Vorbild oder nicht? Streit um Gesamtschul-Namen
Theodor Fleitmann
Vorbild und Gönner der Stadt Schwerte oder williger Waffenproduzent für das Kaiserreich? Soll nach dem Gründer der Nickelwerke, Theodor Fleitmann, eine Schule benannt werden? Darüber stritten Schwertes Politiker im Stadtrat. Vor allem ein Grüner war strikt gegen Fleitmann.
Der Grünen-Ratsherr Maximilian Reinert erklärte: „Ich halte Fleitmann nicht für ein Vorbild für Schüler.“ Mit dieser Meinung brüskierte das Ratsmitglied nicht nur die Älteren im Gremium. Schließlich gilt der Industrielle, der einst aus Iserlohn nach Schwerte übersiedelte, als einer der berühmtesten Köpfe der Stadt.
„Fleitmann hat in seinen Nickelwerken unter anderem Patronenhülsen und Näpfchen für das Kaiserreich hergestellt“, so Reinert. Es sei somit nicht auszuschließen, dass mit Fleitmanns Produkten der Völkermord an den Herero begangen wurde.
Noch wichtiger sei aus seine Sicht, dass Fleitmann bekennender Nationalliberaler war. Die Nationalliberale Partei war im Kaiserreich eine einflussreiche Vertretung des Großbürgertums, die überwiegend die Bismarcksche Politik unterstützte. So auch die Sozialistengesetze und damit das Verbot der SPD, betonte Reinert. Fleitmann sei sicher eine Person seiner Zeit gewesen, aber als Namenspatron einer Schule sei er eher ungeeignet, so der Grüne.
Reaktion: Fleitmann hat doch den Brunnen finanziert
Das stieß auf heftige Reaktionen bei den anderen Ratsmitgliedern: Ein perfekter Name sei es, betonte der Vorsitzende des Schulausschusse Bernd Droll. „Ohne den wäre Schwerte nicht, was es ist“, erklärte er. Und Guntram Nies-von Colson (CDU): „Dann hat die SPD ja auch den Unrechtsstaat unterstützt, weil sie im Kaiserreich dem Beschluss zum Ersten Weltkrieg zugestimmt hat.“
Bürgermeister Heinrich Böckelür verwies auf das Rathaus und den Brunnen vor dem Rathaus, die maßgeblich oder komplett von Fleitmanns finanziert wurden. Und selbst die Grünen-Fraktion, die beantragt hatte, den Namen der Schulkonferenz zu überlassen und die Schule vorerst mit einem neutralen Namen auszustatten, stimmte nicht mit ihrem jüngsten Fraktionsmitglied. „Das ist die Meinung von Herrn Reinert, nicht die der Fraktion“, erklärte Fraktionssprecherin Andrea Hosang.
Eltern und Schüler waren vorher befragt worden
Am Ende stimmte dann die große Mehrheit des Rates für den Namen Theodor-Fleitmann-Gesamtschule. Reinert dagegen, seine Fraktion enthielt sich. Der Namensvorschlag, der übrigens noch im Schulaussschuss einstimmig und ohne Enthaltungen beschlossen wurde, war das Ergebnis einer Befragung der Eltern und Schüler des ersten Jahrgangs der neuen Gesamtschule.
Ein Vorschlag lautete, man solle die Schule wegen der benachbarten Nickelwerke nach deren Gründer benennen. Die meisten anderen Vorschläge sahen Namen wie Realschule am Bohlgarten vor. Vor der Gründung musste die Stadt eine Bezeichnung der Schule vorlegen.
Wer waren Fleitmann senior und Fleitmann junior?
- Franz Friedrich Theodor Fleitmann (1828-1904) war Chemiker und Unternehmer.
- 1861 gründete er in Iserlohn die Nickelfabrik Fleitmann und Witte
- 1870 zog die Firma nach Schwerte um.
- 1871 begannen die Nickelwerke mit der Produktion von Münzrohlingen. Das Nickelkleingeld wurde damals deshalb auch Fleitmännchen genannt.
- Fleitmann gelang es, Nickel walz- und schmiedebar zu machen.
- Sein Sohn Theodor Fleitmann finanzierte für die Stadt den Rathausbau vor 101 Jahren.