So sahen vor fünf Jahren die ersten Projektideen für ein Hotel an der Berkelmühle aus. Die Investoren von damals sind längst abgesprungen. Jetzt ist klar: Es werden sich wohl keine neuen Investoren für die Hotelidee begeistern lassen.

© Architekten Bock Neuhaus Partner

Spitze Kalkulation lässt Träume platzen: Kein Hotel an der Berkelmühle

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Die Stadtlohner Politiker hatten fünf Jahre lang einen Traum, den viele Bürger gerne teilten: An der Berkelmühle entsteht ein schickes Hotel. Ein Experte hat den Traum jetzt platzen lassen.

Stadtlohn

, 21.04.2021, 18:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Eine gewagte Architektur, modernste Ausstattung und ein digitales Vorzeigeprojekt: Vor fünf Jahren begeisterten die Unternehmen Tenbrink Hotelplan aus Stadtlohn und Tobit.Software aus Ahaus viele Stadtlohner mit einer Hotelidee. Das Zukunftsmodell „Smartel“ sollte den anhaltenden Bettenschwund in der Töpferstatt stoppen. An der Berkelmühle sollte das neue Hotel mit 80 Betten entstehen.

Die ersten Investoren sind abgesprungen

Bereits Anfang 2018, so die Planung damals, sollten die ersten Gäste übernachten können. Doch bekanntlich verzögerte sich das Berkelmühlenprojekt erheblich. Die Investoren sprangen nach und nach ab. Doch Stadtlohns Politiker und auch viele andere hegten eine Hoffnung: Vielleicht lässt sich ja ein neuer Investor für das Hotelprojekt an dieser prominenten Stelle begeistern. Am Dienstagabend hat Hotelexperte Jan Ewertz diesen Traum mit spitzen Zahlen platzen lassen.

So schön waren die Hotelträume im Jahr 2016: Das Smartel von der Burgstraße aus gesehen. Jetzt sind die Hotelträume passé.

So schön waren die Hotelträume im Jahr 2016: das Smartel von der Burgstraße aus gesehen. Jetzt sind die Hotelträume passé. © Architekten Bock Neuhaus Partner

Die Stadt Stadtlohn hatte Ewertz’ Hotel-Consulting-Firma RCM beauftragt, eine Machbarkeitsstudie für den Hotelneubau in Stadtlohns neuer guter Stube prüfen zu lassen. Denn einerseits träumten die Politiker einen Traum, andererseits gab es auch, so formulierte es Otger Harks, ein „Bauchgefühl“, dass sich ein Hotel nicht tragen könnte.

„Stadtlohn fehlt ein Magnet, der Gäste anzieht“

Jan Ewertz hat ein umfangreiches Gutachten zusammengestellt. Er nahm die Hotelbranche im Allgemeinen und in Stadtlohns Umgebung in den Blick. Er bewertete die Attraktivität der Region für Touristen. Und er rechnete Investition und Renditeerwartungen für das Stadtlohner Vorhaben konkret durch.

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Die Ergebnisse seiner Studie stellte er am Dienstagabend im Wirtschaftsförderungs-, Infrastruktur- und Stadtentwicklungsausschuss vor: Die Region ist solide und wirtschaftlich gesund. „Aber es gibt hier keinen besonderen Magneten, der Übernachtungsgäste anzieht“, so Jan Ewertz.

Hotelmarkt im Kreis ist unterentwickelt

Den Hotelmarkt im Kreis Borken bezeichnete Ewertz folglich als „schlecht und unterentwickelt.“ Die Übernachtungspreise lägen mit 50 bis 60 Euro zumeist auf einem geringen Niveau. Und die Tendenz zeige für die 64 Hotelbetriebe im Kreis Borken mit rund 3000 Betten keine Besserung. Ewertz: „Von 2017 bis 2019 ist die Zahl der Übernachtungen im Kreis um 15 Prozent zurückgegangen, während die Zahlen im Bundestrend nach oben gingen.“

Aber was ist, wenn man an der Stadtlohner Berkelmühle in schönster Umgebung ein besonders attraktives Hotel errichtet? Könnte das nicht eine Chance sein? Jan Ewertz hat es detailliert durchgerechnet. Bei Investitionskosten von 160.000 Euro pro Zimmer („das ist der Standard“) beliefen sich die Baukosten auf 4,8 Millionen Euro.

Renditeerwartungen sind nicht ausreichend

Bei einer Auslastung von 40 bis 55 Prozent („32 bis 34 Prozent sind normal im Kreis Borken) und einem Zimmerpreis von 70 bis 57 Euro („die Konkurrenz ist billiger“) errechnete Jan Ewertz inklusive Gastronomieeinnahmen in einer Betriebsprognose über fünf Jahre eine Rendite von 2,2 Prozent. Und das ist die entscheidende Zahl.

„Damit ist das Projekt gestorben. Für diese Rendite geht niemand das Risiko des Hotelbetriebs ein. Das Projekt ist einfach nicht umsetzbar. Sieben Prozent Rendite wären das Minimum“, so Jan Ewertz. Und er schickte an die Politiker eine Warnung hinterher. Subventionen oder Mischformen in Kooperation mit der Berkelmühle seien riskant: „Wenn das Hotel gebaut wird und dauerhaft nicht funktioniert, dann haben Sie sehr schnell eine Problemruine. Das wäre nicht schön für das Mühlenprojekt.“

Alteingesessene Familienbetriebe können erfolgreich sein

Aber warum gibt es in der Region erfolgreiche Landhotels, die zum Teil sogar noch weiter wachsen? Auf diese Frage hatte der Hotelexperte Ewertz eine einfache Antwort. „Diese Hotels sind aus der Gastronomie entstanden und werden oft seit Generationen geführt. Sie sind langsam Schritt für Schritt gewachsen.“ Daher hätten diese Familienbetriebe eine ganz andere Kapitalstruktur. „Wenn aber jemand fast fünf Millionen Euro auf einen Schlag investiert, dann tut er das nur mit bestimmten Renditeerwartungen.“

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„Das ist nicht das Ergebnis, das wir uns gewünscht haben, aber damit müssen wir jetzt umgehen“, kommentierte der Ausschussvorsitzende Jürgen Wörmer (UWG). Otger Harks (SPD) bedankte sich beim Gutachter für die klaren Worte und für die „Ehrlichkeit“. Harks: „Die Zeiten für Hotels werden noch schwerer. Nach der Coronapandemie wird es weniger Dienstreisen geben, weil Videokonferenzen jetzt ein erprobtes Mittel sind.“

Jetzt ist Kreativität gefragt. Was soll an die Stelle des geplanten Hotels auf dem neugestalteten Mühlengelände gebaut werden?

Jetzt ist Kreativität gefragt. Was soll an die Stelle des geplanten Hotels auf dem neugestalteten Mühlengelände gebaut werden? © Architekten Bock Neuhaus Partner

Helmut Stowermann (CDU) erklärte: Fünf, sechs Jahre haben wir uns jetzt mit dem Thema befasst und viel Herzblut da reingesteckt. Jetzt haben wir eine Zäsur. Das Thema ist durch.“ Und neue Pläne für die nun vakante Stelle auf dem Mühlengelände gibt es noch nicht. Matthias Tenhumberg (SPD): „Wir brauchen jetzt kreative Ideen für den Standort.