
© Bernd Paulitschke (Archiv)
Hausärztin warnt: Durch besseren Grippe-Impfstoff könnten Patienten leer ausgehen
Influenza
Eine bessere Impfung gegen Grippe für über 60-Jährige, das ist eine gute Sache. Das kann aber auch dazu führen, dass etliche Patienten ungeimpft bleiben, warnt Hausärztin Dr. Beate Henschel.
Im Frühjahr kam neben dem üblichen Impfstoff gegen Grippe ein weiterer Impfstoff auf den Markt. Der sogenannte Hochdosis-Impfstoff. Die Ständige Impfkommission des Bundes (Stiko) empfiehlt diesen Impfstoff für Patienten, die älter als 60 Jahre sind. Doch das führt dazu, dass viele von denen überhaupt nicht geimpft werden können, befürchtet die Schwerter Ärztin Dr. Beate Henschel,
„Aktuell besteht ein erhebliches Problem mit der Auslieferung des Hochdosis-Impfstoffes. So erhielt unsere Praxis – wir fühlen uns an die frühen Zeiten der Covid-Impfungen erinnert – Ende September nur einen Bruchteil der vorbestellten Impfstoffmenge“, erklärt Henschel. Diese Impfungen waren schnell verbraucht. Eine weitere Teillieferung habe man der Praxis zunächst für Ende Oktober, später dann für Anfang November in Aussicht gestellt.
Die Impfempfehlung hat bedeutende Folgen
Und das hat bedeutende Folgen. „Wir müssen daher Patienten ab dem 60. Lebensjahr, die nach Empfehlung der Stiko den Hochdosis-Impfstoff erhalten sollen, hinsichtlich der Influenza-Impfung immer wieder vertrösten“, sagt Henschel.
Denn wegen der Empfehlung der Stiko dürfen Ärzte ihre über 60-jährigen Patienten nicht mit dem herkömmlichen Impfstoff versorgen. „Wenn ich jemanden damit impfe und der wird krank, dann kann er an sich beschweren“, erklärt Henschel.
Von 200 Dosen kam bislang nur die Hälfte an
Ihre Praxis ist mit dem Problem nicht alleine. Auch andere Praxen haben das Problem, dass der Hochdosis-Impfstoff nicht wie bestellt ausgeliefert wurde.
Im Fall der Ergster Praxis von Beate Henschel waren 200 Dosen bestellt. Im September kamen 40, und am Freitag (22.10.) wurden 60 nachgeliefert. Das ist aber gerade einmal die Hälfte der bestellten und auch benötigten Dosen.
Die Fachpresse bewertet das Problem unterschiedlich. Während man bei der Apothekerzeitung davon ausgeht, dass im November genügend Impfstoff da ist, hat die Kassenärztliche Vereinigung bereits vor Wochen erklärt: „Alle Praxen sind beliefert.“
Auch bei Apotheken gibt es Lieferengpässe
Auch bei einigen Apotheken gibt es immer wieder Lieferengpässe. Das ist für Privatpatienten wichtig, denn die müssen sich ihr Serum in der Apotheke bestellen und damit zum Arzt gehen. „Influenza-Erkrankungen treten gehäuft üblicherweise erst ab Mitte / Ende Dezember auf. Somit bleiben noch 4 bis 6 Wochen Zeit um genau diejenigen zu schützen, für die eine Influenza-Erkrankung besonders gefährlich ist“, betont Dr. Beate Hentschel.
Im November vergangenen Jahres hatte die Stiko erstmals eine Empfehlung für den Hochdosis Impfstoff ausgesprochen. Der sei „leicht wirksamer“ als das normale Grippe-Vakzin, die Wirkung sei aber „signifikant“, so das Robert Koch Institut (RKI).
„Da Influenza eine häufige und potenziell schwer verlaufende Erkrankung ist, kann man selbst mit einer leicht besseren Wirksamkeit eine relevante Anzahl an Influenza-Fällen und schweren Verläufen zusätzlich verhindern“, so das RKI auf seiner Homepage.
Normaler Impfstoff nicht mehr für Ältere anwendbar
Mit dieser Empfehlung hat die ständige Impfkommission aber auch dafür gesorgt, dass der normale Impfstoff bei älteren Patienten nicht mehr zum Einsatz kommen darf. „Solange aber das Paul-Ehrlich-Institut aber nicht feststellt, dass der Hochdosis-Impfstoff nicht weiter zur Verfügung steht, sind wir als Ärzte durch die Stiko angehalten, für Menschen ab dem 60. Lebensjahr den Standard-Impfstoff nicht einzusetzen“, betont Dr. Henschel.
Sie würde sich wünschen, wenn der Hochdosis-Impfstoff im November weiterhin nicht ausgeliefert ist, ihre Patienten mit dem Standard-Impfstoff schützen zu dürfen. Zumindest dann, wenn der dann in ausreichender Menge zur Verfügung steht. Denn die Praxen haben ja ihre Bestellung auf das neue Medikament umgestellt.
Ist mit Überzeugung Lokaljournalist. Denn wirklich wichtige Geschichten beginnen mit den Menschen vor Ort und enden auch dort. Seit 2007 leitet er die Redaktion in Schwerte.
