Das Haus Binnerheide Nummer 15 in der Nachbarschaft von Ültje gehört zu den Häusern, die die Stadt gekauft hat.

© Heiko Mühlbauer

Stadt Schwerte kauft sieben Wohnhäuser – Bewohner müssen ausziehen

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Die Stadt Schwerte hat sieben Wohnhäuser gekauft. Die Bewohner dort müssen alle ausziehen. Der Grund dafür ist ein Fehler, der Stadt und Rat vor 55 Jahren unterlief.

Schwerte

, 01.06.2021, 05:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Die Stadt hat sieben Wohnhäuser gekauft, die vermutlich nie wieder zum Wohnen genutzt werden können. Und eigentlich hätten in den Häusern auch nie Wohnungen entstehen dürfen. Das Ganze war nicht billig. Schuld daran ist ein Fehler, der Rat und Verwaltung bereits in den 60er-Jahren unterlaufen ist.

2015 kam nach Recherchen der Ruhr Nachrichten heraus, dass die Stadt für rund 320.000 Euro ein Haus im Gewerbegebiet Binnerheide gekauft hatte. Das Gebäude war von Lage und Bausubstanz seinen Preis nicht wert. Aber es hatte für den Verkäufer einen entscheidenden Vorteil. Es lag so nah an der Firma Ültje, dass eine geplante Erweiterung der Firma nicht genehmigungsfähig war.

Formfehler machte Bebauungsplan nichtig

Doch von vorn: 1966 hatte die Stadt den Bebauungsplan für das Gewerbegebiet Binnerheide am östlichen Ende der Schwerterheide aufgestellt. Leider unterlief Verwaltung und Rat dabei ein Formfehler: Die sogenannten Träger der öffentlichen Belange wurden nicht ausreichend eingebunden. Wer einen Bebauungsplan aufstellt, muss sich nicht nur mit den betroffenen Nachbarn, sondern auch mit Naturschutzverbänden, Energieversorgern, Inhabern der Bergrechte und anderen auseinandersetzen.

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Das fiel später auf, die Stadt musste nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts den Bebauungsplan aufheben. Seitdem gilt dort der Paragraf 34 der Bauordnung. Und der besagt, dass man bauen darf, was in die Gegend passt.

„Versicherungsbüro“ mit einer Küche pro Etage

Und so entstanden neben Gewerbebetrieben dort auch Wohnungen. Zunächst hauptsächlich für die Firmeninhaber. Und das genehmigte die Stadt auch. Erst als Mitte der 90er-Jahre ein Bauherr ein „Versicherungsbüro“ plante, das in jeder Etage eine Küche haben sollte, wollte man dem Wohnungsbau im Gewerbegebiet einen Riegel vorschieben.

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Ohne Erfolg, das Verwaltungsgericht stellte fest: Ohne Bebauungsplan muss sich die Stadt an die eigenen Vorgaben halten. Und wer zehn Häuser mit Wohnungen im Gewerbegebiet erlaubt, muss das auch ein elftes Mal tun, so nachzulesen in einem Urteil des Verwaltungsgerichts aus dem Jahr 1995.

Erweiterungspläne von Ültje brachten Stein ins Rollen

Dennoch gingen weitere 20 Jahre ohne einen gültigen Bebauungsplan ins Land, bis Ültje eine neue Anlage für Erdnussflips bauen wollte. Die hätte man aber angesichts der nahen Wohnbebauung nicht genehmigen können.

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Um den großen Gewerbesteuerzahler nicht zu verprellen, kaufte die Stadt das Wohngebäude, natürlich nicht gerade zum Schnäppchenpreis. Und schon damals wollte man mehr Grundstücke kaufen und einen neuen Bebauungsplan aufstellen.

Doch dem kamen der Wahlkampf und die Bürgermeisterwahl 2018 in die Quere. Erst im Januar 2019 stand das Thema im Rat wieder auf der Tagesordnung. Damals beschloss man einstimmig, nun endlich einen Bebauungsplan aufzustellen, um den Betrieb der Firmen dort nicht zu gefährden.

CDU drängt zur Eile

Was aus dem geworden ist? Die CDU unternahm jetzt einen Vorstoß. Sie fragt, wie weit man über zwei Jahre nach dem Aufstellungsbeschluss sei und mahnt Eile an. Doch so einfach wird das nicht sein: Bis Ende 2023 werde man noch brauchen, antwortet die Stadt auf Anfrage dieser Redaktion.

Denn noch sind einige der Wohnungen bewohnt. Bis 2023 müssen Mieter oder Besitzer ausziehen. Dann sei das Problem von Wohnen neben lauten Gewerbe- und Industriebetrieben geregelt, so die Stadt. Dann könne auch ein neuer Bebauungsplan in Kraft treten.

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Was die Stadt für die Wohnhäuser ausgegeben hat und was man damit machen will? Dazu gab es keine Angaben. Gerüchten zufolge wurden allein für den Ankauf ein siebenstelliger Betrag in die Hand genommen.