Haus steht kurz vor dem Verfall: Zwei Mieter blieben zurück

© Heiko Mühlbauer

Haus steht kurz vor dem Verfall: Zwei Mieter blieben zurück

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In diesem Haus wohnen noch Menschen? Und das in der Schwerter Innenstadt? Ein junger Mann (35) zählt zu den letzten Mietern und erzählt, wie das Haus mehr und mehr vergammelte.

Schwerte

, 08.05.2021, 05:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Wer vor dem Haus an der Friedrichstraße 6 in Schwerte steht, mag kaum glauben, dass hier noch jemand wohnt. Die Fassade ist zerschlissen, in der Einfahrt und im Hof liegt Sperrmüll, das Dach des gemauerten Gartenhauses ist eingestürzt. Die Briefkastenanlage ist kaputt, allerdings stehen auf zwei Klingelschildern noch Namen.

Und in der Tat: In dem Gebäude, das eher einer Ruine ähnelt, gibt es noch zwei Mieter. „Machen Sie ruhig Fotos, damit mal jemand beim Ordnungsamt sieht, wie es hier aussieht“, sagt der Mann, der in Arbeitsmontur durch die Einfahrt kommt.

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„Mache ich“, entgegne ich. Aber dazu müsste er mir auch ein wenig über sich und das Haus erzählen. Wir verabreden uns für einen der kommenden Nachmittage. „Ich finde keine andere Wohnung, obwohl ich Arbeit habe“, ruft er mir noch hinterher.

Im Hof liegen verrottete Möbel

Am Nachmittag darauf schelle ich an der Klingel an der Haustür. Doch nichts passiert, man kann keinen Ton hören. Ich umrunde das Haus und versuche es an der Rückseite. Der Hof sieht schlimm aus: Eine reichlich vergammelte Couchgarnitur und andere Möbelstücke verrotten hier.

Ein Fenster ist behelfsmäßig mit Bauschaum abgedichtet, das andere mit einer Holzlade verschlossen. Auf wiederholtes Klopfen an die Holzlade meldet sich der junge Mann. Nein, in die Wohnung soll ich nicht kommen, wir setzen uns in den ungemütlichen Hinterhof.

Im Innenhof des Gebäudes sieht es nicht viel besser aus.

Im Innenhof des Gebäudes sieht es nicht viel besser aus. © Heiko Mühlbauer

Vor neun Jahren zog der heute 35-Jährige in das Haus in der Schwerter Innenstadt. Damals gab es noch einige Nachbarn, das Gebäude war komplett vermietet. 35 Quadratmeter sei seine Wohnung groß – für 160 Euro auch verhältnismäßig günstig. Geheizt werde schon seit eh und je mit Holz. Früher habe er das in dem Gartenhaus untergebracht. Doch mittlerweile ist auch da das Dach einstürzt.

Es begann mit der Stromversorgung

Begonnen habe alles damit, dass die Stromversorgung Zicken machte. „Wenn jemand im Hausflur das Licht anschaltete, ging bei mir der Fernseher aus.“ Nach und nach sei dann alles schlechter geworden. Als in einer Wohnung im Obergeschoss eine Heizung kaputt ging, sei die nicht repariert worden. Der Mieter habe die Heizung dann rausgerissen und dabei den Kamin für die eine Hälfte des Gebäudes kaputt gemacht. Seines Wissen heize der Nachbar mit Propangas.

Das Dach des Gartenhauses ist längst eingestürzt. Früher habe er dort Holz gelagert, erzählt der Mieter.

Das Dach des Gartenhauses ist längst eingestürzt. Früher habe er dort Holz gelagert, erzählt der Mieter. © Heiko Mühlbauer

Nach und nach zogen die übrigen Mieter aus. Ihre Möbel entsorgten sie zum Teil im Hof. In jüngerer Vergangenheit sei ein Teil des Sperrmülls entsorgt worden. Doch im Hof blieb einiges zurück.

Das undichte Fenster habe er selbst mit Bauschaum abgedichtet. Die Verriegelung lässt sich aber nicht mehr bedienen. Seit einiger Zeit bezahlt er nur noch den halben Mietpreis, 80 Euro. Doch darum gehe es ihm nicht.

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Seit zwei Jahren suche er nun selbst eine neue Wohnung. „Aber das ist gar nicht so einfach, obwohl ich Arbeit habe“, erzählt er. Zum einen möchte er in der Schwerter Innenstadt wohnen bleiben, zum anderen will er sich auf keinen Fall von seiner Katze trennen. Die habe er im Wald als ganz kleines Kätzchen gefunden.

Gesetz sagt, was als Wohnung genutzt werden darf

Bis zu welchem Grad des Verfalls darf man ein Haus als Wohnraum nutzen? Das regelt das Wohnungsaufsichtsgesetz. Demnach muss Wohnraum über ausreichende Belichtung und Belüftung verfügen. Schutz gegen Witterungseinflüsse und Feuchtigkeit bieten, Wasser und Stromanschluss haben, über eine Heizung oder Feuerstätte verfügen, Anschlüsse für eine Kochnische haben und über eine sanitäre Anlage verfügen.

Darüber hinaus muss die vorhandene Ausstattung nutzbar sein. Ob das für die Friedrichstraße gilt?

Bei der Stadt erklärte Pressesprecher Ingo Rous auf Anfrage: „Uns liegen keine Hinweise vor, dass der Wohnraum unbrauchbar ist.“ Allerdings kommen Beschwerden dieser Art wohl auch äußerst selten vor. In jüngerer Zeit habe es keine Meldung dieser Art bei der Stadtverwaltung gegeben.

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Anders sieht das bei dem Haus auf dem Grundstück direkt davor aus: Das Gebäude Kampstraße 15 wurde vor kurzem unter Denkmalschutz gestellt, obwohl es noch baufälliger ist. Ob das hilft? Das wurde im für Denkmalschutz zuständigen Bauausschuss bezweifelt.

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