Das war die Frage, die ich mir vor der Recherche stellte. Und sie war nicht die einzige. Denn selbst wenn die Ärzte mir sagten, dass das möglich wäre, so stünde ja auch die Frage im Raum, inwiefern Senioren und Vorerkrankte Vorzug hätten. Ob überhaupt genügend Impfstoff und Personal wie Zeit vorhanden wären, um genügend Menschen die dritte Impfung zu ermöglichen? Ein Blick auf die aktuellen Corona-Zahlen reicht ja aus, um die Notwendigkeit der Drittimpfungen zu erkennen.

Deswegen appellieren die Selmer Ärzte Dr. Rainer Hagemann und Dr. Michael Stockmann, die Drittimpfung in Anspruch zu nehmen. Alle, deren Zweitimpfung mindestens sechs Monate her ist, können ihren Impfschutz erneuern. Eine Rolle spiele das Alter dabei nicht, sagt Stockmann.

„Bombadiert mit den Wünschen nach Drittimpfungen“

„Streng genommen kommen ältere und kränkere Personen zuerst. Aber die Politik hat gesagt, dass jeder die Drittimpfung erhalten kann, der will“, erklärt er. Impfstoff hätten er und sein Team auch genug, um allen die Drittimpfung anzubieten. Bei ihm fehlt es aber an den Terminen.

„Wir werden bombardiert mit den Wünschen nach Corona-Drittimpfungen“, erklärt er. Das sei zwar richtig und sinnvoll, aber irgendwann stoße die Praxis an ihre Grenzen. „Wir sind ja kein Impfzentrum.“ Die ersten freien Termine habe er wieder Anfang Januar. Wer also im Juli oder August seine Zweitimpfung erhalten hat, kann sich jetzt schon einen Termin machen, um pünktlich nach sechs Monaten seine dritte Impfung zu erhalten.

Bei Rainer Hagemann ist es auch so, dass er alle Personengruppen impft, auch wenn im Termin-Zweifel die Risikogruppen Vorrang hätten. Das Problem stelle sich aktuell aber auch nur sekundär. „Gerade bei den Risikogruppen ist es aktuell so, dass ihre Zweitimpfung schon sechs Monate oder länger zurückliegt. Die jüngeren Personen wurden meist ja etwas später geimpft und sind dementsprechend erst später mit der Drittimpfung dran.“

Termine kann er mit einer Vorlaufzeit von ein bis zwei Wochen machen. Je nach Impfstoff-Vorrat könne es sogar sein, dass man am nächsten Tag gleich vorbei kommen könne.

Ein großes Problem sehen beide Ärzte zurzeit weniger bei den Dritt-, sondern bei den Erstimpfungen. „Eigentlich bräuchten wir davon mehr“, sagt Stockmann. „Aber da kommt keiner mehr. 95 Prozent der Impfungen bei mir sind Booster“, erklärt er. Das sieht auch Hagemann so: „Die Erstimpfungen zurzeit sind spärlich. Lediglich Verunsicherte kommen kleckerweise und einige Jugendliche.“