Karl-Willi Demgen (l.) berichtet Journalistin Claudia Belemann-Hülsmeyer und Filmemacher Wolfgang ter Jung von seiner Kindheit im nationalsozialistischen Schwerte.

© Claudia Belemann-Hülsmyer

NS-Zeit in Schwerte: Filmemacher suchen Zeitzeugen für Interviews

rnOral History Project

NS-Zeitzeugen, die Schwertes Geschichte erzählen können, werden immer weniger. Ein Oral History Project soll die Geschichten für die Nachwelt dokumentieren und wieder aufleben lassen.

Schwerte

, 08.11.2020, 11:55 Uhr / Lesedauer: 2 min

Bis zum Hals reichte dem kleinen Jungen Karl-Willi Demgen plötzlich das Wasser, obwohl sie schon die 11 Stufen bis zur Haustür im Obergeschoss hinaufgeflüchtet waren. Ein unheimliches, lautes Brausen hatte die Flutwelle angekündigt, die über den Mühlenstrang als große Wasserwand auf ihn und seine Schwestern zugeschossen kam.

Karl Willi Demgen hat als Sechsjähriger 1943 die Möhnekatastrophe miterlebt: die Bombardierung der Möhnestaumauer durch die Alliierten, die auch in Schwerte zu großen Überflutungen und zahlreichen Toten geführt hat. Jetzt hat er in einem rund einstündigen Videointerview von seinen Kindheitserinnerungen während der NS-Zeit und der Nachkriegszeit erzählt. Das Interview ist der Startschuss zu einer ganzen Reihe, die die Journalistin Claudia Belemann-Hülsmeyer und der Filmemacher Wolfram ter Jung in Arbeit haben.

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Geschichtsschreibung durch mündliche Erzählung

Oral History – so heißt ein wichtiger Zweig der Geschichtsschreibung: die Dokumentation historischer Ereignisse durch mündliche Erzählung, durch die Erfassung persönlicher Erinnerungen. Claudia Belemann-Hülsmeyer und Wolfram ter Jung möchten ehrenamtlich ein Oral-History Archiv für die Stadt Schwerte erarbeiten und nach und nach Schwerterinnen und Schwerter vor die Kamera bitten, die sich noch an die Zeit des Nationalsozialismus und die Nachkriegszeit erinnern können.

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Claudia Belemann-Hülsmeyer arbeitet seit 30 Jahren als Radiojournalistin und ist auch Autorin der bekannten Geschichtsfeature Zeitzeichen und WDR 2 Stichtag. „Es ist für die nachfolgenden Generationen wichtig festzuhalten, was uns die Zeitzeugen erzählen und mit auf den Weg geben können“, betonten die beiden Schwerter. Die Idee zu dem Projekt ist im Mai entstanden, als sich das Ende des 2. Weltkrieges zum 75. Mal jährte.

Gefragt sind persönliche Erinnerungen

Die Videos werden von Wolfram ter Jung professionell geschnitten und bearbeitet. Sie sollen über Youtube zugänglich gemacht und dem Stadtarchiv zur Verfügung gestellt werden. Belemann-Hülsmeyer und ter Jung würden sich aber auch über das Interesse von Schwerter Schulen und Lehrern freuen.

Schwerter, die bereit sind, ihre Erinnerungen zu erzählen, oder die das Projekt zum Beispiel finanziell unterstützen möchten, sind aufgerufen, sich telefonisch bei Claudia Belemann-Hülsmeyer unter der Telefonnummer 0177 3264165 zu melden.

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Es gehe nicht um spektakuläre Schilderungen, nicht darum, ob jemand spannend erzählen kann oder nicht. Gefragt seien persönliche Erinnerungen von Frauen und Männern, auch die Schilderung des Alltags in der damaligen Zeit. Die Interviews finden unter Einhaltung der Corona-Sicherheitsregeln statt: Abstand, Masken, Desinfektion, offenes Fenster. Wer momentan ein Interview scheut, aber grundsätzlich Interesse hat, möge sich auch melden.