
© Reinhard Schmitz
Kein Markt-Baum muss fallen – Stadt lehnt Bürgerbegehren trotzdem ab
Zweiter Anlauf
Auch den zweiten Anlauf für eine Bürgerbegehren zur Rettung der Bäume auf dem Marktplatz beurteilt die Stadt als unzulässig. Dabei ließ Bürgermeister Dimitrios Axourgos erklären: Kein Baum muss fallen.
Wie viele Bäume sollen denn nun eigentlich für die Umgestaltung des Marktplatzes fallen? Die Zahl variierte von Ratssitzung zu Ratssitzung. Waren zuerst eine ganze Reihe von Bäumen nicht zu retten, wurden es mit Protest und Gegenwind immer weniger: Jetzt soll angeblich kein Baum mehr für die Umgestaltung des Marktplatzes gefällt werden.
Das ist jedenfalls das Ergebnis einer Anfrage der Redaktion am Montag (28.6.) bei Stadtsprecher Ingo Rous.
Frage: Wie viele Bäume müssen gefällt werden?
Hintergrund ist die Debatte um eine Bürgerinitiative, die sich für den Erhalt der Stadtbäume einsetzt. Eine Anfrage bei der Stadt dazu, um wie viele Bäume es sich eigentlich handeln würde, erbrachte das überraschende Ergebnis. Kein Baum würde für die Umgestaltung des Marktplatzes fallen, hieß es kurz und bündig. Die Bäume könnten stehen bleiben oder würden umgesetzt. Das habe der Bürgermeister bestätigt.
Das überrascht vor allem deshalb, weil sich das Thema in einer Ratsvorlage, die am Mittwoch (30.6.) diskutiert werden soll, noch ganz anders liest. Da wird nämlich erneut über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens abgestimmt, das sich für den Erhalt der Bäume einsetzt. Um ihr Anliegen – alle Bäume am Markt und an der Brückstraße sollen bleiben – durchzubringen, fordern die Initiatoren der Bürgerinitiative ein Bürgerbegehren.
Aktivisten waren schon mal im Rat gescheitert
Schon einmal waren die Aktivistinnen und Aktivisten im Rat mit ihrem Antrag auf ein Bürgerbegehren gescheitert, weil die Stadt die Fragestellung auf den Unterschriftenlisten für rechtlich nicht zulässig hielt und der Rat der Stadt dieser Rechtsauffassung mit Mehrheit gefolgt ist. Aber man signalisierte der Initiative, es gebe eine Möglichkeit zur Nachbesserung.
Nun steht das Thema am Mittwoch (30.6.) erneut auf der Tagesordnung und wieder urteilt das Rechtsamt: Die Fragestellung und damit das Bürgerbegehren ist nicht zulässig. Und vermutlich wird auch diesmal der Rat wieder dieser Rechtsauffassung folgen.
Zumal das Rechtsamt schon vorab erklärt: „Sofern der Rat den durch die Vertretungsberechtigten zulässigen Antrag ablehnen würde, müsste der Bürgermeister diesen Beschluss gemäß § 54 Abs. 2 GO NRW beanstanden, da ein solcher Beschluss geltendes Recht verletzen würde.“ Oder um es anders zu formulieren: Auch wenn der Rat anders entscheidet, wird die Verwaltung das anfechten.
Fronten galten als verhärtet
Noch im Mai schienen die Fronten zwischen der Bürgerinitiative und der Verwaltungsspitze verhärtet. Bei der Ratssitzung regte CDU-Fraktionschef Marco Kordt einen Kompromiss an – zumal die Umgestaltung des Marktplatzes von diesem Jahr auf das kommende verschoben werden soll, weil die erwarteten Fördermittel nicht fließen.
Damals hatte der Bürgermeister selbst darauf hingewiesen, dass ein Kompromiss angesichts der Position „einige Bäume müssen weg“ und der Haltung „alle müssen bleiben“ schlecht denkbar sei.
Fest steht, dass ein Bürgerbegehren eine teure Angelegenheit wird: Denn sollte man mit der Forderung, alle Bäume zu erhalten, erfolgreich sein, müsste die Stadt zum einen ihren Wettbewerb zur Umgestaltung des Marktplatzes wiederholen, als auch erneut Ingenieursleistungen bezahlen. Die Verwaltung beziffert die Kosten mit rund 710.000 Euro. Und auch die 498.000 Euro, die man bereits ausgegeben hat, wären dann abzuschreiben.
Stadt: Frage ist nicht genau genug
Rechtlich hängt sich die Thematik am Text der Unterschriftenlisten auf. Die Frage lautet: „Sollen bei der beschlossenen Umgestaltung des Marktes in der Schwerter Innenstadt und der Brückstraße alle Bäume erhalten bleiben?“ Das sei zu ungenau, so das Urteil des städtischen Rechtsamtes. Das schreibt in seiner Begründung: „So ist die Bezeichnung der Örtlichkeit mit ‚Markt in der Innenstadt‘ unklar, weil hiermit keine Straße und kein Platz benannt wird, sondern ein Geschehen.“
Weiter heißt es: „Die unterzeichnenden Bürger*innen können nicht erkennen, auf welche konkreten Straßen sich die ‚beschlossene Umgestaltung‘ insofern beziehen soll. Damit können sie auch nicht verifizieren, welche Bäume von der Umgestaltung betroffen sein könnten. Hinsichtlich der Brückstraße wird zwar eine Straße benannt. Marktgeschehen findet aber nicht auf der gesamten Brückstraße statt, sodass auch hier unklar bleibt, welcher Straßenabschnitt gemeint ist. Da somit die Fragestellung des Bürgerbegehrens unzulässig ist, kommt es auf die Zulässigkeit der Begründung nicht an.“
Einen Hinweis darauf, dass ohnehin kein Baum für die Umgestaltung des Marktplatzes fallen muss, enthält diese Vorlage nicht. Wie man das Problem der Bäume, die den Plänen im Weg stehen, angehen will, lässt sich nur zwischen den Zeilen lesen. Denn neben dem Erhalt führte Stadtsprecher Ingo Rous auch die Umpflanzung als mögliche Lösung ins Rennen.
Klage vor Verwaltungsgericht ist eingereicht
Ob das der Initiative ausreicht, wird sich zeigen. Auf jeden Fall haben die Initiatoren bereits eine Klage beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen gegen die erste Ablehnung ihres Bürgerbegehrens eingelegt.
Ist mit Überzeugung Lokaljournalist. Denn wirklich wichtige Geschichten beginnen mit den Menschen vor Ort und enden auch dort. Seit 2007 leitet er die Redaktion in Schwerte.
