Charlotte Brüning ist gerade einmal 13 Jahre alt. Dennoch hat sie schon ihren ersten Forschungspreis in der Tasche. Kurz vor den Weihnachtsferien ist die Schülerin des Geschwister-Scholl-Gymnasiums mit dem Margot-Spielmann-Preis ausgezeichnet worden – für ihre Facharbeit zur Geschichte der Juden zwischen 1944 und 1945 in Stadtlohn.
Das Jüdische Museum Westfalen in Dorsten schreibt seit 2008 einen jährlichen Wettbewerb für Projekte und Facharbeiten aus. Zur Teilnahme waren Schülerinnen und Schüler aller Schulformen aus Westfalen und dem Rheinland aufgerufen. Eine erfahrene Jury aus Deutsch- und Geschichtslehrern sowie Historikern hat Charlotte Brüning einen Preis für die beste Einzelarbeit zuerkannt.
Schüler bearbeiten Themen nach Wahl
Charlottes Expertinnenarbeit ist im Rahmen der Begabtenförderung am Geschwister-Scholl-Gymnasium außerhalb des Unterrichts entstanden. Die Schülerinnen und Schüler haben sich so intensiv mit einem Thema ihrer Wahl beschäftigt.

Doch wie kommt eine 13-Jährige auf ein Thema, das zu den schlimmsten der deutschen Geschichte gehört? „Mein Uropa hat den Krieg selbst miterlebt“, erzählt Charlotte am Telefon. Ein Besuch im Stadtarchiv und eine Fernsehserie hätten ihr Interesse am Nationalsozialismus, am Zweiten Weltkrieg und der Judenverfolgung zusätzlich geweckt. Damit stand ihr Thema für das Schulprojekt fest.
Die Achtklässlerin erzählt von der Entstehung ihrer schriftlichen Arbeit: „Zunächst haben wir besprochen, wie wir eine Facharbeit schreiben und wie sie aufgebaut ist.“ Von Dezember 2021 bis März 2022 ging es dann an die Umsetzung.
Leiter des Stadtarchivs hilft weiter
Ihre Recherche habe sie zunächst zum Leiter des Stadtarchivs Stadtlohn geführt. „Ich habe ihn nach einem Treffen gefragt. Da hat er mir mehrere Bücher und Flyer mit Informationen gegeben“, erzählt Charlotte. Dabei sei die Arbeit mit den Quellen herausfordernd gewesen. „Das war keine einfache Sprache“, sagt die Schülern und ergänzt: „Außerdem hatte ich noch ein englisches Interview. Da hat mir mein Vater beim Übersetzen geholfen.“
Dass der Inhalt der Quellen keine leichte Kost ist, hat Charlotte schnell gemerkt. „Die Juden haben in Stadtlohn eine schlimme Zeit erlebt. Am Ende durften sie gar nichts mehr“, sagt sie. Erschreckende Parallelen zu dieser Zeit fand die 13-Jährige damals in der Gegenwart. Denn während sie an ihrer Facharbeit schrieb, startete Russland den Angriffskrieg gegen die Ukraine. Charlotte gesteht: „Erst Corona, dann der Krieg in der Ukraine und gleichzeitig das Thema der Arbeit - das war schon viel.“ Mit Turnen und Einradhockey habe sie sich zwischendurch abgelenkt.
Doch die Mühe hat sich gelohnt. Methodisch, inhaltlich und sprachlich sei die Arbeit rundum gelungen, urteilt die Jury des Margot-Spielmann-Preises. Auch Charlottes Lehrerin Cathrin Vorst lobte bereits im Sommer die fertigen Arbeiten ihrer Schülerinnen und Schüler: „Das könnten auch Proseminararbeiten von Studenten sein.“ Außerdem heißt es in einer Pressemitteilung der Schule: „Charlotte repräsentiert mit ihrem Interesse für die Aufarbeitung des Nationalsozialismus in besonderer Weise das Geschwister-Scholl-Gymnasium.“
Bücherei nimmt Facharbeit auf
Doch die wohl größte Auszeichnung hat wenig mit dem Margot-Spielmann-Preis zu tun. Denn die Bücherei St. Otger hat die Facharbeit in ihren Bestand aufgenommen. Interessierte können sich Charlottes Abhandlung über die Juden in Stadtlohn also ausleihen. Schließlich soll das Geschehene nie in Vergessenheit geraten.
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