
Gut Steinhausen wird im August zwangsversteigert. © Heiko Mühlbauer
Besitzer starb 2021: Dieses Rittergut wird im FZW zwangsversteigert
Ungewöhnliche Immobilie
Ein Rittergut samt Einfamilienhaus kommt im August unter den Hammer. Doch viel übrig ist von der Immobilie nicht. Das hat auch mit dem schillernden Ex-Besitzer zu tun. Die Hintergründe.
Auf alten Fotos sieht das Gut Steinhausen wie eine kleine Burg aus: ein Turm, ein Haupthaus und Nebengebäude hinter einer Bruchsteinmauer. Hier lebten einst die Herren von Blankenagel, die verwandtschaftliche Verbindungen bis in russische Adelskreise hatten. Der letzte Besitzer des Rittergutes war allerdings weder adelig noch vermögend. Nach seinem Tod kommt das Rittergut jetzt unter den Hammer.

Die Remise und das Torhaus brannten 2015 ab. © Heiko Mühlbauer
600.000 Euro weist das Wertgutachten aus: Dafür erhält der Bieter ein 36.617 Quadratmeter großes Grundstück mit einem denkmalgeschützten Gebäudeensemble. Was von der Anlage über die Jahre übrig blieb, ist überschaubar. Denn bereits zweimal stand der Gebäudekomplex in jüngerer Vergangenheit in Flammen.
Besitzer des Ritterguts starb 2021
Die Spur führt zu B., einem Dortmunder Geschäftsmann, der Anfang 2021 im Alter von 79 Jahren gestorben ist. B. hinterließ einige Immobilien, fast alle waren aber hoch verschuldet. So auch Gut Steinhausen. 1995 hatte B. das Rittergut gekauft und Pläne vorgelegt, es zu einer Reitanlage umzubauen. Doch das scheiterte unter anderem am Denkmalschutz.
1999 brannte das Herrenhaus bis auf die Grundmauern nieder: Die Polizei ermittelte wegen Brandstiftung und brachte B. deshalb sogar vor Gericht. Die Brandstifter hatten sich nämlich bei der Tat verletzt und den Inhaber beschuldigt. 2015 brannte es wieder und diesmal gründlicher: Der Wehrturm, das Torhaus, Remise und Bruchsteinmauer fielen den Flammen zu Opfer. Wieder vermutete die Polizei Brandstiftung. Später erklärte man aber, dass sich dieser Verdacht nicht erhärtet hätte. Die Brandursache blieb unklar.
Gesindehaus 2000 zum Einfamilienhaus umgebaut
Während die historischen Anlagen immer mehr verfielen, wurde das ehemalige Gesindehaus 2000 zu einem Einfamilienhaus ausgebaut. Das Gebäude ist aktuell bewohnt. Ob es tatsächlich legal gebaut wurde, bezweifelt der Experte, der für die Zwangsversteigerung ein Gutachten erstellt hat.
Das würde auch zur Vergangenheit passen. Denn Ex-Besitzer B. geriet mehrfach mit dem Denkmalschutz aneinander. Zum Beispiel als er 2002 die Gräfte ausbaggern ließ.
Außer der Bewohnerin des Einfamilienhauses gibt es noch weitere Mieter auf der Anlage: Zwei Autowerkstätten und ein Hundeverein nutzen das Areal, Die Gebäude werden aber vom Gutachter als stark sanierungsbedürftig und teilweise einsturzgefährdet eingestuft.
Rund eine Millionen Verbindlichkeiten im Grundbuch
Viel Miete komme dabei nicht herum, sagt Peter Jürgens. Der Privatier aus Buchholz gehört zu den zahlreichen Gläubigern B.s. Mehrfach hatte er seinem Nachbarn mit erheblichen Geldbeträgen ausgeholfen. Erst später hatte er bemerkt, dass er nicht der einzige Gläubiger B.s war.
So stehen alleine im Grundbuch für Steinhausen rund eine Millionen Euro Verbindlichkeiten. Jürgens ist es auch, der gemeinsam mit einem anderen Gläubiger die Zwangsversteigerung betreibt. Auch wenn er am Ende mit größter Wahrscheinlichkeit nicht sein Geld zurück bekommt.
Denn dass die Immobilie tatsächlich für 600.00 Euro oder mehr unter den Hammer kommt, ist hoch unwahrscheinlich. Zumal es bei der Stadt Dortmund eine Bauvoranfrage eines Interessenten gab, die „aufgrund des erhöhten Aufwandes im Rahmen der Verkehrswertermittlung“ nicht beantwortet wurde. Die Gläubiger hoffen immer noch, dass man einen Liebhaber findet, der sich des historischen Rittersitzes annimmt.
Zwangsversteigerung bereits 2016 beantragt
Bereits 2016 hatten die Gläubiger die Zwangsversteigerung beantragt. Auch damals war die Immobilie bereits überschuldet. Aber es gelang dem Eigentümer immer wieder, die drohende Zwangsversteigerung abzuwenden. Wie B. in diese finanzielle Lage gekommen ist?

2015 brannten große Teile der Anlage nieder. © Helmut Kaczmarek
Nach guten Geschäften mit Immobilien Ende der 80er-Jahre, Anfang der 90er, geriet er spätestens Ende der 90er-Jahre in finanzielle Not. Er selbst verwies auf Geschäftspartner, die ihn betrogen hätten. Im Gespräch mit dieser Redaktion berichtete er, dass ein Partner, mit dem er ein Recyclingunternehmen für Sonnenblumenschrot aufbauen wollte, ihn betrogen habe. Ob das so stimmt, ist schwer überprüfbar, zumal sich B. in dem Interview 2018 mehrmals selbst widersprach.
Staatsanwaltschaft ermittelte wegen unerlaubter Bankgeschäfte
Doch zumindest die Patente für das Recyclingverfahren gab es tatsächlich, denn die besitzt mittlerweile Gläubiger Jürgens. Fest steht, dass B. immer wieder Lücken stopfte, indem er neue Privatkredite aufnahm. Seit 2013 ermittelte die Staatsanwaltschaft wegen unerlaubten Bankgeschäften. Nach dem Tod von B. zu Beginn des Jahres 2021 blieben zahlreiche Gläubiger zurück. Manche durch Grundbücher abgesichert, andere nicht.

So sah Gut Steinhausen im Oktober 2015 vor dem Brand aus. © Heiko Mühlbauer
Das private Anwesen von B. – auch hier hatte es 2012 gebrannt, auch dabei handelte es sich um Brandstiftung – ist mittlerweile an einen neuen Eigentümer gegangen. Gut Steinhausen soll nun am 11. August versteigert werden, ab 10.30 Uhr im Freizeitzentrum West.
Dort kann man hoffen, dass es Gut Steinhausen nicht so ergeht wie dem historischen Fachwerkhaus Reichshofstraße 95. Auch das hatte einst B. gehört und war dann versteigert worden. Ersteigert hat es eine britische Briefkastenfirma, die es dann direkt an eine andere britische Briefkastenfirma vermietete. Das Haus verfällt seitdem weiter.
Ist mit Überzeugung Lokaljournalist. Denn wirklich wichtige Geschichten beginnen mit den Menschen vor Ort und enden auch dort. Seit 2007 leitet er die Redaktion in Schwerte.
