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Corona-Krise: Fenestro näht 3000 Kittel für Stadtlohner Krankenhaus
Coronavirus
Statt Gardinen und Polster produziert „Fenestro“ aktuell Stoffkittel. Denn Einweg-Schutzkittel werden am Stadtlohner Krankenhaus langsam knapp. Geld verdient Fenestro mit der Aktion nicht.
Eigentlich ist das Stadtlohner Unternehmen „Fenestro“ auf Raumausstattung spezialisiert. Doch statt mit Gardinen, Polstern oder Sonnenschutzsystemen beschäftigten sich die zehn Mitarbeiter von Betriebsleiter Udo Schmiing aktuell fast nur noch mit einem Produkt: Stoffkitteln. Aus 4300 Quadratmetern Stoff und 600 Metern Gummiband sollen allein in dieser Woche 1500 Kittel gefertigt werden. Wenigstens noch einmal genauso viele sollen folgen.
„Eine echte Herkulesaufgabe, aber wir wollen unseren Teil zur Bewältigung der Krise beitragen“, sagt Udo Schmiing. Denn: Nicht nur Schutzmasken sind mittlerweile schwer erhältlich, sondern auch Einweg-Schutzkittel, die in den Krankenhäusern zur Standardausrüstung gehören.
„Michael Saffé, Geschäftsführer vom Klinikum Westmünsterland, hat mich angesprochen, ob wir nicht in dieser Ausnahmesituation mit waschbaren und wasserabweisenden Stoffkitteln aushelfen können. Da haben wir natürlich zugesagt“, berichtet Udo Schmiing. In Rekordzeit wurden Muster für eine Unigröße angefertigt. „Man muss ja so reinschlüpfen können. Egal ob Mann oder Frau.“
Normale Produktion aktuell gestoppt
Die normale Produktion an der Bahnallee wurde dafür gestoppt, neue Anschlüsse verlegt, das Netzwerk innerhalb der Branche aktiviert. „Für den Auftrag fehlten uns Nähmaschinen. Die hat uns aber kurzerhand ein Händler kostenlos zur Verfügung gestellt. Auch der verwendete Stoff wurde uns zum Sonderpreis verkauft“, erklärt der Betriebsleiter.
Geld möchte Fenestro mit dem Verkauf der Kittel nicht verdienen. „Wir verkaufen sie an das Stadtlohner Krankenhaus zum Selbstkostenpreis“, betont Schmiing. Dabei ist es aktuell gar nicht so einfach, die Kosten so gering wie möglich zu halten. Auf dem Markt sind die Preise teilweise innerhalb von Tagen explodiert.
Preise für Gummibänder explodiert
„Was teilweise für einfache Gummibänder, die bei Schutzmasken und Einweg-Kitteln verarbeitet werden, veranschlagt wird, ist absurd. Wir hatten das Glück, dass wir sie über einen deutschen Großhändler zum normalen Preis bekommen haben“, sagt Udo Schmiing.
Für ihn ist es eine Bestätigung, dass man mit den lokalen Anbietern häufig besser fährt und auf das seit Jahrzehnten gepflegte Netzwerk auch in der Not Verlass ist. „Man sieht ja, dass auf dem internationalen Markt Zusagen für Lieferungen gemacht werden, aber am Ende nur ein winziger Bruchteil wirklich ankommt.“
Keine Kurzarbeit geplant
Der Betriebsleiter ist nicht nur froh, dass das Stadtlohner Unternehmen seinen Teil zur Bewältigung der Corona-Krise beitragen kann, sondern hofft auch, dass man damit die Kurzarbeit umgehen kann. Denn auch an Fenestro ist die aktuelle Situation nicht spurlos vorbeigegangen. „Natürlich spüren wir die Auswirkungen der Krise. Zum Schutz unserer Mitarbeiter und Kunden beliefern wir aktuell keine Privatkunden. Glücklicherweise haben wir noch relativ viel Arbeit in der Polsterei und bei der Vorproduktion.“
Gemeinsam mit den (wenigstens) 3000 Kitteln für das Klinikum Westmünsterland und 500 weiteren für ein Altenpflegeheim könne das „mit viel Glück“ ausreichen, um die nächsten Wochen auch ohne Kurzarbeit durchzustehen. Für Udo Schmiing wäre das ein riesiger Erfolg: „Niemandem auf der Tasche zu liegen, ist ein gutes Gefühl.“ Nun sieht er aber auch die Großkonzerne in der Pflicht: „Wenn man sich umschaut, muss der Mittelstand wieder die Kohlen aus dem Feuer holen. Von den Großen wünsche ich mir da mehr Solidarität.“
1991 in Ahaus geboren, in Münster studiert, seit April 2016 bei Lensing Media. Mag es, Menschen in den Fokus zu rücken, die sonst im Verborgenen agieren.
