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Betriebsarzt fordert: Jetzt gegen Grippe impfen mit dem, was da ist
Grippeschutz
Wenn der neue Superimpfstoff gegen Grippe nicht lieferbar ist, müssen wir eben den alten nehmen. Dr. Jürgen Wentzek fordert: Jetzt gegen Grippe impfen mit dem, was zur Verfügung steht.
Wenn es um die Grippe-Impfung geht, hat Dr. Jürgen Wentzek eine klare Meinung. „Wir müssen jetzt impfen, und zwar alle Impfwilligen, die uns vor die Nadel kommen.“ Der Arbeitsmediziner hält die Diskussion um die Lieferschwierigkeiten beim neuen „Superimpfstoff“ deshalb auch für wenig zielführend.
„Wie bei Covid-19 sind ist uns auch bei Influenza A und B das Virus bei unseren Abwehrmöglichkeiten zeitlich etwa 14 Tage im Voraus“, erläutert er. Deshalb müsse man sobald der Impfstoff da sei mit den Impfungen beginnen. Ein Abwarten auf den neuen Superimpfstoff für über 60-Jährige hält Wentzek für falsch.
Alter Impfstoff darf genutzt werden
Damit sieht er sich aber auch auf einer Linie mit der Ständigen Impfkommission (Stiko). Die habe den neuen Impfstoff für über 60-Jährige zwar empfohlen, das heiße aber nicht, dass der Arzt den seit Jahrzehnten bewährten alten Impfstoff nicht mehr einsetzen könne.
Die Stiko hatte im vergangenen Jahr empfohlen, ältere Patienten mit dem neuen Produkt zu impfen. Die Empfehlung begründet sich lediglich auf statistischen Daten, nach denen der neue Impfstoff leicht, aber signifikant wirksamer ist.
Allerdings gibt es bei der Verteilung des neuen Impfstoffs logistische Probleme. Einige Schwerter Ärzte und Apotheker hatten gemeldet, dass sie zu wenig von dem Vakzin bekommen hätten und deshalb Impfwillige vertrösten müssen.
Impfstoff wirkt bei jedem anders
Das hält Jürgen Wentzek für ein großes Problem. Dann müsste man eben die Älteren auch mit dem bewährten tetravalenten Impfstoff schützen, meint er. Dazu müsse man aber wissen, dass der Impfstoff bei jedem anders wirkt.
Ähnlich wie bei der Corona-Impfung hänge die Wirksamkeit vom eigenen Immunsystem, dem Alter und den Vorerkrankungen ab. Und auch hier gelte: Eine Ansteckung werde durch den Impfschutz nicht verhindert, wohl aber ein schwerer oder tödlicher Verlauf der Krankheit.
14 Tage bis die Spritze wirkt
„Man muss darauf hinweisen, dass über 60-Jährige im Durchschnitt immer schon altersbedingt nur 60 bis 70 Prozent des Impf-Schutzes erreichen konnten“, erklärt Dr. Jürgen Wentzek. Da sei es besser, jetzt zu impfen, statt auf einen Impfstoff zu warten, der vielleicht fünf Prozent mehr Schutz bringt. Zumal der Impfschutz 14 Tage brauche, bis er sich aufbaut.
Als jetzt freiberuflicher und zuvor festangestellte Betriebsarzt hat Jürgen Wentzek selbst bislang 12 bis 14.000 Menschen gegen Grippe geimpft. Der Impfstoff sei millionenfach erprobt und über die Jahre immer besser geworden. Die Risiken an einer Grippe mit schwerem Verlauf zu erkranken solle man nicht unterschätzen.
Dr. Jürgen Wnetzek ist 68 Jahre alt, Arzt für Allgemeinmedizin und Arbeitsmedizin. Er betreut freiberuflich noch als Arbeitsmediziner einige große Unternehmen in Deutschland und war von Juni bis September im ärztlichen Leitungsteam des Impfzentrums in Unna.
Ist mit Überzeugung Lokaljournalist. Denn wirklich wichtige Geschichten beginnen mit den Menschen vor Ort und enden auch dort. Seit 2007 leitet er die Redaktion in Schwerte.
