
© Muehlbauer, Heiko
TikTok mit Bürgermeister: Cooler Content oder politische Gefahr?
Ratsdebatte
Die Schwerter FDP möchte, dass die Stadt etwas unterlässt, das ihre Bundesprominenz macht: Einen Auftritt im sozialen Netzwerk TikTok. Das Thema wurde im Rat ausführlich diskutiert.
Besonders viel Inhalt bietet der Account der Stadt beim sozialen Netzwerk TikTok bislang nicht. Ein einziges Video von der Eröffnung der OGS (Offene Ganztagsschule) an der Heideschule, der Bürgermeister durchschneidet das Flatterband, unterlegt mit Text und Musik.
Die Zahl der Menschen, die sich für die Arbeit der Stadt auf diesem sozialen Netzwerk interessieren, ist sehr überschaubar. 36 Follower verzeichnet der Kanal. Der FDP im Rat der Stadt Schwerte ist das Treiben dennoch ein Dorn im Auge. Denn TikTok gehört einem chinesischen halbstaatlichen Unternehmen namens ByteDance, das eng mit der Staatsspitze in Peking kooperiert. Wegen der Zensur und undurchsichtigem Umgang mit den Daten ist das Unternehmen in die Kritik geraten. Deshalb beantragte die FDP im Rat der Stadt, die Nutzung dieses Kanals als Stadtverwaltung zu unterlassen. Klare Kante gegen autoritäre Regime wolle man damit zeigen, begründete FDP-Fraktionsvorsitzende Renate Goeke den Vorstoß. Der auf wenig Gegenliebe stieß.
@stadtschwerte Die Eröffnung der neuen OGS in Schwerte ⚔️ ##fy ##stadtverwaltung ##behörde ##bürgermeister
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Von Lindner bis Kubicki sind alle auf TikTok
Bürgermeister Dimitrios Axourgos verlas zu Beginn der Debatte eine lange Reihe an Namen: Von Christian Lindner bis zu Wolfgang Kubicki. „Sie ahnen schon, worauf ich hinaus will“, fragte er Renate Goeke. Das seien alles FDP-Politiker, die auf TikTok aktiv seien. „Das ist ein Zugang, mit dem man eine Altersgruppe erreicht, die man anders nicht erreichen kann“, so Axourgos.
Für den Vorstoß erhielt er Zuspruch von allen Seiten.
„Stadt hat keinen coolen TikTok-Content“
Michael Rotthove (Grüne) hatte Verständnis für die Bedenken der FDP: „Ich verstehe vollkommen die Bedenken der FDP. Eine Plattform, die vom chinesischen Staat kontrolliert wird, kann man kritisch sehen.“ Aber das gelte auch für andere Plattformen und deren Umgang mit Daten. Es gebe auch amerikanische, russische und wahrscheinlich auch schweizerische Plattformen. „Wir brauchen eine Lösung für alle Plattformen, wie wir damit umgehen“, so Rotthove. Ach ja, der bislang einzige Beitrag der Stadt sei allerdings „kein cooler TikTok-Content."
Warum gleich der ganze Rat über dieses Thema diskutieren müsse, fragte sich Simon Lehmann-Hangebrok (SPD). Schließlich habe man für solche Themen extra den Beirat Digitales gegründet.
„Es geht mir um die politische Einflussnahme“
„Es geht mir nicht darum, Jugendliche zu erreichen, es geht mir um die politische Einflussnahme, die dadurch möglich ist“, verteidigte Goeke den Antrag. Und wenn die Bundeskollegen auf TikTok aktiv seien, handele es sich um ein anderes Feld. „Wir sind die Schwerter FDP.“
Am Ende wurde der Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt. Und Bürgermeister Axourgos versprach: „Wir stellen demnächst auch coolere Videos auf TikTok."
TikTok gilt vor allem als ein Kanal für ein sehr junges Publikum. Die Nutzer verbringen hier nach Untersuchungen deutlich mehr Zeit als auf den klassischen sozialen Netzwerken.
Die Stadt hatte Anfang des Monats angekündigt, neben dem schon lange betriebenen Facebook-Kanal nun auch auf Instagram, YouTube und eben auch TikTok aktiv zu sein. Dann kam der Antrag und man stellte die Arbeit bis zur Ratsentscheidung ein.
Ist mit Überzeugung Lokaljournalist. Denn wirklich wichtige Geschichten beginnen mit den Menschen vor Ort und enden auch dort. Seit 2007 leitet er die Redaktion in Schwerte.
