind längst passé. Jetzt ist Ludger Terbrack Wirt im Nebenberuf – und das von donnerstagabends bis zum Frühschoppen am Sonntag. Das geht gut, weil ihn sein Frau Elke und Tochter Anja unterstützen. Außerdem kann Ludger Terbrack auf ein achtköpfiges Thekenteam bauen.
Weil er noch einen Beruf außerhalb der Gastronomie hat, plagten Ludger Terbrack im Lockdown wirtschaftlich keine Existenzängste. „Die Pacht konnte ich mit den Coronahilfen vom Staat abdecken.“ Aber die Geselligkeit und das Miteinander in der Kneipe fehlten ihm.
Pünktliches Stelldichein der Stammgäste nach der Coronapause
„Das war schon ein gutes Gefühl, als ich am letzten Freitag (28. Mai) um halb fünf erstmals wieder die Tür aufgeschlossen habe und die Stammgäste pünktlich eintrafen – jeder zu seiner gewohnten Zeit. Alle wissen ja genau, wann sie wen hier treffen“, so Ludger Terbrack. Und schon bald machten viele Neuigkeiten die Runde, die in den vergangenen Monaten nicht erzählt werden konnten. „In der Zeitung steht ja nicht alles“, sagt der Wirt und lacht.

Freitagsmorgens wird das Bier in der Stammtischecke der Lobbe nur fürs Foto serviert. Aber am Abend ist der Platz wieder voll mit Gästen. © Stefan Grothues
Corona hat die Lobbe nicht klein gekriegt. Bei den weiteren Zeitläufen ist sich Ludger Terbrack aber nicht so sicher. „Die Stammgäste werden immer älter, und jüngere kommen kaum nach. Ohne Kegelklubs und Stammtische könnten wir nicht überleben.“
Und wie kam Rally eigentlich zu seinem Spitznamen? „Ach, das gehört eigentlich nicht in die Zeitung“, sagt er lachend und verrät nur soviel, dass es mit seiner Mofa-Vergangenheit zusammenhängt. Ludger Terbrack spricht lieber über die Zukunft. Und in der sieht er sich weiter als Wirt: „Ich mache weiter, was anderes kann ich mir gar nicht vorstellen.“