Was die Wohnungssuche für Flüchtlinge erschwert

Asyl-Helfer berichten

Eine passende Wohnung zu finden, kann schwierig sein. Vor allem für Menschen, die nach Deutschland geflüchtet sind, um Asyl zu beantragen. Flüchtlingshelfer aus Selm unterstützen sie bei der Suche - und sind selbst überrascht von den Reaktionen mancher Vermieter.

SELM

, 21.03.2016, 18:28 Uhr / Lesedauer: 3 min
Das Bild in Notunterkünften wie in Bork: kleine Kammern, viele Betten, kaum Privatsphäre. Auf dieser Basis ist Integration schwer. Etwas besser ist es in städtischen Unterbringungen. Aber letztlich braucht es Wohnungen.

Das Bild in Notunterkünften wie in Bork: kleine Kammern, viele Betten, kaum Privatsphäre. Auf dieser Basis ist Integration schwer. Etwas besser ist es in städtischen Unterbringungen. Aber letztlich braucht es Wohnungen.

2000 bis 4000 Wohnungen bräuchte es bald, um Menschen unterzubringen, die nach Deutschland geflüchtet sind. Das ergab eine Bürgermeisterkonferenz im Kreis Coesfeld kürzlich. Im Kreis Unna sieht es nicht anders aus. Wir sprachen mit Menschen, die bei der Wohnungssuche helfen. 

Mit zunehmender Zahl der zugewiesenen Flüchtlinge nimmt die Anzahl bezahlbarer Wohnungen ab. So fasst es Lutz Linder, Sprecher der Flüchtlingsinitiative Schicksalshelfer, zusammen. Denn Wohnungen, in die geflüchtete Menschen einziehen können, müssen bestimmte Anforderungen erfüllen – anders als solche, die nicht über Sozialleistungen gegenfinanziert werden. Sie dürfen eine bestimmte Miethöhe und Quadratmeterzahl nicht überschreiten. Die Rede ist von „angemessenem Wohnraum“.

Jede Kommune soll selbst Wohnraum schaffen

„Nach drei Wochen Wohnungssuche für ein syrisches Paar bin ich sehr ernüchtert, was die Integration in bestehenden Wohnungsanlagen angeht“, sagt eine Flüchtlingshelferin aus Olfen. Namentlich möchte sie nicht erwähnt werden, da sie von möglichen rechtsextremen Anfeindungen verschont bleiben will. „Ich fürchte fast, dass auch ein Wohnförderprogramm nicht zum gewünschten Erfolg führt.“

Über ein solches hatten die Bürgermeister in Coesfeld diskutiert. Am Ende stand die Verabredung, dass jede Kommune für sich entscheidet, wie man Wohnraum schafft. Das Thema betrifft dann bald auch wieder Selm: Dort ist der Unterbringungsdruck noch nicht so groß, da die Zahl der fest zugewiesenen Flüchtlinge seit Eröffnung der Notunterkunft in Bork konstant bei knapp unter 200 Menschen geblieben ist. Sollte das Land NRW seine Notunterkunft schließen, würde sich diese Zahl aber wohl deutlich verändern. Mehrere Hundert Asylbewerber könnten im Laufe des Jahres 2017 auf Selm zukommen – aber das ist alles noch vollkommen vage.

Manche Vermieter legen einfach auf

„Viele unserer Flüchtlinge sind auf aktive Hilfe angewiesen“, sagt Lutz Linder. „Sie sprechen noch zu wenig Deutsch, um selbstständig Anrufe bei potenziellen Vermietern zu erledigen.“ Wenn man mit Vermietern spreche und erwähne, dass man für geflüchtete Menschen suche, werde häufig „mitgeteilt, dass die Wohnung vergeben ist. Ich habe auch von Freunden gehört, dass einfach aufgelegt wurde.“

Wohnungen, die von Flüchtlingen neu bewohnt werden sollten, seien oft in einem grenzwertigen Zustand. „Wir versuchen, die Menschen und Wohnungen mit dem Nötigsten auszustatten. Das dauert manchmal, aber die Spendenbereitschaft der Selmer und Olfener ist nach wie vor sehr hoch. Das macht mich stolz und zuversichtlich.“

Ähnlich wie bei der (damaligen) Rönhagensiedlung in Olfen, erklärt die Olfener Flüchtlingshelferin, sei es notwendig, neuen Wohnraum zu schaffen und dann die Integration zu fördern. „Heute gehört die Rönhagensiedlung zur beliebten Wohngegend“, meint sie. Olfens Bürgermeister Wilhelm Sendermann sagt: „In Olfen steht uns im Baugebiet Ächterheide eine Fläche von 7000 Quadratmetern für Mietwohnungsbau zur Verfügung.“ Er könne sich vorstellen, dass ein Teil der zu schaffenden Wohnungen für anerkannte Flüchtlinge zur Verfügung stehe – vielleicht zehn Wohnungen.

Anja Palmer aus Bork meint: „Neuen Wohnraum zu schaffen ist notwendig. Aber mit der Zielsetzung, eine gemischte Mieterklientel anzusiedeln.“ Der größte Fehler wäre aus ihrer Sicht, jetzt designierten Wohnraum für Flüchtlinge zu schaffen. „Das wäre ein Hemmschuh für Integration, wenn ganze Häuserblocks oder Straßenzüge von Neubürgern bewohnt würde, anstatt Wohnraum in gewachsenen Nachbarschaften anzubieten.“

Wenn der Nachbar einheimisch sei, knüpften die Ausländer eher Kontakte – die Kinder spielten zusammen und man lerne sich eher kennen. Die Borkerin ist selbst in der Flüchtlingshilfe aktiv, zog 1978 nach Bork. „Denn sonst bilden sich isolierte Siedlungen heraus. Da kann die Kommunalpolitik Weichen stellen. Wohnungsförderprogramme wären eine Idee, mit Anreizen für Vermieter Wohnraum zur Verfügung zu stellen.“

Der Arbeitskreis Asyl Selm kennt die Problematik auch gut: „Es gibt hier sowohl positive wie auch negative Ergebnisse“, sagt Hans Hoppe, der sich dort engagiert. Einerseits müssten sie in das Kostenspektrum des Jobcenters passen, andererseits aber einen angemessenen Standard bieten.

Ziel der Städte und Gemeinden ist es, die Flüchtlinge nach einem Erstaufenthalt in den städtisch angemieteten oder vergebenen Wohnungen weiterzuvermitteln. Übergangswohnungen befinden sich „Auf dem Südfeld“ (Bork), „Am Kohuesholz“ (Cappenberg), Körnerstraße (Selm), Marienheim, Westwall, Kirchstraße und Neustraße. Die Erstunterkünfte können dann wieder an neu zugezogene Asylbewerber vergeben werden.