Revierförsterin Andrea Lenke glaubt fest an den heimischen Wald. Aber er werde sich in naher Zukunft erheblich verändern.

© Mühlbauer/Collage Sauerland

Försterin zum Zustand des Waldes: „Diese Buche stirbt am Sonnenbrand“

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Kaum eine gesunde Fichte, Buchen mit Sonnenbrand und dürre Eichen – dem Wald in Schwerte geht es nicht gut. Dennoch glaubt die Försterin fest, dass er weiter bestehen wird.

Schwerte

, 12.04.2022, 11:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Wenn man südlich der Ruhr im Wald spazieren geht, fallen einem die großen gerodeten Flächen ins Auge. Mal liegen dort noch Stämme, meistens sind sie aber schon abtransportiert. Noch vor wenigen Jahren erstreckten sich hier weite Fichtenwälder. Doch die Fichte gibt es kaum noch in Schwerte.

Die Dürren der letzten Jahre haben den flachwurzelnden Nadelbäumen schwer zugesetzt und die meist milden Winter dafür gesorgt, dass es immer mehr Borkenkäfer gibt. Im Grunde sei jede Fichte im Süden Schwertes betroffen, sagt Försterin Andrea Lenke.

Der heimische Wald wird sich verändern

Nach dem Zustand des heimischen Waldes gefragt, kann die Försterin nicht viel Positives sagen. „Der Wald wird sich verändern“, erklärt sie. Denn es sind nicht nur die Fichtenbestände, die unter den geänderten Klimabedingungen leiden, auch viele Laubbäume sind betroffen. Bäume, die noch vor einem halben Jahr so aussahen, als hätten sie die letzten Jahre gut überstanden, haben nun auffällige Kronen.

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Die Försterin zeigt auf eine Buche, die am Rande eines Buchenwäldchens in Ergste nahe der Autobahn steht. Die Rinde weist einen langen Riss auf. „Das ist Sonnenbrand“, erklärt Andrea Lenke. Die Sonneneinstrahlung hat den Baum mürbe gemacht. Ob die über 50 Jahre alte Buche wieder austreibt, ist ungewiss. In der dürren Krone sind von unten keine Knospen zu entdecken.

Es begann schon mit Kyrill

Los ging es eigentlich schon mit Kyrill, jenem Sturm, der 2007 über Europa hinwegfegte und große Schäden anrichtete. Danach konnte man mancherorts jedes Jahr eine weitere Reihe Bäume entfernen, die am Waldrand standen.

Buchen waren mit als erste betroffen, doch mittlerweile sind es auch Eichen, die vom Wurzelwerk noch etwas tiefer reichen als Buchen. Und mancherorts sind sogar Birken betroffen, die als Inbegriff des anspruchslosen Pionierbaums gelten.

Auch Forstbesitzer Jochen Schulte-Höfinghoff hat mit dem Klimawandel zu kämpfen. Immer öfter muss die Försterin auf Bäume von ihm einen Strich machen. Die so markierten Stämme müssen gefällt werden, auch aus Sicherheitsgründen.

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Eichelmast war eine Panikreaktion

Auch wenn der Wald über Selbstheilungskräfte verfügt, reichen die in diesem Fall nicht aus. Ein Beispiel: In den vergangenen Jahren gab es große Mengen an Bucheckern und Eicheln. Eichelmast wird das genannt und es galt früher als Anzeichen, dass ein kalter Winter folge.

„Aktuell ist es aber eine Art Panikreaktion der Bäume“, erklärt Försterin Andrea Lenke. Die reagieren auf die Trockenheit mit mehr Früchten, um die Art zu erhalten. Das funktioniere aber nicht, weil wegen der ungünstigen Bedingungen viel Früchte einfach kein keimfähiges Material mehr enthalten. Oder um es flapsig zu sagen: Es sind zu viele taube Nüsse darunter.

Bäume können nicht ewig viel CO2 speichern

Grundsätzlich sei ein Eingriff in den Wald aus klimatechnischer Sicht ohnehin wünschenswert. Denn die Aufnahme von CO2 sie bei Bäumen begrenzt. Irgendwann erreichen auch die Bauriesen ihren Peak und können kein CO2 mehr im Holz speichern.

Wenn das Sättigungsmaximum erreicht sei, wäre es deshalb gut, den Baum zu entnehmen. Wälder, die in einer Kaskadennutzung bewirtschaftet werden, in denen es also Bäume aller Altersstufen gibt, können mehr CO2 aufnehmen.

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Das funktioniert allerdings nur dann, wenn das Holz auch nachhaltig genutzt wird und nicht direkt als Brennholz oder Pellets das gebundene CO2 wieder in die Atmosphäre entlässt.

Habitatbäume für Specht oder Insekten

Das CO2 gelangt übrigens auch dann wieder in die Atmosphäre, wenn der Baum im Wald zerfällt. Langsamer als beim Verbrennen, aber schneller, als wenn es als Bauholz oder für Möbel genutzt wird.

Damit aber Spechte, Insekten und andere Tiere und Pflanzen ausreichend Lebensraum haben, müssen auch im bewirtschafteten Wald einige Bäume stehen bleiben. Habitatbäume nennt man die. Die Försterin kennzeichnet diese Bäume mit einer Schlangenlinie. Dann wissen die Waldbesitzer, dass sie diese Bäume nicht aus ihrem Wald rücken sollen.

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All das werde aber nicht das Ende des heimischen Waldes sein, ist sich die Försterin sicher. Der Wald wird sich nur wandeln. Und auf Dauer werden andere Baumarten im Wald dominieren: heimische und solche, die bei uns heimisch werden müssen. Welche das sind, ist noch nicht klar und unter Fachleuten auch umstritten.

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