Amira ist ein zweijähriger schwarzer Großpudel mit unbändigem Temperament. Das zeigt sich, wenn sie mit ihrem Herrchen Marc Dohms (30) und ihrem Frauchen Jacqueline Ehlers (28) Gassi geht. Dann rast der Hund über die Felder und Wiesen in Selm und Nordkirchen, wie es ausgelassene Hunde nun mal tun.
Es gibt aber auch Situationen, in denen Amira hochkonzentriert ist. Dann sucht sie nach verendenden oder verendeten Tieren. Amira ist nämlich ein ausgebildeter Jagdhund. Und das ist durchaus ungewöhnlich.
Marc Dohms ist passionierter Jäger. Schon als Kind ist er mit seinem Vater Thomas, ebenfalls Jäger aus Leidenschaft, durch die Felder und Wälder gestreift. Dohms hat gelernt, wie man sich verhält, und dass Hunde bei der Jagd eine wichtige Rolle spielen. Was der Mensch mit seinen Sinnen nicht mehr wahrnimmt, können Hunde erschnüffeln. Verendete oder verendende Tiere zum Beispiel, die bei der Jagd geschossen wurden. Da denkt man am ehesten an Dackel oder auch Münsterländer. Nicht aber an Pudel.
Seit Mitte Mai gehört Amira zu den Jagdhunden. Marc Dohms hat mit ihr trainiert, hat sie an das jagdliche Verhalten heran geführt. Geduldig. In Bayern hat der Großpudel dann bei einem Hundeverein die Prüfung zur Jagdhündin absolviert und bestanden. Amira musste sich dabei auf eine 400 Meter lange Rehwildfährte begeben, die die Prüfer einen Tag zuvor ausgelegt hatten.
Dohms musste in den Süden hierfür fahren, da in Nordrhein-Westfalen der Pudel nicht zur Jagdhundeprüfung zugelassen worden sei, erklärt der Selmer. „Der Pudel wurde Jahrhunderte lang gezüchtet, um aus dem Wasser zu apportieren. Nach und nach sei bei der Züchtung das Interesse an der Jagd in den Hintergrund gerückt. Frisierte Hunde - und zu einem solchen eignet sich ein Pudel - seien dann mehr als Begleit- und Gesellschaftshunde gezüchtet worden. Der Verein in Bayern hingegen sei der Auffassung gewesen, dass jeder Hund, der die Veranlagung habe, ein Jagdhund zu werden, es probieren dürfe.

Eine gewisse Ruhe
Aber warum kommt man überhaupt auf die Idee, einen Pudel zum Jagdhund auszubilden? „Couch, Gassi gehen und Fressen - dem ist wirklich nicht so“, erzählt Dohms. „Amira hat einen sehr starken Willen, etwas zu machen. Sie möchte arbeiten und wenn sie das nicht macht, ist sie auch nicht glücklich.“
Der Selmer erklärt, dass ein Hund, der bei einer Jagd mitmachen soll, über gewisse Eigenschaften verfügt. Er brauche eine gewisse Ruhe und einen gewissen Trieb, dem er nachgehen möchte. Diese Fähigkeiten hat Marc Dohms mit seiner Freundin Jacqueline Ehlers bei Amira auf dem Hof Brentrup und dessen Feldern und Wäldern an der Nordkirchener Straße trainiert. „Ich kenne Hugo Brentrup seit Jahren und die Familie Brentrup war von der Idee, den Pudel zum Jagdhund auszubilden, total begeistert.“ Schon seit Welpentagen hat Marc Dohms Amira an Gerüche, Geräusche und ans Wild gewöhnt. „Die aktive Ausbildung bis zur Prüfung hat letztendlich eineinhalb Jahre gedauert.“
Suche nach Menschen
Auf Jagden war Amira bisher nicht dabei. „Jetzt nach der Prüfung wird sie Stück für Stück an die reale Arbeit herangeführt“, sagt Marc Dohms. Was schneller passieren kann, als man denkt: „Wenn zum Beispiel ein Anruf kommt, dass ein Tier in der Dämmerung von einem Auto angefahren wurde und nicht aufzufinden ist, dann fahren wir raus.“ Auch das sei Teil der Aufgabe von Jägern und ihren Hunden.
Ihr Training, das regelmäßig weitergeht , absolviert Amira mit sichtbarer Freude, aber auch mit eben jener Konzentration, die ihre Fähigkeiten ihr erlauben. Aufmerksam verfolgt sie die Schweißspur - also die Spur des Blutes - die ihr Herrchen ausgelegt hat, bis sie das Tier gefunden hat.

Demnächst soll sie auch nach anderen Lebewesen suchen: Menschen. Amira wird nämlich von Jacqueline Ehlers zum Mantrailer ausgebildet. Also zum Personenspürhund, der helfen soll, vermisste Menschen zu finden. Eine Gruppe aus dem Deutschen Verein für Gebrauchshunde, Ortsgruppe Olfen, treffe sich mit ihren Hunden an belebten oder weniger belebten Orten. „Dann versteckt sich jemand und lässt zum Beispiel sein Halstuch, das er oder sie lange getragen hat, da, um dann die Hunde suchen zu lassen.
Ist Amira dann mit der Ausbildung fertig, kann sie etwa von Hilfsorganisationen wie dem Deutschen Roten Kreuz, dem Arbeiter-Samariter-Bund oder dem Malteser Hilfsdienst, angefordert werden. Bis dahin liegt aber noch ein längerer Weg vor ihr. „Wir hoffen, dass sie im Herbst ihre erste Prüfung ablegen wird“, sagt Marc Dohms.
Viel zu tun also für Amira, die zweijährige Großpudeldame. Nach Stress sieht es aber nicht aus, wenn man ihr so zuschaut. Sie ist eben auch ein ganz normaler Hund: „Sie ist lieb, verspielt, aufmerksam. Sie hat ein offenes Wesen“, listet Dohms auf. Und sie liebt es, für ihre Arbeit belohnt zu werden: „Wir haben schon alles durch: Leberwurst, Käse. Momentan sind Bockwürstchen hoch im Kurs.“
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