Selm will alte Häuser an der Kreisstraße kaufen
Hoher Sanierungsaufwand
Für 4,2 Millionen Euro will die Stadt Selm Häuser an der Kreisstraße kaufen: 40 Wohnungen und zwölf Ladenlokale. Umstritten ist der schlechte Zustand der Häuser – es gibt erheblichen Sanierungsbedarf. Derweil macht sich ein Ladenbesitzer Sorgen um die Zukunft seines Imbisses.

Die Häuser hinter Foliotech und vor Lumberjack's Diner will die Stadt kaufen..
Mehr als 100 Jahre alt dürften die acht Gebäude an der linken Seite der Kreisstraße stadteinwärts sein: die Häuser 84 bis 68. Der Putz bröckelt. Innen sehe es wohl oft noch schlimmer aus, vermutet Marion Küper von den Grünen am Donnerstagabend während der Ratssitzung in Burg Botzlar.
„Die Wohnungen stehen zum Teil schon lange leer. Da ist bestimmt mit Schimmel zu rechnen.“ In jedem Fall mit hohem Sanierungsaufwand. Wie hoch genau, weiß zurzeit aber niemand. Die detaillierte Bestandsaufnahme stehe noch aus, so Bürgermeister Mario Löhr.
Wertgutachten gefordert
Das wundert Wilfried Zimmermann (UWG). „Wir brauchen doch erst ein Wertgutachten, und dann kann man entscheiden.“ Die Tatsache, dass weder das vorliege noch eine Kostenschätzung zum Sanierungsaufwand „macht mich stutzig“. Marion Küper geht es da genauso. „Bei 4,2 Millionen Euro wird man ja mal fragen dürfen“, findet auch Maria Lipke (UWG).
„Nein, ein Wertgutachten werde es nicht geben", antwortet Löhr. Das koste nur zusätzliches Geld und sei nichts wert, wenn die andere Seite es nicht akzeptieren wolle. Egal, wie verwohnt die Häuser auch sein mögen: „Wir haben jetzt die einmalige Chance, einen großen Komplex an der Kreisstraße zu erwerben“, so Löhr. Die dürfe die Stadt nicht ungenutzt verstreichen lassen.
Chance auf mehr günstigen Wohnraum
„Wir brauchen dringend mehr günstigen Wohnraum“, sagt er. Das bestehende Angebot in der Stadt richte sich vornehmlich an Menschen mit dickerem Geldbeutel. Für Ein- und Zwei-Personen-Haushalte mit geringem Einkommen gebe es kaum passende Angebote. Ab Januar 2018 werde Selm weitere Flüchtlinge zugewiesen bekommen, die mindestens drei Jahre blieben. Auch für sie sei passender Wohnraum Mangelware.
Den wolle die Stadt möglichst bald anbieten – bezugsfertig in den acht Häusern, so Löhr. Es gehe aber auch um Stadtentwicklung – um den mittelfristigen Abriss alter, zunehmend unansehnlicher Gebäude. Sie könnten Platz machen für neue, attraktive Wohn- und Geschäftshäuser an der dann rundum sanierten und verschönerten Kreisstraße.
„Eine echte Investition in die Zukunft“, so Michael Zolda (CDU). „Langfristig ein Hauptgewinn für die Stadt“, findet Udo Holz (SPD). „Wir können das nur unterstützen“, sagt auch Werner Sell (Die Linke). Bei einer Gegenstimme von Marion Küper stimmt der Rat dem kreditfinanzierten Kauf der Häuser zu – vorausgesetzt, die Bezirksregierung genehmigt den Nachtragshaushalt.
Imbissbesitzer nicht gefragt
Baran Günes und seine Eltern hören das einen Tag später, am Freitag, mit gemischten Gefühlen. Die Familie, die in Wesel wohnt, betreibt seit elf Jahren den Ali-Baba-Grill im Haus Kreisstraße 78. „Kunden haben uns von dem Vorhaben erzählt“, sagt Günes.
Er habe daraufhin an die Stadt geschrieben, aber keine Antwort bekommen. Das findet er schade. „Wir brauchen schließlich eine Perspektive“, sagt Mutter Sena Günes. Im Jahr 2020 laufe der Pachtvertrag aus.
Unsere Redakteurin Sylvia vom Hofe kommentiert:
Falsche Begründung
Auf Pump will die überschuldete Stadt Bruchbuden kaufen für Millionen. Eine Lachnummer? Nein. Ein neuer Klotz am kommunalen Bein? Vielleicht. Ein Schritt in die Zukunft? Hoffentlich. Denn was würde es nützen, die Aktive Mitte an der einen Seite der Kreisstraße zu bauen und das Einzelhandelszentrum mit Burger King an der anderen, wenn dazwischen eine Lücke mit verfallenden Häusern klafft? Die Entscheidung ist richtig, die Begründung nicht: Bei dem Häuserkauf handelt es sich vor allem um einen Beitrag zur Stadtentwicklung. Günstig Wohnungen anbieten zu können, ist nur ein Nebeneffekt. Die müssen noch woanders hin – schnell und ohne Verfallsdatum.
- Burger King ,
- CDU ,
- Die Linke ,
- SPD ,
- Stadt Selm ,
- Selm ,
- Mario Löhr