
© Reinhard Schmitz (A)
Pächter für Hoesch-Ziehwerk gefunden: Mittelfristig 50 Arbeitsplätze
Hoesch
Für Walz- und Presswerk waren nach der Hoesch-Insolvenz rasch Investoren gefunden worden. Der dritte Betriebsteil, die Ziehwerks-Halle, wird nun auch wiederbelebt. Der Pächter hat große Pläne.
Vor einem Jahr verloren sich gerade mal noch 28 Hoeschianer auf dem riesigen Gelände. Kurz darauf war Schluss im Ziehwerk, für das sich während des Insolvenzverfahrens von Hoesch Schwerter Profile kein Investor finden ließ. Doch bald werden dort jetzt neue Industrie-Arbeitsplätze entstehen.
Erst einmal im Spätsommer für 20 Mitarbeiter, mittelfristig soll deren Zahl auf 50 wachsen. Das kündigt Andreas Wolf, Finanzchef und Projekt-Manager der Akcelik Blankstahl (Kerpen bei Köln) an, die das Objekt von der Stadt Schwerte gemietet hat. „Am Freitag haben wir das unter Dach und Fach gebracht“, sagte er am Montag (28.2.).
Akcelik ist eines der größten Unternehmen in der Türkei
Der Qualitätsstahl-Spezialist Akcelik, 1978 in Izmir in der Türkei gegründet, hat sich nach eigenen Angaben mit 1.300 Kunden in der Türkei und Exporten in 60 Länder auf vier Kontinenten zu einem der führenden Unternehmen seiner Branche entwickelt. Es wird zu den größten Firmen der Türkei gerechnet. Im Jahre 2020 übernahm man die Firma Blankstahlwerk Sindorf in Kerpen.

Seinen strategischen Standort für Europa wird das stark wachsende Unternehmen aus der metallverarbeitenden Industrie in der früheren Halle des Hoesch-Ziehwerks einrichten. © Reinhard Schmitz (A)
„Aber wir wachsen so schnell, dass wir mehr Fläche brauchen“, erklärt Andreas Wolf. Deshalb werde man „mit Mann und Maus“ nach Schwerte ziehen: „Der Standort Schwerte wird strategisch für Europa.“ Von dort aus sollen europaweit Kunden von der Automobilindustrie bis zu Drehereien und dem Handel bedient werden.

Mit ihrem kompletten Lagerbestand und Maschinenpark zieht die Firma Akcelik Blankstahl von Kerpen ins frühere Hoesch-Ziehwerk in Schwerte um. © Akcelik
Gefertigt werden für sie künftig in Schwerte runde Stangen, die durch Schälen und durch das Pressen durch sogenannte Ziehsteine auf die benötigten Längen und Maße gebracht werden. Der gelieferte Durchmesser reiche von 5 bis 200 Millimetern: „Das kann kaum einer.“
Der Umbau in der früheren Ziehwerkshalle startet
„Wir sind die erste Stufe nach dem Stahlwerk“, erläutert Andreas Wolf die Funktion von Akcelik Blankstahl in der Produktionskette. Die Verformung geschehe kalt, ohne das Material zu erhitzen. Bei den Kunden wird die Ware anschließend weiterverarbeitet zu Komponenten von der Mülltonnen-Achse bis zu Maschinenteilen für Motoren.

Ihren Hauptsitz hat die Firma Akcelik in Istanbul-Gebze. Sie zählt zu den größten Unternehmen in der Türkei. © Akcelik
Die Umbaumaßnahmen an der leergeräumten Ziehwerks-Halle, deren altes Inventar der Hoesch-Insolvenzverwalter im vergangenen Jahr versteigert hatte, starten jetzt. Infrastruktur und Elektrik werden erneuert und an die künftigen Bedürfnisse angepasst. Eines der Nebengebäude soll zu einem Bürotrakt umgebaut werden.
Maschinen und Lagerbestand ziehen von Kerpen nach Schwerte um
„Im August/September sollen der Lagerbestand und die Maschinen umziehen“, sagt Andreas Wolf. Dann werden im ersten Schritt 20 Mitarbeiter in Schwerte tätig sein. Danach geht es weiter: „Wir investieren in Maschinen und Personal.“ Doch bei den weiteren Spezialmaschinen, die bestellt werden, muss mit einer Lieferzeit von zehn bis zwölf Monaten gerechnet werden. Mittelfristig wolle man auf 50 Mitarbeiter wachsen.
„Ein großer Erfolg für unsere Stadt“, jubelt Bürgermeister Dimitrios Axourgos in einem Internet-Post bei Facebook: „Mit großer Freude kann ich verkünden, dass nach dem Walzwerk und dem Presswerk nun auch das Ziehwerk auf der ehemaligen Hoesch-Fläche vermarktet werden konnte. Damit werden alle drei großen Produktionsstätten wieder genutzt.“
Die Stadt hatte das komplette Hoesch-Grundstück 2021 gekauft
Um Einfluss auf die Rettung der Industrie-Arbeitsplätze nehmen zu können, hatte die Stadt Schwerte das 240.000 Quadratmeter große frühere Hoesch-Gelände vor einem Jahr gekauft. Das Walzwerk und das Presswerk waren daraufhin von früheren Kunden gepachtet und weitergeführt worden.

Die Maschinen zur Bearbeitung der Stangen nimmt Akcelik Blankstahl von Kerpen mit in die Ruhrstadt. Weitere Anlagen werden bestellt. © Akcelik
Das ehemalige Ziehwerk mit seiner 14.000 Quadratmeter-Halle war dagegen im Immobilienportal Immoscout angeboten werden. Nachdem Akcelik Blankstahl zugegriffen hat, muss jetzt eigentlich nur noch für das große ehemalige Verwaltungsgebäude von Hoesch eine neue Nutzung gefunden werden.
Reinhard Schmitz, in Schwerte geboren, schrieb und fotografierte schon während des Studiums für die Ruhr Nachrichten. Seit 1991 ist er als Redakteur in seiner Heimatstadt im Einsatz und begeistert, dass es dort immer noch Neues zu entdecken gibt.
