Ortslandwirt Friedhelm May aus Selm verwendet Handy und Computer bei der Arbeit auf dem Hof. Nicht nur die hohen Dieselpreise machen ihm Sorgen.

© Sabine Geschwinder (Archiv)

Selmer Ortslandwirt blickt sorgenvoll auf die Folgen des Ukraine-Kriegs

rnHohe Preise

Immer höhere Dieselpreise und auch der Dünger wird immer teurer. Doch den heimischen Landwirten macht nicht nur das Sorgen. Es gibt noch weitere Folgen des Ukraine-Kriegs.

Selm

, 14.03.2022, 18:55 Uhr / Lesedauer: 2 min

Wenn Friedhelm May seinen Schlepper betanken muss, würde er sich am liebsten einen Dukaten-Esel auf seinem Hof wünschen. „Bei den Dieselpreisen bekommt man einen Schlag, so ein Schlepper verbraucht am Tag schon mal 200 Liter Diesel“, so der Selmer Ortslandwirt. Eigentlich kauft er den Diesel für seine landwirtschaftlichen Fahrzeuge bei einer speziellen Tankanlage. „Das sind dann auch mal 2000 Liter, die wir kaufen. Aber inzwischen sind die Lieferanten tatsächlich teurer als der Diesel an den normalen Tankstellen.“ Und so ist sogar der teure Diesel an den Zapfsäulen derzeit noch billiger als der Großlieferant. Deshalb fährt May ab und zu mit seinen Fahrzeugen auch an die Tankstelle.

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Zurzeit sind die Landwirte auf ihren Äckern unterwegs und bereiten alles für die Aussaat vor. Viele Arbeiten, für die eben auch die Fahrzeuge benötigt werden. Teuer ist momentan auch der Dünger. „Es sind horrende Preise, die wir zahlen müssen. Das liegt unter anderem auch daran, dass eigentlich 30 Prozent der Düngerproduktion weltweit aus der Ukraine stammen. Durch den Krieg kann dort nicht produziert werden.“

Düngerpreise schossen in die Höhe

Mays Hof ist für dieses Jahr etwa zu 70 Prozent mit dem benötigten Dünger versorgt: „Ich habe schon im Dezember Dünger eingekauft“, so May. Dünger werde mit Hilfe von Gas erzeugt, zwischenzeitlich hätten die Hersteller weltweit die Produktion gedrosselt, bis die Düngerpreise in die Höhe schossen. Und in der Ukraine, so May, sei nicht nur wegen des Krieges die Produktion nicht möglich, auch die Infrastruktur sei zerstört, die Seehäfen für den Transport nicht nutzbar.

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Da wird aus der Gülle der Tiere hier vor Ort auf den Höfen „schwarzes Gold“. „Die wertvollen Inhalte Stickstoff, Phosphor und Kali müssen zeitgerecht auf die Äcker. „Wir entziehen dem Boden ja auch etwas, wenn wir das Getreide säen. Wenn man nicht düngt, dann wächst nichts.“ May selbst hat nicht nur 1200 Schweine, sondern betreibt auch Ackerbau. „Wir bauen Weizen, Gerste und Triticale, eine Kreuzung aus weiblichem Weizen und männlichem Roggen, an.“

Erntereifer Weizen - dieses Bild wird es wohl dieses Jahr in der Ukraine nicht geben. Dabei wird das Land als „Kornkammer Europas“ bezeichnet, doch der Krieg verhindert, dass die Landwirte säen können.

Erntereifer Weizen - dieses Bild wird es wohl dieses Jahr in der Ukraine nicht geben. Dabei wird das Land als „Kornkammer Europas“ bezeichnet, doch der Krieg verhindert, dass die Landwirte säen können. © picture alliance/dpa

Mit Blick auf das Thema Getreide macht er sich Sorgen um Länder, die eigentlich auf die Weizenernte aus der Ukraine angewiesen sind. „Die Ukraine ist ja die Kornkammer nicht nur Europas, sondern auch für viele andere Länder. Landwirte dort sitzen aber wegen des Kriegs nicht auf ihrem Trecker, sondern in Panzern, oder verteidigen ihr Land mit der Waffe.“ Und so befürchten er und auch Kollegen beispielsweise aus Lünen, dass der Krieg eine Hungerkrise zur Folge haben wird. „Was am 1. April nicht auf dem Acker ist, das kann nicht geerntet werden.“ Und so wie es derzeit leider aussieht, wird in der Ukraine nicht gesät und dann auch in einigen Monaten nicht geerntet. Das trifft vor allem die Länder Nordafrikas, die ihr Getreide aus der Ukraine beziehen.

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„Darüber machen wir uns schon Gedanken, da fühlt man richtig mit.“ Auch wenn May an die Tiere denkt, die seine ukrainischen Kollegen halten und die momentan kaum versorgt werden können, weil Menschen fliehen oder kämpfen müssen, ist er besorgt: „Die Landwirte können ihre Tiere ja nicht einfach freilassen, dann würden die Tiere auch sterben.“

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Aber auch zuhause droht Ärger. „Die Europäische Union will, dass die Landwirtschaft ab 2023 vier Prozent der Flächen stilllegt, sonst gibt es keine Prämien.“ Angesichts der fehlenden Ernten aus der Ukraine halten viele deutsche Landwirte diese Forderung für falsch. „Auch der Bundes-Landwirtschaftsminister Özdemir will daran festhalten, das finde ich ziemlich starrköpfig.“