Ein Stehtisch, ein Block, ein paar Kugelschreiber: Mehr hatte Gabi Weck nicht dabei, als sie sich eines Morgens am Frühstückstisch dazu entschied, aktiv zu werden. Ihr Ziel: Unterschriften für den Erhalt der Sparkasse Westhofen zu sammeln.
Still und leise machte sie sich im März 2019 auf den Weg zum Sparkassengebäude an der Amtsstraße. „Selbst mein eigener Mann wusste nicht, dass ich mich dahin stelle“, erinnert sich die 63-Jährige. Aber irgendwer musste etwas tun, dachte sie. „Man kann nicht darauf warten, dass es jemand anderes macht.“
Was sich aus der spontanen Aktion Anfang 2019 entwickelte, hätte sich die Mutter von zwei Söhnen nicht ausdenken können. Der Kampf um den Erhalt der Sparkasse Westhofen wurde zum Herzensprojekt von Gabi Weck.
Einsatz bei Wind und Wetter
Fortan stand sie wochen- und monatelang bei Regen, Schnee oder Hitze vor dem Eingang der Sparkasse und sammelte Unterschriften. Bei ihrer ersten Aktion 2019 sammelte sie mit Unterstützung fast 5000 davon. Mit dem Ergebnis, dass der Sparkassen-Standort bis 2021 und darüber hinaus sicher erhalten blieb.
Im August 2022 zog Weck erneut los. Streitigkeiten zwischen Sparkasse und dem Eigentümer des Gebäudes hatten zu einer Kündigung geführt. Das Mietverhältnis läuft deswegen zum Ende dieses Jahres aus. Aus Angst vor der endgültigen Schließung und um für einen neuen SB-Standort zu kämpfen, sammelte sie erneut Unterschriften - diesmal knapp 4000.
In der Zeit dazwischen machte sie auf die kaputte Rampe vor dem Eingang aufmerksam, auf die mangelnde Sauberkeit im SB-Raum sowie auf die teils tagelang leeren Geldautomaten. Gabi Wecks Einsatz für die Sparkasse ist aufopfernd und unermüdlich. Wie kommt das und was motiviert sie?
„Musste schon früh kämpfen“
Ihre Kämpfernatur wurde vermutlich schon in ihrer Kindheit geformt, meint die 63-Jährige. Weck wuchs in einer religiösen Familie auf. Mehrmals in der Woche standen Kirchenbesuche auf dem Plan. Als Kind machte Gabi Weck das zunächst mit - doch schließlich wollte sie nicht mehr. „Ich glaube, es prägt einen, wenn man schon früh für seine persönliche Freiheit kämpft.“ Eine unbeschwerte Kindheit habe sie nicht gehabt. Dennoch habe sie auch sehr schöne Erinnerungen an diese Zeit und ihre Eltern.
Auch später, als junge Frau, habe sie kämpfen müssen. Im Betriebsrat eines großen Pharmaunternehmens kämpfte sie für Arbeitsplätze. Auch wenn ihr eigener Arbeitsplatz nie betroffen war: die Schicksale der anderen Leute nahmen sie schon immer mit. Jahre später folgten Einsätze als Elternvertreterin - und schließlich die erste Unterschriftenaktion in Schwerte. „Als der Friedhof in Wandhofen geschlossen werden sollte, wurde mein Aktivistendasein so richtig gefördert.“
Zuspruch und Zweifel
Weck hat sich bei ihren Aktionen nie unterkriegen lassen, auch wenn sie selbst öfter mal gezweifelt habe, erzählt sie. Selbst Mitarbeiter anderer Banken und Filialen hätten ihr anfangs wenig Erfolg prognostiziert und gesagt, sie solle sich besser damit abfinden, dass der Standort bald zu ist.
Nicht viel besser gemacht hat es die Tatsache, dass ihre Aktionen weder von Sparkassen- noch von Politikerseite großartig beachtet wurden. Auf eine Antwort auf ihren Brief an Dortmunds Oberbürgermeister zur Situation in Westhofen vor einem Jahr wartet sie bis heute.
Doch Gabi Weck fand sich nicht damit ab - und wurde zum Sprachrohr der Einwohner weit über Westhofen hinaus. Der Zuspruch der Kunden war es auch, der sie am Laufen gehalten hat. „Ich habe immer mal wieder gezweifelt, ob das einen Sinn macht. Besonders an verregneten oder kalten Tagen dachte ich mir: 'Du könntest ja auch einfach zu Hause bleiben'“, erzählt die Schwerterin. Doch spätestens nach den ersten zwei, drei Gesprächen vor dem Eingang der Sparkasse wusste sie wieder, warum sie dort steht.

„Hoffnungsträgerin“
„Wenn man die Geschichten und Schicksale mitkriegt, von Alten, Kranken und Menschen mit Behinderung, das berührt einen.“ So erinnert sich Weck an Menschen, die teils unter Tränen erzählt hätten, dass sie ihr Haus mit der Sparkasse finanziert haben und sich jetzt, wo sie alt sind und abbezahlt haben, als Kunden nicht mehr gebraucht fühlen. Viele dieser Gespräche endeten damit, dass die Leute sich bei ihr bedankten und froh darüber seien, dass sich jemand kümmert. „Da fühlte man sich schon ein bisschen als Hoffnungsträgerin“, erzählt Weck.
Zu zeigen, dass jemand da ist, sei ihr bei ihren Aktionen auch immer am wichtigsten gewesen. Um ihre Person oder einen politischen Hintergrund sei es ihr nie gegangen, betont sie. Eine „Rampensau“ sei sie nicht. Den Eindruck vermittelt sie im Gespräch auch nicht.
Kundenkreis ist riesig
Ziel von Gabi Wecks Aktionen war und ist es auch, der Sparkasse und der Volksbank zu zeigen, wie viele Bürger am Erhalt des Standortes interessiert sind. „Es kommen ja nicht nur Kunden aus Westhofen, sondern auch aus Holzen, Wandhofen, Buchholz, Syburg, Garenfeld und Berchum. Geschätzt sind das fünf- bis sechstausend Leute“, so die 63-Jährige.
Wenige Minuten vor dem Eingang der SB-Filiale reichen, um zu erkennen, wie gut der Standort besucht ist. Kunden kommen im Minutentakt, holen Geld oder Kontoauszüge. Viele begrüßt Gabi Weck mit Namen. Man kennt die Frau mit den blonden Haaren, die noch bis vor wenigen Monaten fast jeden Samstag vor dem Eingang stand. Es wird geredet, über die Sparkasse und ihre Zukunft. Die ist mittlerweile klar: Ein SB-Pavillon soll unweit der jetzigen Filiale entstehen. Weck ist noch skeptisch. „Das glaube ich erst, wenn ich es sehe.”
Was sie immer gesehen hat, waren die Menschen. Und all diese schwirrten ihr im Kopf herum, als sie sich 2019 am Frühstückstisch dazu entschied, mit Block und Stift loszuziehen.
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